Schwingfähigkeit des Bodens

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notenwart
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Schwingfähigkeit des Bodens

Beitrag von notenwart »

Ich würde gern mal wieder mein Verständnis um die Gitarre verbessern, deshalb eine Frage zum Boden der Gitarre.

Die erste gute Konzertgitarre, die ich kaufte (Rudolf Stark Markneukirchen, gekauft 1981 bei Florian Lehmann in Berlin Dammerowstraße), hatte einen einteiligen Boden.
Klanglich sollte das das beste sein, weil er eben so schön schwingt.

Inzwischen hatte ich diverse Gitarren mit zweiteiligen Böden, aber es gibt ja auch Gitarren mit Böden aus drei oder mehr Teilen.

Was aber schwingt überhaupt am Boden der Gitarre?
Das soll jetzt keine blödsinnige Frage sein, aber am Boden der Gitarre befindet sich mein gut gepolsterter Bauch inklusive Kleidung, all das kann nur dämpfend wirken.
Schwingt der Boden oder reflektiert er „nur“?
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guitar-hero
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Re: Schwingfähigkeit des Bodens

Beitrag von guitar-hero »

notenwart hat geschrieben:...
Schwingt der Boden oder reflektiert er „nur“?
Guten Tach Thomas,

diese Frage habe ich mir auch schon oft gestellt.

Bringt der 2. Boden was? Oder doch nichts? Oder wenn ja, warum? :wink:

Denn EIGENTLICH kann/sollte der Boden ja (nur) reflektieren.

Ich habe in meinem Gottschall-Bass neben dem nachfolgend gezeigten "Trichter" auch noch einen zusätzlichen "doppelten Boden".

Ob der nun zusätzlich etwas an Fundament bringt,
oder ob die zusätzliche Schwingung die Reflexion des Bodens schmälert und sich alles wieder aufhebt? :oops:
Bild

Jedenfalls finde ich das Klang-Ergebnis einfach Klasse!

Zum "doppelten Boden" hat vielleicht auch Joachim ein paar Anmerkungen,
und wenn der Peter Gottschall zufällig mitliest, kann er vielleicht auch ein Statement abgeben. :wink:

Gruß
Werner.
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"Eigentlich bin ich ganz anders, ich komme nur zu selten dazu."
Gerrit
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Beitrag von Gerrit »

Hallo zusammen

Gitarren mit doppelten Böden werden ja bei verschiedenen Herstellern angeboten. Ich habe selber keinerlei Erfahrungen mit solchen Gitarren...

Was ich aber sagen kann ist das ich das Schwingen des Bodens meiner Dreier z.B. sehr deutlich spüre. Der Boden ist ja einteilig bei ihr und zudem ist die Gitarre sehr leicht gebaut. Bei anderen Gitarren habe ich es bisher nicht so stark gespürt....

Holz ist ja nunmal auch ein lebender Werkstoff. Alles an der Gitarre schwingt in einer gewissen Art und Weise. Und ich glaube das alles auch zum Gesamtklang beiträgt. Je mehr Details absolut genau und individuell bearbeitet und angepasst werden an einer Gitarre, um so besser kann und wird sie auch "arbeiten". Andersherum: Je weniger Detailarbeit in solch ein Instrument gesteckt wird umso gröber und "unempfindlicher" wird diese Gitarre dann auch in ihrem Schwingungsverhalten sein.......

Fazit: Natürlich reflektiert ein Gitarrenboden nicht nur, sondern er schwingt bei jedem Ton, wie jedes andere teil des Instrumentes auch. Selbst unsauber abgelängte Saitenenden am Kopf können ja z.B. recht unangenehme Klangeffekte beisteuern, sprich auch da schwingt es natürlich noch.... :wink:
Gruss, Gerrit

Dreier Concert Classic, Rio/Alpenfichte, Taylor GS Mini Mahogany
notenwart
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Beitrag von notenwart »

Danke bis hierher.
Und ich weiß ja auch, dass Ahorn anders klingt als Palisander....
Aber ist es die Schwingung?????
Gerrit
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Beitrag von Gerrit »

Hhhmmm, was soll anders klingen, wenn es nicht anders schwingt? Klang ist doch nunmal Schwingung, oder?

Weichere Hölzer schwingen sicher anders als härtere usw.

Aber ich lasse mich gerne belehren....
Gruss, Gerrit

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Herigo
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Beitrag von Herigo »

ein freischwingender boden schwingt zeitversetzt zur decke, durch die zeitverschiebung entstehen kammfilter effekt was zu auslöschung bestimmter frequenzen führen kann/wird.
das kann konstruktionsbedingt beeinflusst werden und ja, er wird vom bauch gebremst.
ein dreiteiliger boden ist steifer und reflektiert daher besser weil er schwingungsenergie nicht durch eigenbewegung absorbiert, er projeziert besser in den raum vor dem schalloch. nachteil: der spieler bekommt davon nicht so viel mit, die gitarre wird vielleicht sogar als dünn klingend empfunden während sie in einiger entfernung voll tönt.
eine gitarre die im nahfeld, also auch für den spieler voll klingt, hat meist keine so gute projektion.
ein kompromiss ist das sogenannte sound hole, manche sind verschließbar um den unterschiedlichen raumanforderungen rechnung zu tragen.
ein einteiliger massiver boden scheint wohl am besten zu schwingen wird aber mit sicherheit auch die meiste energie absorbieren, bzw. weniger reflektieren als ein dreiteiliger boden. ein dreiteiliger massiver boden ist aufwendiger in der herstellung und durchaus bei hochwertigen gitarren zu finden. für die versteifung ist sicher eine geringere beleistung notwendig was der gitarre wieder ein schnelleres ansprechverhalten geben kann. ich ziehe weiter den schluß (aber in keiner weise belegt), dass die beleistung selbst reflektiert und damit die frequenzwiedergabe beeinflusst, vielleicht sogar für sogenannte stehende wellen und phasenauslöschungen verantwortlich ist. ein scallopieren verändert die "wände" der reflektions kammern was zusammen mit der daraus resultierenden schwingungansprache von decke und boden, zu einer veränderung(verbesserung?) des klangbildes führt.
Salud a Familia
Herigo Carajillo de los Bomberos de Alemania
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chrisb
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Beitrag von chrisb »

moin,

unter den gitarrenbauern gibt es die zwei hauptfraktionen:
a) möglichst steifer boden um eine gute reflektion zu erreichen.
b) mitschwingender boden.

allerdings sind da noch viele weitere konstruktive aspekte zu berücksichtigen, z.b. wölbung, steifheit der zargen, in welchem maße laufen die zargen zum hals hin zu, usw. spannende sache.

ich besitze zum beispiel eine konzertgitarre mit spezieller konstruktion die das mitschwingen des bodens fördert. die schwingungen sind deutlicher zu spüren als bei meiner anderen "hermömmlichen" konzertgitarren. was das für den gesamtklang des instrumentes bedeutet kann man natürlich wieder mal nicht direkt vergleichen.
ein mitschwingender boden kann vom spieler klangformend verwendet werden. je nachdem ob er den bauch randrückt oder den boden frei schwingen lässt gibt es unterschiede im klangbild.
chrisb
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