Adam Rafferty über das Lernen via youtube

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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Rolli
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Adam Rafferty über das Lernen via youtube

Beitrag von Rolli »

Toller Artikel von Adam über die Fallstricke des Youtubelernens und allgemeinen Clonens. Er spricht mir sehr aus dem Herzen, vorallem was das Thema Ton und Groove angeht:

http://artistdata.sonicbids.com/adam-ra ... be/187941/
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jafko
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Beitrag von jafko »

Ich sag auch immer: Youtube ist eine Falle!
Kann dem nur zustimmen.
http://www.wolfgang-meffert.de" onclick="window.open(this.href);return false;
jpick
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Beitrag von jpick »

Gute Zusammenfassung, im Grunde volle Zustimmung!

Aber - warum unbedingt youtube "schuld" daran sein soll? Meint ihr wirklich, youtube hält die Leute davon ab, zum Gitarrenunterricht zu gehen?

Die genannten Symptome haben doch viele Spielerinnen und Spieler, auch die, die aus Büchern lernen. Und Groove/Swing und Musikalität - ob das einem der Musiklehrer "lehren" kann, wenn man das nicht irgendwo mitbringt bzw. selbst entwickelt?

Ich persönlich empfinde das Internet erstmal als einen Segen fürs Musizieren, allein wenn ich an das verfügbare Notenmaterial/Transkriptionen denke, an die Genre-Seiten mit super Backgroundinfos. Im Grunde bekommt man heutzutage alles. Früher in den 70er/80ern waren viele Dinge das gehütete Geheimnis von wenigen.
Natürlich ist das kein Garant für das Entwickeln der eigenen Musik - aber eine wichtige Voraussetzung.

Weiß nicht. Im Grunde sollte man doch froh sein, DASS viele sich von youtube und Musikerpersönlichkeiten inspirieren lassen?

Aber hier kann ja dann auch ein Geschäftsmodell der Lehrer ansetzen: sich dort SELBST noch mehr präsentieren und mit gutem content auf ihr wichtiges Angebot hinweisen 8)
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es hilft sowieso nur üben
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Gitarrenspieler
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Beitrag von Gitarrenspieler »

Liest sich erstmal schlüssig, man list das kopfnickend…
Gaube aber, das es schon immer die Leute gab die Unterricht nehmen und die die keinen nehmen. Das ist nicht nur immer der fehlende Lehrer vor Ort, oft auch freiwillige Entscheidung die nicht richtig sein muss…, so oder so nicht! War früher so, ist heute so. Die nicht gehen finden bei YT zumindest Anleitungen und sind mit YT (Internet an sich) alle mal besser dran als ohne.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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Rolli
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Beitrag von Rolli »

jpick hat geschrieben:Gute Zusammenfassung, im Grunde volle Zustimmung!

Aber - warum unbedingt youtube "schuld" daran sein soll? Meint ihr wirklich, youtube hält die Leute davon ab, zum Gitarrenunterricht zu gehen?
Na ja. youtube ist "die" Platform um sich als Musiker zu präsentieren und dort werden die meisten Online-Tutorials veröffentlicht und alles Nase lang erscheint eine neue, xte Coverversion irgendeines Stückes. Und dabei beiben oft die Dinge auf der Strecke, die Adam da anmahnt. Tonbildung, die Essenz der Musik und Groove lassen sich schwer über dieses Medium vermitteln. Das geht halt "Face to Face" im Unterricht besser. Das ist auch meine Erfahrung....

Adam sieht Youtube sehr positiv, ihm sind nur diese paar Dinge aufgefallen, als er in Asien war und einige der Clone persönlich traf :)
Zuletzt geändert von Rolli am Mo Dez 17, 2012 3:08 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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scifi
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Beitrag von scifi »

jpick hat geschrieben:Aber - warum unbedingt youtube "schuld" daran sein soll? Meint ihr wirklich, youtube hält die Leute davon ab, zum Gitarrenunterricht zu gehen?

Die genannten Symptome haben doch viele Spielerinnen und Spieler, auch die, die aus Büchern lernen. Und Groove/Swing und Musikalität - ob das einem der Musiklehrer "lehren" kann, wenn man das nicht irgendwo mitbringt bzw. selbst entwickelt?

Ich persönlich empfinde das Internet erstmal als einen Segen fürs Musizieren, allein wenn ich an das verfügbare Notenmaterial/Transkriptionen denke, an die Genre-Seiten mit super Backgroundinfos. Im Grunde bekommt man heutzutage alles. Früher in den 70er/80ern waren viele Dinge das gehütete Geheimnis von wenigen.
Natürlich ist das kein Garant für das Entwickeln der eigenen Musik - aber eine wichtige Voraussetzung.

