Mentale Haltung beim Gitarrenspiel

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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MartinToepler
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Mentale Haltung beim Gitarrenspiel

Beitrag von MartinToepler »

Hallo,
was denkt ihr so beim Spielen? Ich kann ein Stück nur gut spielen, wenn ich es auswendig kann. Wenn ich daran denke welcher Ton oder welcher Griff als nächstes kommt klappts nicht. Es funktioniert gut, wenn der Kopf leer ist.
Mein Handicap ist ich kann Stücke nur im Ablauf spielen. Das heißt ich übe eine Abfolge von Tönen oder Griffen ein, die ich dann nur schwer variieren kann. Wenn ich ein Stück wegen eines Fehlers unterbreche, muß ich immer von vorn anfangen, bzw. wenn es A, B, oder C Teil gibt, dann halt beim Anfang von A, B oder C. Ich könnte auch nicht verschiedene Teile von verschiedenen Stücken mischen, obwohl ich jedes Stück für sich spielen kann.
Wie geht es euch damit?

Grüße von Martin
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Paeida
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Beitrag von Paeida »

Das Problem kenne ich, wobei ich schon auch spontane Medleys zum Besten geben kann. Das "Auswendig lernen" ist wohl genau das Problem, Leute wie du und ich "programmieren sich die Griffe ein, können aber ad hoc nicht sagen, welche Töne ein Griff gerade hat (außer ich würde die Bünde zählen oder bin in prägnanten Lagen wie 5. Bund).

Hier hilft eben nur Theorie pauken und mit Praxis verknüpfen, da will ich auch bald ran...
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string
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nn

Beitrag von string »

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Wenn ich ein Stück wegen eines Fehlers unterbreche, 
Wenn ich ein Stück auswendig spiele (und nicht übe!), spiele ich über den Fehler hinweg weiter. Das habe ich mir mit einigem Aufwand antrainiert, da ich Jahre lang das gleiche Problem wie du hatte.

Gruß
Klaus
________________________________
"Das Wesentliche im Umgang miteinander ist nicht der Gleichklang,
sondern der Zusammenklang".
Ernst Ferstl
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Paeida
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Re: nn

Beitrag von Paeida »

string hat geschrieben:

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Wenn ich ein Stück wegen eines Fehlers unterbreche, 
Wenn ich ein Stück auswendig spiele (und nicht übe!), spiele ich über den Fehler hinweg weiter. Das habe ich mir mit einigem Aufwand antrainiert, da ich Jahre lang das gleiche Problem wie du hatte.

Gruß
Klaus
Such dir ein paar Mitmusiker, dann bleibt dir garnichts anderes übrig als weiter zu spielen. So hab ich das gelernt...
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RB
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Beitrag von RB »

Ich denke nichts, außer ganz am Anfang, wenn es darum geht, etwas Neues in die Finger zu bekommen. In dem Augenblick, in dem ich mir das Stück vorstellen kann, was nicht gleichbedeutend damit ist, es auch spielen zu können, läuft alles automatisch ab. Das Üben, also beispielsweise auch die manische Wiederholung eines halben, ganzen oder zweier Takte ergibt sich von selbst, das macht seit Jahrzehnten eine unbewußte Instanz. Das hat Vor- und Nachteile. Der Vorteil besteht darin, daß man der Instanz beim Spielen zuhören kann, der Nachteil darin, daß ich in die inneren Mechanismen meiner selbst an diesem Punkt nur einen begrenzten Einblick habe.
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Shortfinger
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Re: nn

Beitrag von Shortfinger »

string hat geschrieben:

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Wenn ich ein Stück wegen eines Fehlers unterbreche, 
Wenn ich ein Stück auswendig spiele (und nicht übe!), spiele ich über den Fehler hinweg weiter. Das habe ich mir mit einigem Aufwand antrainiert, da ich Jahre lang das gleiche Problem wie du hatte.

Gruß
Klaus
Kann zwar nicht mit besonders viel Erfahrung glänzen, aber da gebe ich Klaus vollkommen Recht. Du MUSST durch, egal was zwischendrin passiert.

