Wie war dat Konzert ? Rezension mal von der Bühne aus ...

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

Moderatoren: jpick, RB, Gitarrenspieler

Antworten
Benutzeravatar
Davanlo
Beiträge: 1338
Registriert: Do Jan 12, 2006 8:02 pm
Wohnort: Lüttich (BEL)
Kontaktdaten:

Wie war dat Konzert ? Rezension mal von der Bühne aus ...

Beitrag von Davanlo »

Mein Samstag in der Form eines riesen Tetris Spiel, ein tolles Konzert in einem Ort voller Magie und eine after-Party bei Freunden.

Zwei Tage vorher kam mir diese Offenbarung: Samstag ist das Fest der Musik. Zum esrten Mal werde ich an diesem Tag spielen ! Dieses Konzert ist schon seit jeher gebucht, ich hatte noch nicht einmal darüber nachgedacht, und die Organisatoren auch nicht!

Während den letzten Woche sah mein Samstag immer mehr nach unmöglich aus. Schwimbad mit der Familie, Probe, ein Geburtstag bei Verwanden.und dann die lange Fahrt fast bis zur deutschen Grenze. Unmöglich ? Nicht für meine Lovely Roadie, die alles fein und sauber in meinem Agenda geordnet hat ! Im Laufe des Tages fühlte ich fast wie Tetris Blöcke nach unten kamen, sich drehten, und die Linien der Stunden verschwanden eine nach der anderen mit einem kleinen freudigen Klang des Sieges über die Zeit. Letzte Etappe vor dem Konzert, ein Geburtstag.

So, hier sind wir gefüttert mit Geburtstagskuchen und ein Glas Champagner, auf dem Weg zu der Region, wo ich geboren wurde und die ich seit langem verlassen habe.

Es bleibt stressig, weil ich leide an einer sozialen Behinderung: kein gutes Gedächtnis für Namen und Gesichter. Nachbarn, Freunde, ehemalige Mitschüler oder Freunde meiner Eltern: Nach mehr als 20 Jahren, alles ist durcheinander ?

Der Gig ist ein bisschen kompliziert: das Musikfest mit Konzerten überall, Fußballweltmeisterschaft, und schönes Wetter. Mal sehen ob das Publikum kommt..

Wir kommen in Krewinkel, dem östlichsten Ort in Belgien. Ich erkenne die Kapelle. Sie war hübsch auf den Fotos. Am Tor erwartet uns Paul, der Veranstalter.

Bild

Diese Kapelle wurde im Jahre 1500 gebaut, und war eine Ruine. Ein Verein hat sich zur Aufgabe gegeben, mit Hilfe der Gemeinde, um diesem Ort ein neues Leben als Kulturraum zu geben. Der Verein organisiert seit dem Ausstellungen und Konzerte. Die nüchterne, Ambiente und die Akustik dieses Ortes ist einfach perfekt. Wir sollten es wagen, ohne Verstärker spielen, aber ich mag den Klangteppich meines Verstärkers.

Diese Kapelle hat nicht die Strukturen mit Säulen und Kreuzgängen der großen Kirchen, die den Ton in alle Richtungen reflektieren, was zu fast unlöslichen Sound-problemen führt. Nach der Montage ist der Soundcheck recht kurz in diesen Bedingungen. Wichtig ist nicht zu laut zu spielen um die Akustik nicht zu überfordern.

Das Publikum kommt nach und nach und der Abend sieht ziemlich gut aus. Ein paar mehr Leute wären willkommen, der Veranstalter hät gerne auch die letzten zwei Reihen von Stühlen belegt. Aber wir sind zufrieden, es klappt, trotz Fußball und Wetter. Ich erkenne Gesichter, manchmal bekomme ich Hilfe von meinen Eltern, die geben mir einen Namen für ein Gesicht oder umgekehrt.

Das Konzert beginnt. Wir testen eine neue Setliste, aus unsere Gedanken der letzten Konzerte genährt. Einige Duostücke, einige meiner Solo-Kompositionen, Mundharmonika-Solos von Olivier Poumay voller wilden Improvisationen. Olivier wirft mit seinem Talent eine neue Klangpalette auf meine Kompositionen. Dies ist nicht ein anderes musikalisches Universum, sondern eine zusätzliche Dimension in meinem.

Bild

Der Respekt der Zuschauer ist ein pures Glückgefühl. Es ist ein perfekter Ort für Ton und Interpretation. Ich habe Olivier gewarnt das die Leute hier bis zur letzten Vibration und sogar eine schöne Sekunde der Stille warten, bevor geklatscht wird. Das Publikum ist freundlich, aufmerksam und positiv gesinnt, das lädt uns ein, das Beste aus uns selbst zu geben. Die Energie, die sich daraus ergibt ist unglaublich, manchmal fast schwer zu kanalisieren.
Ich genieße die Pause in der Mitte des Sets um ein wenig mit dem einen oder anderen zu diskutieren, manchmal ein wenig gescheut durch die Tatsache, dass ich die Leute kaum erkenne.