Weiß nicht. Im Grunde sollte man doch froh sein, DASS viele sich von youtube und Musikerpersönlichkeiten inspirieren lassen?
Sehe ich absolut genau so!

Ein Lehrer kann übrigens mindestens genau so "schädlich" sein, einem Mist beibringen, den man nie benötigt und das noch falsch oder einem sogar am Ende die Lust ganz nehmen am musizieren. Sorry, aber dazu kenne ich einfach viele zu viele Fälle, in denen das genau so verlief. Das Internet und insb. YT helfen sehr, sich eine eigene Meinung zu bilden und über den Tellerrand zu schauen, zu experimentieren und auch einen Lehrer einzuschätzen.

Die Herausforderung für Lehrer ist aus meiner Sicht, nur noch eingeschränkt "normalen Unterricht" verkaufen zu können, und sich mehr auf die Vermittlung der angesprochenen "nicht sichtbaren" Aspekte konzentrieren zu müssen. Das fordert dann natürlich auch das didaktische Vermögen und der herkömmliche Berufsmusiker, der sich nebenher irgenwie und eher unwillig mit Unterricht über Wasser hält, hat da eher schlechte Karten.
RAc
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Beitrag von RAc »

...
Zuletzt geändert von RAc am So Okt 11, 2015 1:15 pm, insgesamt 1-mal geändert.
http://soundcloud.com/rac-13" onclick="window.open(this.href);return false;
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Toco
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Beitrag von Toco »

Was er da schreibt, finde ich prinzipiell schon richtig, aber ich denke, das Lernen via Youtube ist da nur ein Aspekt.

Ich hab manchmal das Gefühl, dass guter Ton auf der Gitarre von der Masse einfach nicht so wahrgenommen und geschätzt wird wie ein kompliziertes Arrangement.
Kinder sind natürlich immer publikumswirksam, aber wenn dann ein kleiner Junge Stücke von TE spielt, begeistert das mehr Leute, als wenn er etwas Simpleres mit tollem Ton und Ausdruck vorträgt.
Andererseits müssen sich Ton, Ausdruck etc. entwickeln, das geht nicht von heute auf morgen, und gerade da wäre sicher ein Lehrer hilfreich.

Fazit: Youtube ist ohne Frage eine riesige Inspirationsquelle, m.E. mangelt es eher am Bewusstsein, dass "kompliziert" nicht gleich "gut" ist.

P.S. Das soll nicht überheblich klingen, aber irgendwie find ichs lustig, dass gerade Adam Raffertys Sound mich (von live kann ich leider nicht berichten) nie so recht überzeugen konnte. :)
stringbound
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Beitrag von stringbound »

Aha Rolli, ich brauche also Unterricht bei einem Lehrer, um mir Tonbildung, Groove und Timing beibringen zu lassen. ;-)
Danke für den Hinweis.

PS: was ist die Essenz der Musik und wie lernt man sie zu erfassen?
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Toco
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Beitrag von Toco »

Der Artikel ist sicher nicht zu verstehen als Statement dafür, dass guter Ton, Groove etc. nur mit Lehrer erreichbar sind (oder gar andersrum, dass ein Lehrer Garantie für guten Ton etc. sei), sondern dass eben diese Dinge sich deutlich schwerer über YT-Videos vermitteln lassen bzw. weniger thematisiert, weniger nachgefragt werden.
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Rolli
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Beitrag von Rolli »

stringbound hat geschrieben:Aha Rolli, ich brauche also Unterricht bei einem Lehrer, um mir Tonbildung, Groove und Timing beibringen zu lassen. ;-)
Danke für den Hinweis.

PS: was ist die Essenz der Musik und wie lernt man sie zu erfassen?
Joe, Du hast doch schon einen ganz schönen Ton. Gut - Dein Timing ist nix und Grooven tut's auch nicht...LOL ;)

Aber ich schrieb doch:
Tonbildung, die Essenz der Musik und Groove lassen sich schwer über dieses Medium vermitteln. Das geht halt "Face to Face" im Unterricht besser. Das ist auch meine Erfahrung....
PS:
http://www.thenietzschechannel.com/work ... 2-eomg.htm
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sali
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Beitrag von sali »

Chet Atkins hat schon vor 20 Jahren über das Musikgeschäft den bemerkenswerten Satz gesagt: "It has become a visual business".

Das bezog sich damals darauf, dass vor dem Hintergrund von MTV und Co. das Aussehen von Musikern mindestens genauso wichtig für den Erfolg geworden war wie seine/ihre gesanglichen oder instrumentalen Fähigkeiten und die Qualität der Songs und Arrangements.

