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Tipps und tricks beim Gig
Verfasst: Sa Jun 18, 2011 11:26 pm
von Finnes
Hallo zusammen,
heut abend hatte ich einen kleinen Gig nix grosses so 50 Leute waren anwesend und es war "unter Freuden". Spieltechnisch auch nicht so aufregend war viel schramm schramm und ein bischen Fingerpicking.
Wieso ich nun diesen Theard starte:
Ich war ziemlich aufgeret und auch total nervös und hab mich ein paar Mal derbe Verhauen, obwohl ich die Sachen alle locker und im Schlaf spielen konnte. Wenn ich dran denke, dass ich Sachen bei einen Gig spielen würde, die nur Fingerstyle beinhalten würden, dann grault es mir davor, nicht weil ich sie nicht kann, sondern weil ich mit der Anspannung sie versauen würde.
Gibt es irgendwelche Tipps und Tricks, die ihr bei einen Gig anwendet um ruhig und konzentriert spielen zu können?
Greetings
Finnes
Verfasst: Sa Jun 18, 2011 11:43 pm
von Pappenheim
Servus Finnes!
Freue mich, dass ich da einiges dazu sagen kann:
Mir ging es am Anfang aber sowas von ganz genau so. Ist ja auch völlig normal. Ganz früher, so vor 16 bis 18 Jahren, in meiner E-Gitarrenzeit, war es so schlimm, dass ich Betablocker eingeworfen habe. Das hat natürlich vortrefflich funktioniert, ist aber halt Chemie, wenn auch einleuchtend funktionierende Chemie, die Dir nicht unbedingt schadet, vorausgesetzt, Du schluckst das Zeug wirklich nur vor Auftritten und ein solcher findet nicht mehr als einmal im Monat statt.
Vor etwa 3 Jahren habe ich ja nun wieder zur Gitarre gegriffen, diesmal zur Westerngitarre, und spiele seit etwa 1,5 Jahren auch wieder Auftritte. Beim ersten war ich so saunervös, dass ich am liebsten sofort wieder einen Beta eingeworfen hätte. Aber ich habe vorher schon in einigen kleineren Runden gespielt und die meinten alle, das klänge ganz super also solle ich mir nicht ins Hemd machen. Also hab ich das mit der Chemie sein lassen und bloß ein gut eingeschenktes Achterl guten Rotwein getrunken. Und das war dann perfekt.
Seitdem halte ich es immer so, und das passt auch so. Man verliert die Angst und Nervosität vor Auftritten durch ein Zauberwort - und das lautet: Routine. Je öfter Du vor Publikum spielst, je mehr die Leute da unten oder da drüben mit der Zeit werden - ist völlig egal. Je öfter Du öffentlich spielst, desto routinierter wirst Du.
Und wie gesagt: Ein gutes Glas Wein, etwa eine halbe Stunde vor dem Gig - das wirkt Wunder, es macht Dich auch sicher nicht besoffen, weil Du ja ohnehin total angespannt bist. Aber es ist, zumindest bei mir, offenbar genau die Menge, welche die extreme Spannung wegnimmt, aber immer noch genug "Restspannung" lässt, damit Du Dich voll auf die ersten Songs konzentrieren kannst.
Im Übrigen nennt man das bei uns ein "Beruhigungsachterl" und ich bin sicher, dass das von vielen Musikern praktiziert wird!