Ich übe das übrigens auch, weil ich, solange ich für mich allein rumzupfe, gerne die Passage wiederhole, die ich gerade falsch gespielt habe und das käme natürlich im echten Musikerleben ziemlich schlecht rüber...
Tanglewood TW 70
Cashimira Mod. 20
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Tripple xXx
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Beitrag von Tripple xXx »

Du denkst zu viel das ist das Problem :D aber das habe ich auch,ich denke oft viel zu viel drüber nach wie ich es spielen sollte etc. also einfach mal drauf loszulegen.
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MartinToepler
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Beitrag von MartinToepler »

Hallo miteinander,
danke für die Antworten:). Der `Fehler´ war nur ein Beispiel für die Unterbrechung der Abfolge von Griffen und Tönen. Wenn ich diese Abfolge ändern möchte, muss ich denken und dann funktioniert es nicht.
Z.B wie ist es bei einer Improvistation. Kann ich überhaupt nicht.
Habt ihr die Melodie vorher oder beim Spielen im Kopf, oder laufen die Finger von selbst übers Griffbrett. Habt ihr dabei den theoretischen Überbau Akkordaufbau Melodieaufbau abrufbar.Die große Kunst ist wohl unbewußt und ohne Denken den Theoriekram verinnerlicht zu haben. Da habe ich noch einen weiten Weg vor mir.

Grüße von Martin
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scifi
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Beitrag von scifi »

Dann läuft es bei mir anders als bei euch.
Am besten spiele ich, wenn ich mir die Musik parallel "innerlich" vorspiele und quasi vorsumme, was als nächstes für ein Ton oder Akkord oder was auch immer kommt. Ich spiele also die Musik im Kopf und übertrage dann die entsprechenden "Befehle" an meine Finger. Leider finde ich das super anstrengend. Wenn ich aber nur meine Finger machen lasse und ihn beim Rumwuseln zuschaue, bin ich extrem von meiner Tagesform abhängig. Das kann dann sehr gut gehen - aber oft auch völlig in die Hose (insb. bei Auftritten ;-).

Die größte Herausforderung finde ich nach einem harten Arbeitstag mich mental auf die Musik und die dazu notwendige Konzentration einzustellen. Wie ich den "Switch" hinbekommen soll, habe ich bislang noch nicht rausgefunden (auch wenn es mit zunehmender Übung etwas leichter geht)
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wuwei
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Beitrag von wuwei »

Hallo Martin,

ich meine, der "Trick" liegt darin, von Anfang an zu spielen und nicht zu üben. Ähnlich wie RB das beschrieben hat, oder wie's Finnes von seinem Gitarrenunterricht schreibt. Selbst eine neue Technik läßt sich spielend erarbeiten, was meint, daß man vom ersten Versuch an bemüht ist Musik zu machen, auch wenn man seine Finger noch gar nicht im Griff hat.

Der Vorteil dieser Herangehensweise ist, daß das Ohr von Anfang an die Finger steuert und nicht der Kopf. Sicher wird es so länger dauern, bis man ein Stück oder eine Technik drauf hat, aber was man dadurch drauf hat ist eben Musik, und keine leere Hülse, die, so die Vorstellung, dann, wenn man sie kann, mit Musik gefüllt werden könnte. Das halte ich für einen großen Irrtum, und spätestens dann, wenn man psychisch unter Druck gerät, z.B. in einer Aufnahme- oder Vorspielsituation, wird man wieder in's Üben zurückfallen, sprich: der Kopf wird wieder die Kontrolle übernehmen, damit wird auch wieder das Bewußtsein vorherrschen, man dürfe keine Fehler machen, was wiederum den Druck verstärkt....

Vielleicht ist's gut sich bewußt zu machen, daß die Urform des Musizierens der Gesang ist. Als Sänger aber, kann ich keinen Ton hervorbringen, von dem ich keine Vorstellung habe, den ich also zuvor in mir hören muß, um ihn auch intonieren zu können.