Bis in die Gegenwart lässt sich dieser Gedanke noch weiter spinnen. Die Möglichkeiten der Studiotechnik verführen heute bei der Musikproduktion zu perfekt (im Sinne von: klinisch rein) produzierten Platten, MP3s etc. Am Bildschirm können "falsche" Noten oder das Timing nachträglich exakt korrigiert werden. Dabei besteht die Gefahr, dass die Aufnahmen überproduziert werden, weil man sich vom visuellen Eindruck der Kurven auf dem Monitor leiten lässt und nicht von der Lebendigkeit des Höreindrucks. Es entsteht tote Musik.

Und diese Beobachtung lässt sich auch bei veränderten Lernumgebungen machen. Beim Lernen von Songs anhand von Youtube-Videos stellt sich automatisch eine Fokussierung auf die Fingerbewegungen ein. Groove, Timing, Ton und andere wesentliche musikalische Elemente treten dabei leicht in den Hintergrund. Das Auge ist wichtiger als das Ohr. Demgegenüber haben Top-Leute bzw. Top-Autodidakten wie Tommy Emmanuel, Richard Smith usw. früher anhand von Schallplatten neue Stücke gelernt. Nach Gehör haben sie versucht auszutüfteln, wie ihre Helden dieses oder jenes gespielt haben könnten.

Unwissenheit hat in diesem Zusammenhang übrigens manches kreative Potenzial befördert. TE wusste jahrelang nicht, dass es Bassgitarren gibt. Also hat er als Rhythmusgitarrist für seinen Bruder auch gelernt, gleichzeitig den Bass zu spielen. Weil er auch keine Thumbpicks kannte, hat er zunächst Fingerstyle-Stücke im Hybrid-Picking gespielt und erst später die eigentliche Technik zusätzlich gelernt - was seine technische Vielseitigkeit ermöglicht hat. Und er hätte sich nie vorstellen können, dass Chet Atkins ein Capo benutzen würde, weshalb er ein kompliziertes Fingering für "Windy & Warm" ausarbeitete - bis Chet ihm bei seiner ersten Nashville-Reise 1980 sagte: "Capo on the 3rd fret ..."

Chet Atkins übrigens dachte immer, Merle Travis würde mit Daumen und zwei oder drei Fingern spielen, als er ihn im Radio hörte. Weshalb er sich das gleich so angewöhnt hat.

Weil die Gehörbildung in der Youtube-Generation seines Erachtens vernachlässigt wird, ging Richard Smith vor einigen Jahren beim Rietberger Festival auf die Bühne, als es galt, seinen Workshop anzukündigen, und änderte spontan das Thema: eben in Gehörbildung. Ein A hören und nachsingen etc. ...

Und noch was zum Musizieren nach Gehör, der unnachahmliche Aaron Till zeigt, wie man Musik von einer Platte lernt: http://www.youtube.com/watch?v=fkVimnWS854

Viele Grüße,

Ingo
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ralphus
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Beitrag von ralphus »

sali hat geschrieben:.....Und noch was zum Musizieren nach Gehör, der unnachahmliche Aaron Till zeigt, wie man Musik von einer Platte lernt: http://www.youtube.com/watch?v=fkVimnWS854
ab ca. 0:24 :rotfl:
Viele Grüße

ralphus
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StringKing
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Beitrag von StringKing »

ralphus hat geschrieben:
sali hat geschrieben:.....Und noch was zum Musizieren nach Gehör, der unnachahmliche Aaron Till zeigt, wie man Musik von einer Platte lernt: http://www.youtube.com/watch?v=fkVimnWS854
ab ca. 0:24 :rotfl:
Da bekommt der Begriff "Werkstreue" eine neue Dimension. :lol:
Gruß StringKing
stringbound
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Beitrag von stringbound »

@Rolli: immer vorausgesetzt, der Lehrende ist in der Lage diese Dinge zu vermittlen oder der Lernende ist in der Lage sie zu erfassen.
Wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind nutzt aller Unterricht nichts und das unabhängig von der Methode oder der Herangehensweise.

Meine Erfahrung ist, dass das Vermitteln von Tonbildung, Timing und Groove von Angesicht zu Angesicht sehr schwierig sind.
Viele der Lehrer, die ich getroffen habe, geraten beim Versuch der Vermittlung dieser Dinge ins Esoterische oder es wird knochentrocken und die Vermittlung gerät zur Auszählorgie.

Sobald der Lernende eine gewisse Musikalität hat, wird er in der Lage sein Timing und Groove instinktiv zu erfassen.
Immer im Rahmen dessen, was seine Fähigkeiten zulassen und der Lehrende, bzw. das Lehrmedium zulassen.

JM2C
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