Verfasst: So Jun 19, 2011 12:29 am
von eschnack
Ich finde dass egal wieviel ich ein Stück übe, müß ich es trotzdem live ein oder zweimal spielen damit ich die Nervosität verliere. Deshalb versuche ich neue Songs erstmal in Open-Mics zu spielen...muss sie also "Live-üben"...
Aber es wird auch angenehmer wenn man einfach öfter auf die Bühne steht.
Verfasst: So Jun 19, 2011 10:17 am
von PeterR
Hallo!
Ich kann mich noch gut an meinen ersten Auftritt so vor
ca. 30 Jahren erinnern.
3.000.000 Menschen und alle alle alle schauen nur mich an!!!
Aber wie gesagt:
Aus den 3.000.000 werden irgendwann nicht mehr als in den Saal passen
und "keine Sau" kümmert sich mehr um Dich
In einem Workshop hat Dave Goodman zu mir gesagt:
"Du musst lernen, Fehler zu akzeptieren".
Ich hab mir irgendwann gesagt: "Hey, ihr da unten könnt es gar nicht"
Trotzdem ist immer noch die Anfangsnervosität da und die muß auch sein!
Wenn die mal weg ist, glaube ich, ist auch der Spaß vorbei. Denn dann ist
es Routine. Und wenn der erste Song abgespult ist wirst Du auch automatisch ruhiger.
Nette Grüße
Peter
Verfasst: So Jun 19, 2011 11:16 am
von Pida
Ich versuche, gelegentlich die Livesituation so weit wie möglich zu simulieren. Der wichtigste Faktor ist für mich nicht das Publikum, sondern die Lautstärke. Über die PA werden leise Griff- und Korpusgeräusche plötzlich deutlich hörbar, auf der anderen Seite hört man selbst sich manchmal mangels Monitoring nur schlecht. Also spiele ich auch zu Hause manchmal verstärkt oder mit Kopfhörer; manchmal mit schrillen Höhen und manchmal mit einem sehr dumpfen Sound.
Ansonsten versuche ich, alles so zu steuern, dass die Auftrittsbedingungen besser oder zumindest nicht schlechter sind als die Übebedingungen. Konkret heiß das:
- Frische Saiten vor dem Gig
- Live liegen Noten parat (auch wenn ich nicht drauf schaue).
- Ich spiele mich vor Auftritten möglichst 45 Minuten lang warm.
- Zu Hause wird jedes Stück auch schneller geübt, als ich es live spiele.
- Außerdem übe ich zu Hause auch die filigraneren Stücke auf der Strumming-Gitarre mit höherer Saitenlage.
Verfasst: So Jun 19, 2011 11:50 am
von skh
Ich trete selbst nur höchst selten irgendwo auf, aber ich weiss, dass es mir sehr hilft, tagsüber vor dem Auftritt kein Koffein (Kaffee, Tee, Cola) zu mir zu nehmen. Es scheint bei mir die Aufregung und auch das Zittern in den Händen unangenehm zu verstärken.
Grüsse,
Sonja
Verfasst: So Jun 19, 2011 12:04 pm
von Juan
Hi,
ich möchte da auch meinen Senf dazu geben.
So richtige Auftritte im Sinne eigener Konzerte o.ä. spiele ich eigentlich gar nicht. Vielmehr tummle ich mich seit über 15 Jahren auf Münchens offenen Bühnen, das aber mit schöner Regelmäßigkeit und auf diese Weise springt auch immer mal wieder ein Gig vor größerem Publikum raus (Corso Leopold z.B.).
Nach meiner Erfahrung ist die Routine - und die bekommst Du über offene Bühnen am aller besten - sehr gut, um nicht nervös zu werden. Kommt dann aber mal doch ein etwas außergewöhnlicher Gig, dann nützt das auch nur begrenzt.
Für diese Fälle habe ich mir einige Grundregeln (die zum Teil von befreundeten Profimusikern stammen) zurecht gelegt, die bei mir eigentlich ganz gut funktionieren:
1. Spiele nur Songs, die bei der Probe (oder in der offenen Bühne) zu 150% funktionieren, dann fühlst Du Dich auch bei einem "richtigen" Gig noch zu 100% sicher. Keine Experimente! Anfragen von Musikern, die ich von den offenen Bühnen kenne, ob sie einsteigen können, lehne ich außerhalb der offenen Bühnen grundsätzlich ab.
2. Beginne Dein Set mit den Songs, die Du im Schlaf kannst, dann kannst Du Dich voll auf die Bühnensituation einstimmen und denkst nicht pausenlos " hoffentlich komme ich fehlerlos durch den ersten Song". So kriegst Du ein Gefühl für die Atmosphäre des Auftritts. Später kannst Du dann die komplexeren Sachen machen.
3. Checke Dein Instrument / Equippement vor dem Auftritt sorgfältig durch und tausche liebe eine Batterie/die Saiten etwas früher als notwendig. Nichts bringt einen mehr aus der Fassung, als wenn etwas technisch nicht funzt. Gitarre wird backstage gestimmt, so dass man auf der Bühne nur noch einstopselt, kurz Sound checkt und ab gehts.
4. KISS: Keep it stupid and simple. Ein Set überzeugt in der Regel nicht durch technische Capriolen, sondern dadurch, dass Du Dein Ding sicher über die Rampe bringst.
5. Schau ins Publikum und nicht (jedenfalls nicht immer) auf Dein Griffbrett. Pick Dir ein Gesicht (oder mehrer Gesichter ) raus und schau die Leute an. Du spielst für Sie, also solltest Du ihnen das auch zeigen. Es wird Dir helfen, wenn Du merkst dass die Leute Deine Blicke erwidern.
6. Shit happens: Jeder macht Fehler und wenn einer passiert, na - was solls - da musst Du drüber stehen. Einfach weiter machen.
Ich möchte nicht behaupten, dass diese Regeln die allein glückseligmachende Wahrheit sind, aber mir hat´s bisjetzt jedenfalls geholfen. Für mich persönlich gibt´s noch eine Grundregel: Vor dem Auftritt keinen Schluck Alkohol, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.
Gruss
Jens
Verfasst: So Jun 19, 2011 12:17 pm
von Orange
Spiele ja auf keiner Bühne sondern nur vor Familie & Freunden und da hoffe ich das auch immer alle brav mitsingen

