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Klangentfaltung
Verfasst: Di Jun 21, 2011 9:15 pm
von Orange
Mahlzeit!
Das Gitarren erst nach einer gewissen Einspielphase so richtig gut klingen wurde ja hier schon mehrmals erwähnt und will ich auch auf jeden Fall so stehen lassen und bestätigen, allerdings würden mich 2 Sachen noch brennend interessieren:
1) Wie lange kann das dauern bis sie ihren vollen Klang entfaltet hat (Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte, ...) - sofern man das überhaupt irgendwie festhalten kann oder geht´s nach dem eigenen Empfinden ?
2) Gilt das nur für vollmassive oder auch für laminierte Gitarren ?
Warum ich Punkt 2 frage ist, weil eine Freundin von mir eine 34 Jahre alte (also genau so alt wie ich

) "EKO Ranger 6" hat und meine Recherchen haben ergeben das die komplett laminiert sein müsste (?!) aber einen
unglaublich guten Klang hat.
p.S.: Leider will sie mir die nicht abtreten, obwohl sie seit Jahren nicht mehr spielt

, was Schade ist denn ich liebe diese Gitarre wirklich!
Verfasst: Di Jun 21, 2011 9:35 pm
von H-bone
Hi Jürgen,
im Prinzip hast du mit allen Zeitangaben recht...
*Alle Angaben für eine wirklich regelmässig gespielte Gitarre*
Den grössten Effekt gibt es von frisch gebaut bis zum nächsten Tag... das erste Mal besaitet klingt eine Gitarre oftmals richtig Shice, wenn du sie am nächsten Tag hernimmst geht plötzlich der Himmel auf...
Die zweite Phase - die ersten Wochen - braucht die Gitarre ca. 45 Minuten intesiven Spiels bis sie richtig warm wird, der Zeitraum wird immer kürzer, bis sie nach ca. 1 Jahr sehr schnell auf "Betriebstemperatur" kommt...
Ab dann geht's langsamer... dann kommt die "Reife"... sprich die "Jahrzehnte"... von der Fichtendecke weiss man, dass sie immer besser wird... in Nuancen... ca. 70 - 80 Jahre lang. Dann "toppt" sie... das heisst, sie gibt langsam nach... die Spannung geht verloren, es geht soundmässig langsam wieder rückwärts...
Und irgendwann ist sie dann "fertig" (...so wie es bei vielen Stradivaris heute ist.... )
Gruss, Martin
Verfasst: Di Jun 21, 2011 10:17 pm
von Orange
Martin, DANKE für die ausführliche Erklärung

, und das gleich vom Profi.
Sehr interessant, und ich denke wenn meine Gitarre in 70 -80 Jahren mal "toppt" dann juckt das mich vermutlich nicht mehr so sehr
Das habe ich mir aber nicht gedacht, das die dann auf einmal wieder "schwächer" werden. Sachen gibt´s ...

.
Dann ist der nächste Schritt bei meiner Breedlove möglicherweise in ca. 1/2 Jahr zu erwarten, damit sie schneller auf Betriebstemperatur kommt. Bin schon gespannt was in diesem (meiner Meinung nach) Trauminstrument noch so drin steckt.
Und zu Punkt 2: Gilt das jetzt nur für vollmassive Gitarren oder auch für welche mit laminierten Korpus ?
Mein Gefühl sagt mir das eigentlich auch in einer "Sperrholz-Klampfe" (wie leider so oft negativ betitelt) Potential drin sein müsste

.
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 12:21 am
von Saitensprung
Soviel ich weiß, gilt das nur für massive Fichte. Zeder ist relativ schnell eingespielt und gewinnt dann klanglich wohl kaum bis nichts mehr dazu. Laminierte Decken braucht man nicht einspielen.
Re: Klangentfaltung
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 5:04 am
von uwesemmelmann
Kaindee hat geschrieben:Warum ich Punkt 2 frage ist, weil eine Freundin von mir eine 34 Jahre alte (also genau so alt wie ich

) "EKO Ranger 6" hat und meine Recherchen haben ergeben das die komplett laminiert sein müsste (?!) aber einen
unglaublich guten Klang hat.
p.S.: Leider will sie mir die nicht abtreten, obwohl sie seit Jahren nicht mehr spielt