Mein Lovely Roadie nimmt Fotos, und ist dafür verantwortlich, die Papiere für eine kleine Auslosung zu sammeln. Ich habe nicht genügend der Compilation-CD , um sie zu verkaufen, so dass ich diese lieber verschenke um ein schönes Moment im Konzert zu schaffen.

Ich spiele Sorrow , mit tiefster Intensität ... es erstauent mich noch immer das Balladen mehr Energie verbrauchen als die meisten dynamischen Stücke, die „nur“ Geschicklichkeit erfordern, ohne zu tief in das Reservoir der Gefühle einzugreifen.

Der nächste Song gibt mir den Eindruck, gegen den Strom zu schwimmen.
Mein Abendessen mit Geburtstagskuchen und Champagner wird zum Verhängnis: Zucker und Alkohol, als blutzuckersenkendes Cocktail durch alle Sportler anerkannt. Ich nutze ein Solo von Olivier und trinke zwei Gläser Fruchtsaft and der Bar. Fühlt sich an wie ich ein Shoot-von Zucker, aber alle Lichter sind auf grün für die Fortsetzung und den Abschluss des Konzerts.
Benutzeravatar
HR
Beiträge: 1157
Registriert: Mo Jul 27, 2009 11:45 am
Wohnort: Salzburger Land
Kontaktdaten:

Beitrag von HR »

Gratulation David.
Nach dieser Beschreibung Eures Konzertes, muss sich ja jeder hier Leid sehen, dass er/sie nicht dabei waren (oder waren doch welche dabei?). Ist zumindest bei mir so. Belgien ist einfach zu weit weg. Dieses Konzert hätte mich über alle Maßen interessiert.
Ich kann mit gut vorstellen, dass in diesem Ambiente die Musik sehr viel intensiver wahrgenommen wird, als bei einem "Wirtshausgig". Und was dann vom Publikum zurück kommt, überträgt sich dann auch auf die Musiker.
Schön, dass es auch solche Auftrittsmöglichkeiten gibt. :D
lg
HR

www.hr-guitarmusic.at
soundcloud - facebook
CD "Fingastail" auf soundcloud
Mein YT-Kanal HR guitar music
emptypockets
Beiträge: 481
Registriert: Mo Nov 19, 2012 4:26 pm

Re: Wie war dat Konzert ? Rezension mal von der Bühne aus ..

Beitrag von emptypockets »

Davanlo hat geschrieben:
Mein Abendessen mit Geburtstagskuchen und Champagner wird zum Verhängnis: Zucker und Alkohol, als blutzuckersenkendes Cocktail durch alle Sportler anerkannt. Ich nutze ein Solo von Olivier und trinke zwei Gläser Fruchtsaft and der Bar. Fühlt sich an wie ich ein Shoot-von Zucker, aber alle Lichter sind auf grün für die Fortsetzung und den Abschluss des Konzerts.


Sehr schöner Bericht. Interessant.

Allerdings muss ich einfach über diese Passage ein paar Worte verlieren:
Es ist richtig, dass Alkohol den Blutzuckerspiegel senkt, allerdings nur, weil die Leben, weil sie zunächst bemüht ist, den Alkohol abzubauen, solange sie damit beschäftigt ist, keinen Zucker produziert. Was bedeutet, dass ein Diabetiker, insbesondere, wenn er Insulin spritzt, unbedingt zum Zucker zu sich nehmen muss, damit der Zuckerspiegel nicht zu sehr sinkt.

Wenn Du nun aber gleichzeitig in Form einer Torte Zucker zu Dir nimmst und auch nur ein wenig Champagner (also nicht eine Magnum - Flasche auf Ex) trinkst, dürfte, wenn Du gesund bist, eine Unterzuckerung so gut wie ausgeschlossen sein!

Ich kann mir beim besten Willen nicht Vorstellung, dass dieser Cocktail ausgerechnet bei Sportlern anerkannt sein soll. Für die sind doch Kohlehydrat steigernde Rezepte gefragt. Blutzuckersenkung wäre für Sportler absolut fatal!!

Ich schreibe das nur, weil ich als Betroffener immer wieder solche nicht - sei mir nicht böse - "Halbwahrheiten" über Kohlenhydrate, Alkohol und wie die miteinander zusammenhängen lesen muss.

