nochmal Luftfeuchtigkeit/Aufbewahrung

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schorsch-adel
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nochmal Luftfeuchtigkeit/Aufbewahrung

Beitrag von schorsch-adel »

ich habe mich zu den Themen Luftfeuchte/Humidor/Aufbewahrung durch die Suchfunktion gewühlt und bin angesichts der widersprüchlichen Aussagen jetzt verwirrter als vorher. In etwa Pattsituation besteht zwischen Koffer- und Ständeraufbewahrung (Mikro- vs. Makroklima).

Meine konkreten Fragen:
1)gibts ein empfehlenswertes Hygrometer, das man nicht erst umständlich selber kalibrieren muß ?
2)ist nur zu geringe Luftfeuchtigkeit schädlich, oder auch zu hohe ?
3)sollte ich davon Abstand nehmen, meine Gitarren in dem dem Wintergarten vorgelagerten Zimmer aufzubewahren, in dem die Luftfeuchtigkeit täglich (lt. sicher schlecht kalibriertem Billighygrometer) zwischen sagenwirmal 40 und 80 % schwankt ?
Markus
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Servus,

da ich ein permanent ängstlicher Mensch bin und irrsinnig heikel auf meine Schätzchens bin, habe ich mich mit dem Thema eingehend beschäftigt.

Es gibt dazu im Web auch gute Texte von Fachleuten, z. B. von Lakewood oder vom Kraushaar. Dem ist eigentlich eh nichts hinzuzufügen.

Ich werd aber trotzdem auf Deine Fragen eingehen:

ad 1: Übertreibs mal nicht. Handelsübliche digitale Hygrometer gibts in jedem Baumarkt, und die reichen auch. Deine Gitarre wird wegen ein paar Prozent auf oder ab sicher nicht auseinanderfallen.

ad 2: Geringe Luftfeuchte ist sicher schädlicher als zu hohe. Bei zu niedriger Luftfeucht kann der Schaden bis zum Riss in Decke oder Boden gehen. Das ist dann heftig. Bei zu hoher Luftfeuchte nimmt das Instrument halt mehr Feuchtigkeit aus der Luft auf und klingt dann dumpfer. Manche Fugen könnten aufquellen. Ich hatte jetzt in diesem Sommer mal 80% im Wohnzimmer, und außer dass sie wirklich ein wenig dumpfer klang war garnix. Bei zu niedriger Luftfeuchte ist mir beim Sattel schon mal ein kleiner Riss in den Lack gekommen - also merke: Niedrige Luftfeuchte = ganz ganz schlecht, hohe auch nicht der wahre Jakob, aber nicht - zumindest kurzfristig - nicht so schlimm.

ad 3: Ja, da solltest Du schon Abstand nehmen. 40 % Schwankung und das täglich ist sicher nicht gut. Such einen anderen Ort, aber bitte nicht den Koffer. Da ist es meist zu trocken drin, und es hilft auch nur dem Korpus, wenn Du so einen komischen Schwamm reinhängst. Der Hals und der sonstige obere Bereich haben davon garnix. Vice versa: Zu hohe Feuchte hat man im Koffer auch schnell drin. So ein Klima, wie Martin Seliger von Lakewood schreibt, hält sich dann wochenlang. Dann kanns sogar passieren, dass du Schimmel auf Deiner Liebsten hast.

Ich habe meine Gitarren prinzipiell am Ständer stehen, ich will sie ja auch sehen. Im Sommer gibts sowieso kein Problem, ich musste im Wohnzimmer nur ein Fenster mit Alufolie zumachen damit die Sonne nicht zu viel reinknallt. Im Winter kommen sie vom Wohnzimmer in die Bibliothek, die ist nämlich nur schwach geheizt (so um 16 - 18 Grad), dafür wirds dort nicht so trocken (immer so minimum 45%).

So, ich hoffe, ich habe Dir das jetzt erschöpfend erklärt und verbleibe mit :guitar1:

der Pappenheimer
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DiSt
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Beitrag von DiSt »

Leute, seid doch nicht so ängstlich... Glaubt ihr denn im Ernst, dass die so begehrten Vorkriegs-Martins während ihres 70-jährigen Lebens immer optimal gelagert wurden? Oder ein Cello von 1780, das in Bezug auf Größe der Decke und Saitenzug sicherlich mindestens so heikel wie eine Gitarre ist?
Natürlich würde ich eine Gitarre nicht direkt neben einen heißen Kaminofen stellen oder im Kartoffelkeller lagern, aber meine Gitarren "leben" dort, wo sich auch Menschen beim Aufenthalt wohlfühlen.
Dieter
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stephan
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Beitrag von stephan »

DiSt hat geschrieben:Leute, seid doch nicht so ängstlich...
Sicher, aber Vorsicht schadet nicht.