Ein Instrumentalist, der sein Instrument nicht als seine Stimme begreift, und mit ihm Töne formt, wie es ein Sänger mit seiner Stimme tun würde, wird ihm auch keine Musik entlocken können. Er wird immer nur Schreibmaschine schreiben, wenn auch vielleicht auf hohem Niveau. Bei einer Improvisation wird dieser Zusammenhang ja ganz deutlich.

Herzlichen Gruß, Uwe
"A Harf’n g’hert in ka Symphonie;
i’ hab’ ma nöt helf’n könna."
(Anton Bruckner über seine 8.)
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

Ich denke nicht, ich spiele. Wenn ich denke, denke ich an Sachen, die mit dem Spielen nichts zu tun haben. Das stört, lenkt ab.

Das Lied möchte meine ungeteilte Aufmerksamkeit. Und dabei ist es mir egal, ob ich es so spiele, wie es irgend jemand auf Tabulatur oder in Noten vorschreibt oder nicht. Auch weigere ich mich, mir die Mühe zu machen, einen bekannten Musiker 1:1 nachzuspielen. Die machen ihr Ding, ich mache meins. Die Freiheit nehme ich mir. Ich spiele die Lieder so, wie ich sie fühle, wie ich sie empfinde. "Fehler" sind dabei völlig unbedeutend, so man Abweichungen von einem Vorspieler/dem Urlied überhaupt als "Fehler" bezeichnen möchte.

Und dafür muss ich nicht denken.
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"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
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notenwart
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Beitrag von notenwart »

Ich spiele am besten, wenn ich nicht an irgend etwas denke, sondern mich auf die Musik konzentrieren kann (Wenn ich daran denke, dass ich noch dies und jenes machen muss, dann sollte ich das erst einmal erledigen)

Zudem gelingt es mir, ein durchschnittlich kompliziertes Stück in sein harmonisches Gerüst zu zerdenken und mir dieses zu merken. Das hilft dabei, die Musik und nicht nur die Bewegungen im Kopf zu behalten. Natürlich müssen trotzdem die Bewegungsabläufe und Fingersätze trainiert werden.
So ist es aber möglich, ein Stück an nahezu jeder Stelle zu beginnen und von dort weiter zu spielen. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass wenn man das nicht kann (an beliebiger Stelle beginnen), man das Stück noch nicht kann.
Wichtig dazu ist, die einzelnen Noten eben den Drei (Mehr)klängen zuzuordnen. So kann man sich bspw das von KerstinMuc neulich besprochene Stück (http://www.fingerpicker.de/forum/viewtopic.php?t=13334) recht einfach als d-d-G-C-a (usw) merken. Wenn man dann die Melodie im Kopf hat, diese quasi singt (wie hier im Thread ja schon genannt) kann man sich auch nicht mehr wesentlich verspielen. Vielleicht nimmt man einen andren Bass, als der Komponist vorgesehen hat oder hält einen Note zu lang, ok, aber das Lied als solches steht dann schon mal.
Und dann kann man auch ein wenig improvisieren.
TorstenW
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Beitrag von TorstenW »

Ist bei mir total unterschiedlich, und maßgeblich von Art und Komplexität des Stückes abhängig.

So Sachen die ich jahrelang spiele, zB. Sachen mit der Band, kann ich spielen ohne überhaupt an irgendwas musikalisches zu Denken. Da kann es schonmal vorkommen, dass ich über Dinge nachdenke, die ich noch erledigen muss, oder mich einfach treiben lasse.

Bei Stücken, die mich wirklich herausfordern hab ich dann meistens eine ganze Reihe von "Erinnerungen" auf die ich zurückgreife.
Das können spezielle Griffe sein, die sonst nicht so gebräuchlich sind, bestimmte Fingersätze, oder Töne.
Da läuft bei mir dann auch generell die Musik im Kopf mit. Ich kann eigentlich alles was ich spiele mitsummen und hab auch eine Vorstellung von der Harmonie. Nicht immer konkrete Akkorde, aber ein Gefühl dafür, so dass ich richtig und falsch unterscheiden kann.
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