Aber vielleicht habe ich Dich auch falsch verstanden.
Benutzeravatar
Davanlo
Beiträge: 1338
Registriert: Do Jan 12, 2006 8:02 pm
Wohnort: Lüttich (BEL)
Kontaktdaten:

Re: Wie war dat Konzert ? Rezension mal von der Bühne aus ..

Beitrag von Davanlo »

emptypockets hat geschrieben:Aber vielleicht habe ich Dich auch falsch verstanden.
Sagen wir das das Ganze komplizierter war als berichtet. Ich will ja nicht so stark ins Detail greifen aber ich meinte hier eine Provozierte reaktive Hypoglykämie.

17:00 - Kuchen mit ein wenig Alkohol - Zuckerspiegel steigt Brutal und Insulin wird freigegeben

19:00 - kein "ordentliches" Abendessen (langsamer Zucker und Protein fehlen)

20:45 - Reaktive Hypoglyzämie

Phänomen ist erkannt, bekannt, beschrieben ...

Bild
Benutzeravatar
Davanlo
Beiträge: 1338
Registriert: Do Jan 12, 2006 8:02 pm
Wohnort: Lüttich (BEL)
Kontaktdaten:

Beitrag von Davanlo »

Ende der Geschichte:

Wir beenden mit "Last Steam Engine Train ", ein Stück von John Fahey. Dann Little Wing Hendrix als Zugabe. Applaus scheint mir endlos. Die CD Verlosung beendet den Abend.

Der Präsident der Vereinigung zur Rettung der Kapelle kommt, um uns zu danken. Zwischen Olivier und ich, kommt er schwierig ans Wort, Oliver und ich verlaßen die Szene mit einem Nachgeschmack nach mehr, was ein gutes Zeichen ist. Wird kriegen eine Flasche Thymian-Schnaps (Testbericht kommt bei meiner nächsten ErKälting - oder zum Vergnügen, falls Belgien Heute Abend gewinnt).

Und jetzt ein Bier ! Konzerte sind ein Fest für mich, ein Fest der Musik, meistens ohne Alkohol, vor allem weil ich fahren muss und müde bin.

Auf der Autobahn machen wir einen Abstecher für eine übrig gebliebene Bratwurst und ein Glas Wein bei Freunden. Gut, dass wir nicht gleich nach Hause gehen, um noch diesen schönen Tag zu verlängern.

Im Auto, sagt meine Roadie mir, dass, falls ich mal ausziehen und woanders in Belgien leben müsste, das diese schön Gegend ihr gefällt, und das sie die Menschen dort liebt, ohne ihre Sprache zu verstehen. Ist dies nicht ein tolles Kompliment ?

Was mich angeht, ich kann es nicht warten, um wieder in der Gegend zu spielen!
Benutzeravatar
Holger Hendel
Beiträge: 12521
Registriert: Do Feb 17, 2005 7:18 am
Wohnort: Soltau, Niedersachsen
Kontaktdaten:

Beitrag von Holger Hendel »

Großartiger Bericht, hat richtig Spaß gemacht zu lesen. Da ist alles richtig gelaufen.

Oh yeah, John Fahey - er hat es mit der Geschwindigkeit des Songs nicht so arg übertrieben wie einige Interpreten (wobei ich jede einzelne Version des Songs mag). ;)
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
Benutzeravatar
pfunk
Beiträge: 1767
Registriert: Mo Mär 27, 2006 8:53 am
Wohnort: Göttingen
Kontaktdaten:

Beitrag von pfunk »

... wie kommt man an einen Roadie?? :?

btw: Schöner Konzertbericht
Benutzeravatar
Davanlo
Beiträge: 1338
Registriert: Do Jan 12, 2006 8:02 pm
Wohnort: Lüttich (BEL)
Kontaktdaten:

Beitrag von Davanlo »

pfunk hat geschrieben:... wie kommt man an einen Roadie?? :?

btw: Schöner Konzertbericht
Bier, und romantische Lieder in einem Verhältnis 1 zu 5.
Benutzeravatar
Rolli
Beiträge: 5869
Registriert: Do Sep 21, 2006 1:48 pm
Wohnort: Zwischen Alzey und Mainz
Kontaktdaten:

Beitrag von Rolli »

Das war schön zu lesen!
Danke!
Schöne Grüße, Rolli
www.daskulturgut.de - KulturGUT
www.rolandkalus.de - Gitarrenunterricht, aber nur wenn's wirklich sein muss ;)
Benutzeravatar
Davanlo
Beiträge: 1338
Registriert: Do Jan 12, 2006 8:02 pm
Wohnort: Lüttich (BEL)
Kontaktdaten:

Beitrag von Davanlo »

Hier einige Mittschnitte von Momenten aus dem Konzert ...

http://youtu.be/Gy0Rj-N6CWw
Antworten