Ich habe mehrere Gitarren, die ich seit Jahren ohne Probleme in der Wohnung habe und folgendermaßen damit umgehe:
1. Ich benutze handelsübliche digitale Hygrometer
2. Ich lagere meine Gitarren stets im Koffer
3. Zur Befeuchtung im Winter/Heizperiode dient ein VENTA-Luftbefeuchter

Risse in Gitarren entstehen i. d.R. nicht durch kurzzeitig zu hohe oder zu niedere Luftfeuchtigkeit, sondern durch einen abrupten Wechsel, also wenn es innerhalb von kurzer Zeit von 80% auf 30% rel. Feuchte wechselt oder umgekehrt.
Dies berücksichtigend würde ich die Gitarren NICHT in dem dem Wintergarten vorgelagerten Zimmer aufbewahren, wenn dort die von Dir beschriebenen Umstände herrschen.

Ansonsten den Rat von Dieter beherzigen.

Gruß
Stephan
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rambatz
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Beitrag von rambatz »

"ich musste im Wohnzimmer nur ein Fenster mit Alufolie zumachen damit die Sonne nicht zu viel reinknallt"

Da werden sich die Nachbarn sicher wundern warum Du so eine Angst vor Aliens hast. :D

Ich stelle mir das so vor: Zwei Nachbarn gehen an Deinem Wohnzimmer vorbei.
Der eine fragt den anderen "Hat der Angst von Aliens entführt zu werden?"
"Ne, der hat eine Gibson"

Aber solange Du die Alufolien nicht um das ganz Haus wickelst werden die sicher nicht die Polizei rufen.

Nix für ungut
rambatz
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

DiSt hat geschrieben:...aber meine Gitarren "leben" dort, wo sich auch Menschen beim Aufenthalt wohlfühlen.
Schon, hast ja recht, aber ich habe den ganzen Winter über im Wohnzimmer, weil da eben ein riesiger Kachelofen steht, bloß 26% Luftfeuchte, und das ist sicher zu wenig. Da brauch ich garnicht ängstlich sein, das leuchtet auch so ein.
rambatz hat geschrieben:Da werden sich die Nachbarn sicher wundern warum Du so eine Angst vor Aliens hast.


:rotfl: Wohl zuviel "Signs" gesehen, was? Nein im Ernst: Es handelt sich dabei um ein Dachflächenfenster, das ist überhaupt nicht einsehbar. Und das muss nun mal zu, da die Sonne ja eine gewisse Bahn beschreibt und im Laufe des Tages irgendwann überall im Zimmer mal die Sonne hinknallt und dann auch irgendwann auf die Gitarren direkt. Und das gilt es zu vermeiden. Außerdem ist es dann im Zimmer schön kühl.
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Lotti
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Beitrag von Lotti »

Wo wir gerade beim Thema sind: Was haltet Ihr denn von dieser "Billiglösung"?

http://www.thomann.de/de/planet_waves_gh.htm

Einfach den Schwamm mit destilierten Wasser tränken, Handtrocken auswringen und dann ab in den Gitarrenkoffer.

Ich meiner sogar festgestellt zu haben, dass die Gitarre am anderen Tag wirklich besser klingt, wenn ich am Abend zuvor wieder Wasser nachgefüllt habe habe!
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Servus Lotti,

wie schon oben gesagt, halte ich von diesen Schwämmen rein garnix. Denn, denke an die Konstruktion des Gitarrenkoffers, hat hier nur der Korpus was davon, nicht aber der Halsübergang, Hals und Kopfplattenbereich. Und diese Bereiche sind auch ganz schön heikel was Austrocknung betrifft.