, was Schade ist denn ich liebe diese Gitarre wirklich!
Jetzt musste ich doch lachen. Ich besitze die nämliche Gitarre italienischer (!) Produktion und zwar auch ziemlich genau 34 Jahre (war meine erste Stahlsaitengitarre).
Ja, die EKO ist Vollsperrholz. So wie sie gebaut ist (gedübelter Steg, Holz(schichten)dicke, angeschraubter Hals mit reichlich Spielraum zum Korpus an der Übergangsstelle), dürfte sie eigentlich gar nicht klingen. Aber sie tut es: für die Korpusgröße zwar ziemlich leise, aber gar nicht unangenehm, verglichen z.B. mit vielen wesentlich teuereren Martin-Nachbauten aus der gleichen Zeit (damaliger Preis so 270 DM). Dass Sperrholz Entwicklungspotenzial hat, möchte ich aber doch weitgehend bezweifeln.
Übrigens, diese Gitarre könntest Du wirklich unbesehen erstehen. Ich habe mir vorgenommen, sollte der Hals mal seinen Geist aufgeben (der cm-dicke Lack hat ein paar Sprünge), den Korpus im Freien als Vogelhaus aufzustellen. Ich wette, der würde noch vielen Vogelgenarationen gute Dienste als Eigenheim tun können...
Aber bis dahin dient sie mir treu weiter, z.B. für alles, was etwas abgehobenere Tunings erfordert (gerade steht sie mit DADACD für Don Ross' Version von "Crazy" und sein "Michael, Michael Michael" bereit).
btw: Noch nie "bundbehandelt" (weder Abrichten noch Austauschen), die Bünde gehen nahezu auf "fretless", aber trotzdem schnarrt da nix...!
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 5:51 am
von Rainer H
vielen Dank für diese sehr interessante Frage
bei den Sperrholzklampfen, kann ich hier auch die Fender DG19 anführen
Die im Vergleich zu sehr viel höherwertigen Gitarren auch einen respektablen Klang besitzt, ich habe mich sehr nett mit einem Fender Mitarbeiter unterhalten, der mir erzählt hat, das bei Fender
absichtlich auf Laminat gesetzt wurde, um Ruckkopplungen zu vermeiden, Sie wäre als Bühnengitarre konzipiert worden, ich denke so ist jedes Instrument, eben für seinen Einsatzzweck gebaut , Er meinte das Ihre Basstärke eben auch mit der Form und der Art der Decke zu tun hat,
Ich habe auf jeden Fall gelernt, nur wenn Du eine Gitarre gerne hörst,
spielst Du Sie auch gerne, und hier hat wohl jeder seine Vorlieben.
Gruß Rainer
PS: Frage an die Gitarrenbauer.
Wenn ich eine Gitarre über PA spiele, herrschen doch andere Anforderungen
an das Instrument, wie wenn Sie für rein akustisch ausgelegt werden muß
Ist diese Aussage richtig?
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 6:37 am
von mbern
H-bone hat geschrieben:
Und irgendwann ist sie dann "fertig" (...so wie es bei vielen Stradivaris heute ist.... )
Gruss, Martin
Aber die Stradis sind deutlich älter als 80 Jahre - bedeutet das, dass Violinen länger klingen als Gitarren - oder gilt das nur für Instrumente des Stradivari?
Meine Violine ist 87 Jahre alt - sollte ich die lieber verkaufen, ehe sie ihren Klang verliert?
Wäre nett, wenn du dich dazu auch noch einmal äußern würdest.
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 10:26 am
von Pappenheim
Rainer H hat geschrieben:PS: Frage an die Gitarrenbauer. Wenn ich eine Gitarre über PA spiele, herrschen doch andere Anforderungen an das Instrument, wie wenn Sie für rein akustisch ausgelegt werden muß Ist diese Aussage richtig?
Ich bin zwar kein Gitarrenbauer. Aber die Frage interessiert mich selber, vorausgesetzt, ich habe Deine Frage jetzt richtig verstanden: Willst Du wissen, welche Elektronik (also Tonabnehmer) es zwischen Gitarre und PA braucht oder welche Anforderungen meinst Du genau?
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 1:18 pm
von Rainer H
Ich meine ob das Holz und der Bau für eine Bühnengitarre über PA anderst gebaut sein muß als eine rein Acustischbetriebene Gitarre.
Gruß Rainer
Verfasst: Mi Jun 22, 2011 4:32 pm
von berndwe
Rainer H hat geschrieben:PS: Frage an die Gitarrenbauer.
Wenn ich eine Gitarre über PA spiele, herrschen doch andere Anforderungen
an das Instrument, wie wenn Sie für rein akustisch ausgelegt werden muß Ist diese Aussage richtig?
Ich denke diese Frage darf auch ein Gitarrenanwender beantworten
Eigenschaften, die eine Gitarre akustisch richtig gut machen, sind verstärkt oft von Nachteil, wenn eine bestimmte Lautstärke erreicht wird. Es pfeift dann z.B. und döhnt, so dass man am EQ rumregeln muss und am Ende mit einem Kompromiss-Sound spielt. Der schöne "Wohnzimmer-Sound" nutzt einem dann relativ wenig.
Eine Gitarre, die im Wohnzimmer gespielt nicht so optimal rüberkommt, kann dagegen für die Bühne genau richtig sein.
Verfasst: Mi Jul 06, 2011 3:06 pm
von Orange
Aufgrund eines anderen Threads habe ich jetzt eine Frage:
Kann sich der Klang bei einer vollmassiven Gitarre - wenn sie nicht regelmäßig gespielt wird - wieder zurückentwickeln ?
Musikalische Grüße
Jürgen
Verfasst: Mi Jul 06, 2011 3:26 pm
von H-bone
Kaindee hat geschrieben:Aufgrund eines anderen Threads habe ich jetzt eine Frage:
Kann sich der Klang bei einer vollmassiven Gitarre - wenn sie nicht regelmäßig gespielt wird - wieder zurückentwickeln ?
Musikalische Grüße
Jürgen
Yep ! Tut er auch ! Dann dauert's wieder bis sie wieder "geweckt" ist...
Verfasst: Mi Jul 06, 2011 4:34 pm
von Crafters
....man muss halt nur auf die Vollmondphasen achten; wenn man die verpasst.....

Verfasst: Mi Jul 06, 2011 4:39 pm
von Orange
Crafters hat geschrieben:....man muss halt nur auf die Vollmondphasen achten; wenn man die verpasst.....

Immer vorsichtig mit solchen Aussagen - das kann hier für bare Münze genommen werden das die Gitarre bei Vollmond anders klingt ...

.
@H-Bone: Danke für die Antwort.
Verfasst: Mi Jul 06, 2011 5:46 pm
von bookwood
Nun, immerhin gibt es auch im Gitarrenbau
Mondholz, z.B. für Mondphasendecken.