.
Unlängst "musste" vielmehr ich wollte es auch mal probieren, also durfte ich mal nach dem Gitarren(gruppen)unterricht der nachfolgenden Gruppe (Anfänger, die gerade mal 1 - 2 Monate Gitarre spielen) was vorspielen, da sie das mal hören wollten was ich nach ca. 2 1/2 Jahre so zusammenschustere. Habe 2 Lieder gespielt und war hyper-nervös, obwohl es Lieder waren die ich in der Regel sozusagen im Schlaf spiele. War ein eigenes Gefühl, meine Hände haben geschwitzt und gezittert, und ich bin zum Schluß der Lieder hin immer schneller geworden

. Keine Ahnung

!?
Unter Alkohol wäre da schon gar nix mehr gegangen denke ich, aber ich habe es noch nicht ausprobiert.
Also: Alkohol und Gitarre ist keine Lösung, außer man will seine Flasche Bier am Griffbrett aufmachen

:

Verfasst: So Jun 19, 2011 1:54 pm
von Holger Hendel
Mr. Dave Goodman weiß defintiv, wie´s ist - und seinen Spruch finde ich genau richtig. Fehler passieren und gehören - mMn - dazu. Es sei denn, mein Anspruch ist es, fehlerfrei zu spielen -
dann bewege ich mich jedoch in einer Liga, deren Existenzberechtigung zumindest ich bis heute nicht sehe. Fehler geschehen überall - sogar in Bereichen, wo es richtig um was geht, z.B. Straßenverkehr, Atomkraftwerke...
Für mich gilt idR: alles (!) im Kopf haben, Note für Note und bei "improvisierten" Stücken: Tonart, Arrangement-Idee, Capo...zumindest das muss klar sein, bevor es losgeht - live vom Blatt spielen - ich versetze mich in die Rolle eines Zuschauers - also
ich möchte niemanden steif vom Blatt abspielen sehen, das ist mein persönliches Ding, also geht für mich gar nicht. Notenpult daher ein nogo für mich; Sänger, mit denen ich zusammen spiele haben gerne eines rumstehen, es wird gerne zweckentfremdet (man kann prima seinen Bierhalter ranhängen oder das Stickbag mit den Flöten oder ein stylisches Licht ranschrauben oder den Ausleger / Harptisch ranschrauben). Ansonsten sollte alles live so sein wie daheim beim Üben: Sitzhöhe- und art (immer wieder schön: geprobt wird im Sitzen...und live dann im Stehen?! Da muss einfach was schiefgehen!), die gleiche Gitarre mit mögl. den gleichen Saiten wie Tage zuvor beim Proben, der gleiche (Bühnen)Sound (also auch verstärkt proben) - halt mögl. viel Technik-Krams vorwegnehmen. Der Rest ist dann nur noch Konzentration, Aufmerksamkeit...und hoffentlich Spaß. So sollte es ja sein. So kenne ich´s, also wenn man erst mal dabei ist, geht´s rund und macht Spaß. VOr einigen Monaten berichtete ich von einem Erlebnis auf einer Beerdigung, das war ein Negativbeispiel, eine außergewöhnliche Situation bei der das Vorwegnehmen all der Dinge nicht wirklich das gewünschte Ergebnis lieferte. Bei ´nem Straßenfest, Bierfest, Geburtstag, Vernissage usw. sollte es aber locker hinhauen.
Locker halt - da darf man meiner Meinung nach auch ´nen Schluck trinken.
Unter Alkohol wäre da schon gar nix mehr gegangen denke ich, aber ich habe es noch nicht ausprobiert.
Dass der Trunk gewiss keine "Lösung" im Allgemeinen und im Speziellen für darbieterische Probleme ist, ist klar. Doch die Annahme oben kann zumindest ich so nicht unterschreiben. Ich hatte wunderbare Zeiten in alkoholisiertem Zustand Livemusik zu machen, es war im Prinzip wie mit guten Freunden um ´nen Pitcher in der Kneipe zu sitzen - nur, dass man als Hard-Rock Band oder Folk-Duo auf einer Bühne sitzt oder steht und da seinen Spaß hat - natürlich wesentlich mehr, als nur schnöde am Tisch zu hocken. Und so geht es meines Wissens nach diversen Muckern, die schon mal betrunken auf einer Bühne standen, ich könnte alleine zehn beim Namen nennen.