Nimm das jetzt nicht persönlich, aber Dein Empfinden, dass die Gitarre nach dem Wiedertränken des Schwammes mit Wasser dann besser geklungen hätte, würde ich doch eher ins Reich der einbildenden Phantasie verweisen.
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klaust
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Beitrag von klaust »

Lotti hat geschrieben:Wo wir gerade beim Thema sind: Was haltet Ihr denn von dieser "Billiglösung"?
Ich habe seit Jahren diese "Billiglösung" in allen Koffern im Einsatz - nicht die Schalllochversion sondern die Andere, direkt für den Koffer - vollkommen Ok. (*)

Ebenfalls im Einsatz hatte ich eine Filmdose - mit einem dünnen Bohrer durchlöchert wie ein Käse und mit einem Stück Fensterleder vollgestopft, welches gelegentlich angefeuchtet wurde - optisch nicht der Brüller aber ebenfalls vollkommen ausreichend. (*)

jm2c

(*) Nach Auskunft des Hygrometer im Koffer.
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chrisb
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Beitrag von chrisb »

ich hab immer noch nicht verstanden warum man diese befeuchter in den koffer legt? gibt´s im koffer ein nenneswertes raumvolumen mit schlechten luftfeuchtebedingungen die der gitarre schaden? oder steht das raumvolumen des koffers im stoffaustausch mit dem raumvolumen des aufbewahrungszimmers das schlechte luftfeuchtebedingungen hat?

:?: :?: :?: :?: :?: :?:
chrisb
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Lotti
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Beitrag von Lotti »

Denn, denke an die Konstruktion des Gitarrenkoffers, hat hier nur der Korpus was davon, nicht aber der Halsübergang, Hals und Kopfplattenbereich. Und diese Bereiche sind auch ganz schön heikel was Austrocknung betrifft.
Gut, ok klar, der Hals und die Kopfpallette bekommen nicht soviel Feuchtigkeit ab, aber da schaffe ich Abhilfe, denn bei jedem Seitenwechsel wird mein Griffbrett ordentlich mit Lemonoil sauber gemacht, welches ja ebenfalls vor Austrocknungen schützt.

Zudem bilden sich auf dem Griffbrett durch den Schweiß, Dreck und Staub natürlich Bakterien, die selbst so manchen Klodeckel in den Schatten stellen. Auch hier hilft Zitronenöl.

Ach herrlich, es gibt kein schöneres Gefühl, als wenn die Gitarre frisch poliert, mit neuen Saiten versehen und der Hals eingeölt wurde :)
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Ja schon, aber bloß das Einölen des Griffbrettes schützt dich nicht davor, dass sich beim Hals/Korpusübergang durch Austrocknung was verzieht, oder Lackrisse an der Satteleinlage, die sich nicht im gleichen Ausmaß wie der Hals zusammenzieht (war bei mir so) und und und...

Jedem das seine, ich halte die permanente Lagerung im Koffer für nichts Gutes, und Martin Seeliger, der ja denke ich doch Ahnung hat von dem was er redet, sieht das auch so:
Benutzen Sie Ihren Koffer nur für Transportzwecke. Stellen Sie Ihre Gitarre in einen Gitarrenständer; achten Sie aber darauf, daß der Standort nicht nahe einer Wärmequelle oder im direkten Sonnenlicht ist
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Manati
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Beitrag von Manati »

Dass nur der Korpus profitiert, bestreite ich.

Ich habe im Frühjahr, als ich noch heizen musste, eine solche Schwammlösung eingesetzt. Das Hygrometer liegt im Koffer in Kopfplattennähe und zeigt eindeutig an, dass die Erhöhung der Luftfeuchtigkeit durch den Schwamm sehr wohl auch Kopfplatten- und Halsbereich betrifft.
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klaust
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Beitrag von klaust »

Manati hat geschrieben:Dass nur der Korpus profitiert, bestreite ich.
sehe ich auch so und genau so ist es auch bei dem anderen Teil....

Klar reicht das geringe Volumen aus um die Luftfeuchtigkeit überall hin zu verteilen...wieso auch nicht?
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

klaust hat geschrieben:Klar reicht das geringe Volumen aus um die Luftfeuchtigkeit überall hin zu verteilen...wieso auch nicht?
Weil ich mir vorstellen könnte, dass das Plüschzeug am Kofferdeckel innen das Schalloch mit dem Feuchte-Hänger drin so abdichtet, dass die Feuchtigkeit eben nur den Korpus innen erreicht. Ich hab das irgendwo mal gelesen - aber der Teufel soll mich holen wenn ich noch wüsste wo.
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