? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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RB
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von RB »

Ein klassischer Gitarrenbauer (also einer, der Torres-Gitarren herstellt) sagte zu mir, das Zargen/Bodenmaterial spiele eine bedeutende Rolle, allerdings nannte er keinen bestimmten Anteil im Sinne einer Verhältnisangabe. Das halte ich auch für schwierig. Außerdem vertrat er die Auffassung, daß der Einfluß bei Stahlsaiten-Gitarren geringer sei, was er auf die stärkere Kraft und klangprägende Wirkung der Stahlsaite zurückführte.
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rudi
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von rudi »

Dieser Gitarrenbauer äußert sich sehr eindeutig zu der Frage:
https://vimeo.com/74184894" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;
notenwart
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von notenwart »

Wenn man den Aussagen des Videos folgt (interessantes Video, Danke für den Tip), beachtet man -so hab ich es verstanden- die klanglichen Möglichkeiten des nackten Instrumentes. Gleichzeitig wird aber auch sinngemäß gesagt, "wenn der Gitarrist unruhig, nervös ist, holt er nicht alle Möglichkeiten aus dem Instrument".
Zudem meine ich mich zu erinnern, mal einen Vergleich gutes Instrument mit schlechten Saiten vs nicht so gutes Instrument mit hervorragenden Saiten (war im Klassikbereich) gelesen zu haben, in dem ein sehr großer Einfluss des Klanges der Qualität der Saiten zugesprochen wurde.

Also eine ganz so klare Aussage im Sinne präziser Prozentzahlen der Klangentfaltung zugewiesen zu einzelnen Komponenten (inklusive Gitarrist, was ist mit dem Raum, in dem die Gitarre erklingt?) der Gitarre ist höchstwahrscheinlich nicht möglich.
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Gitarrenspieler
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von Gitarrenspieler »

Sehr interessantes Video! Ich stell mir das unheimlich schwer vor, gerade das ausarbeiten der Decke. Es ändert sich so viel, sicherlich ist da auch viel Routine dabei und erworbenes Wissen. Ich merke es nur immer wenn ich meine Fotos nacharbeite (fotografiere im RAW- Format). Bilder die ich an einem Tag fertig entwickelt habe, bei denen ändere ich ganz oft am nächsten Tag oder noch später zum Beispiel den Weißabgleich.
Und bei Tönen, mit dem Ton den ich höre bin ich an einem Tag zufriedenen an einem anderen Tag mag ich es lieber in Nuancen anders. Beim Bau einer Gitarre muss man sich an irgendeinem Punkt entscheiden und das ist dann endgültig für dieses Instrument. Klar bleibt da noch eine gewisse Variation über die Saiten und andere Kleinigkeiten aber der Grundcharakter ist gelegt. Ich fürchte ich wäre zu unsicher mich da endgültig festzulegen. Und was mir noch schwerer erscheint, eine zweite und eine dritte Gitarre zu bauen die wie die erste klingt. Wenn man als Gitarrenbauer Modelle anbietet sollte man sowas hinbekommen.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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Jack Isidore
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von Jack Isidore »

MukerBude hat geschrieben:Es gibt haufenweise Untersuchungen darüber die in einer Aussage übereinstimmen. Das einzige was an einer akustischen Gitarre zur KlangErzeugung schwingen soll ist die Decke.
Also welche Rolle in der KlangErzeugung spielt das Material von Boden und Zarge?
Also bei fast allen Gitarren schwingen ja Boden und Zargen durchaus mit, das kann man leicht spüren. Wird also sicherlich auch irgendwie den Klang beeinflussen. Das Material macht da gewiss auch einen Unterschied. Aber wie soll man das empirisch auswerten? Aus persönlicher Erfahrung bin ich der Meinung, dass das Material von Boden und Zarge wohl eher den geringsten Anteil vom Klang ausmacht. Jedenfalls, wenn man mal alle anderen Faktoren zusammenrechnet: Spieltechnik, Korpusform, Fertigungsqualität, Holzauswahl und -qualität, Bracing, Lack, Saiten, etc etc ...
Ganz interessant fand ich mal die Aussage, dass es beim Material von Boden und Zarge weniger um das Schwingungsverhalten, als um das Abstrahlverhalten geht, also eigentlich eher die Oberflächenstruktur. Und natürlich darf auch die gute alte Sache hier nicht fehlen, dass in der 70ern einige erstklassige Gitarrenbauer in Japan ihre Böden und Zargen selbst bei den hochwertigsten Gitarren gerne laminiert haben (natürlich in allen Schichten aus besten Hölzern) - und zwar sicher nicht, um Kosten zu sparen...
Viele Grüße,
Jack

Jack's schöne Gitarrenmusik auf YouTube:
http://www.youtube.com/user/JackIsidoreGuitar/videos
Jorma55
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von Jorma55 »

Auch die heute hoch geschätzten Guilds aus den 50er Jahren hatten laminierte Böden. Das hatte allerdings mit der starken Wölbung der Böden zu tun, die mit massiven Hölzern wohl nicht zu erreichen bzw. zu rissempfindlich gewesen wäre.
Im Übrigen dürfte unbestritten sein, dass die Holzart wesentlichen Einfluss auf die Klangfarbe hat. Insbesondere gibt es in der Hinsicht schon einen deutlichen Unterschied zwischen Mahagoni und Palisander. So gilt Mahagoni etwa als trockener, obertonärmer aber auch durchsetzungsfähiger als Palisander. Clarence White nutzte demgemäß seine legendäre, heute im Besitz von Tony Rice befindliche 1935er D-28 vorwiegend für Rhytmusarbeit, seine legendären Sololäufe spielte er auf einer D-18 aus den 50er Jahren.