Verfasst: So Jun 19, 2011 3:38 pm
von scifi
Ich spiele nur selten vor Publikum und kämpfe auch erheblich mit Lampenfieber. Ein hier noch nicht genannter Punkt der zumindest mir hilft: vor dem ersten Song zu dem Publikum sprechen. Irgendwie macht mich das erheblich lockerer als direkt einen "Kaltstart" hinzulegen.
Verfasst: So Jun 19, 2011 7:10 pm
von rwe
Auftritte mit der Gemeindeband, bei denen man die Stücke und die Mitmusiker seit Jahren kennt: Hingehen, Hände waschen, Equipment hinstellen bzw. umhängen, anzählen, spielen. Alkohol braucht's nicht dafür, aber ein Dogma, vorher keinen Schluck zu trinken, gibt's auch nicht.
"Projekte", also einmalige Konzerte in einem komplexeren Rahmen, sind natürlich nicht so locker. Vor dem Auf-den-Weg-machen nochmal hinlegen und Noten durchgehen.
Andere öffentliche "Auftritte", Präsentationen etc., helfen, Routine zu gewinnen.
Verfasst: So Jun 19, 2011 8:03 pm
von Ewert
Pappenheim hat geschrieben:Servus Finnes!
Freue mich, dass ich da einiges dazu sagen kann:
Mir ging es am Anfang aber sowas von ganz genau so. Ist ja auch völlig normal. Ganz früher, so vor 16 bis 18 Jahren, in meiner E-Gitarrenzeit, war es so schlimm, dass ich Betablocker eingeworfen habe.(...)
Also hab ich das mit der Chemie sein lassen und bloß ein gut eingeschenktes Achterl guten Rotwein getrunken. Und das war dann perfekt.
Seitdem halte ich es immer so, und das passt auch so. Man verliert die Angst und Nervosität vor Auftritten durch ein Zauberwort - und das lautet: Routine. Je öfter Du vor Publikum spielst, je mehr die Leute da unten oder da drüben mit der Zeit werden - ist völlig egal. Je öfter Du öffentlich spielst, desto routinierter wirst Du.
(...)Und wie gesagt: Ein gutes Glas Wein, etwa eine halbe Stunde vor dem Gig - das wirkt Wunder, es macht Dich auch sicher nicht besoffen, weil Du ja ohnehin total angespannt bist.
hey,
ich mach´s genauso: betablocker und/oder ein grosses bier.

Verfasst: So Jun 19, 2011 8:28 pm
von Finnes
Vielen Dank für die vielen nützlichen Tipps. Heute haben wir noch die Rückmeldung bekommen, das es richtig gut gewesen ist. Wir hatten zwar ein anderes Gefühl, aber manchmal ist man scheinbar zu selbstkritisch.
Ein Fehler den ich auf jeden Fall gemacht habe, ich habe mich von mener Frau bequtaschen lassen, dass wir den Gig ohne Verstärkung und Mikros spielen, denn der Raum war ja nicht so gross, aber das war ein großer Fehler. Gerade weil alle mit gesungen haben und ich dadurch richtig heftig reinhauen musste. Gelernt habe ich dadurch lieber verstärkt und easy gespielt als unverstärt und reinhauen müssen.
Greetings
Finnes
Verfasst: So Jun 19, 2011 8:57 pm
von Holger Hendel
@Finnes: Jo, ganz wichtiger Punkt - bei Publikum immer verstärkt, also - außer, es handelt sich die-hard Zuhörpublikum, doch das gibt´s glaube ich nur im Märchenbuch. Das langt schon, wenn sich zwei Leute in Zimmerlautstärke unterhalten und die Magie eines schönen Songs ist dahin...
Verfasst: So Jun 19, 2011 9:07 pm
von scifi
Holger Danske hat geschrieben:Das langt schon, wenn sich zwei Leute in Zimmerlautstärke unterhalten und die Magie eines schönen Songs ist dahin...
hehe, genau das hatte ich am Wochenende. Hart sich davon nicht ablenken zu lassen.