Michael
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chrisb
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von chrisb »

:guitar1:
Zuletzt geändert von chrisb am Mi Nov 25, 2015 8:48 am, insgesamt 1-mal geändert.
chrisb
rwe
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von rwe »

Probiert's doch einfach mal aus: Larrivee hatte vor einigen Jahren eine Tour, bei denen die Decken aller 12 Instrumente aus dem selben Baum waren, bei der sich die Korpushölzer aber unterschieden. Hanika hatte in diesem Jahr eine Tour mit 24 Konzertgitarren desselben Typs mit verschiedenen Korpushölzern. Breedlove hatte vor einigen Jahren eine Tour mit verschiedenen Korpus- und verschiedenen Deckenhölzern. Ich selbst habe ein paar Gurians mit verschiedenen Korpushölzern (Hog und Palisander). Für mich sind die Unterschiede deutlich größer als die zwischen Engelmann- und Sitka- oder auch Adirondack-Decken. (Und ja, natürlich ist jeder Baum verschieden...) und hinsichtlich der Klangfarbe auch größer als zwischen Korpusformen (die wiederum Einfluss auf andere Klangcharakteristika haben). Vergleicht eine D18 mit einer D28...

Diskussionstreibend ist die Aussage, dass das Einzige, das an einer Gitarre schwingen soll, die Decke ist. Das bedeutet, dass grundsätzlich Sperrholzgitarren der Vorrang zu geben wäre... Und tatsächlich haben viele gute Instrumente laminierte Böden und / oder Zargen. Aber viele Spieler möchten, dass sie das Schwingen des Instruments direkt spüren. Wichtig auch der Hinweis von Jack auf die lackierten Innenseiten!
Jorma55
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von Jorma55 »

Nur die Decke soll schwingen, der Korpus lediglich abstrahlen und hier nimmt man einen harten Glasfiberverbundstoff aus dem Flugzeugbau als Korpusmaterial und die -akustisch perfekte- halbrunde Form der antiken Amphitheater als Vorbild. Diese Theorie stand Pate als ein gelernter Ingenieur Ende der 60er Anfang der 70er Jahre die Ovation Gitarren entwickelte. In der Theorie wunderbar, in der Praxis leider nicht. Nichts gegen die Ovations als elektrisch verstärkte Bühnengitarren (als solche waren sie ja auch sehr erfolgreich), aber rein akustisch konnten sie den hohen Ansprüchen nie genügen.
Marcel Dadi nahm damals eine ganze Platte nur mit verschiedenen Ovations auf, auf dem cover abgebildet war der Hals einer Martin D-41.

Michael
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rwe
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von rwe »

Jorma55 hat geschrieben:aber rein akustisch konnten sie den hohen Ansprüchen nie genügen.
... wobei ich die Ovations (jedenfalls die besseren) auch akustisch immer gemocht hatte bzw. immer noch mag, auf Grund der Ausgewogenheit über die Saiten und Lagen.
Jorma55
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von Jorma55 »

Ich hab das auch nicht abwertend gemeint. Ich hätte seinerzeit weiß Gott was dafür gegeben, hätte ich mir eine Ovation leisten können.

Michael
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rwe
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von rwe »

Jorma55 hat geschrieben:Ich hab das auch nicht abwertend gemeint.
Nee, habe ich auch nicht so verstanden. - Das Problem ist, dass offenbar die Spieler und vielleicht auch die Hörer bestimmte "Unperfektheiten" für besser erachten. Country Blues auf der Ovation? Hmm, muss sogar für mich nicht sein, das verbinde ich mit einem anderen Klangbild. Aber das Problem ist alt;-) Linearer Frequenzgang? Och nö, das "klingt so steril"... Ist aber bei anderen Instrumenten, HiFi-Anlagen etc. auch nicht besser;-)
Jorma55
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von Jorma55 »

So wie ich die Frage verstanden habe, rein akustisch.

Michael
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rwe
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von rwe »

MukerBude hat geschrieben:Wobei es mir speziell um die BauFormen von Konzert und Flamenco-Gitarren geht.
... dann verweise ich nochmal auf die Hanika-Tour. Die Unterschiede zwischen den 24 Modellen sind in vielen Fällen sehr deutlich hervorgetreten. Sicherlich lagen manche Hölzer recht nahe beieinander, aber das Spektrum war schon immens.

Die Prozentangabe ist natürlich irgendwo ein vergebliches Unterfangen. Da ja Hals und Decke alleine nur wenig klingen würden, müsste der Prozentanteil vielleicht bei 95 liegen ... - aber das meintest Du nicht.
rwe
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Re: ? %ualer Anteil am Klang von Boden und Zarge

Beitrag von rwe »

na ja - ... Die perkussive Spielweise nimmt ja zu;-)

(Ach so, zwei Endpunkte zum Befestigen der Saiten braucht man ja auch, Saiten lose über die Decke gelegt bringen's ja auch nicht)
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