Der Gitarrenlehrer

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

Moderatoren: jpick, RB, Gitarrenspieler

Antworten
Benutzeravatar
Silver
Beiträge: 238
Registriert: Sa Feb 12, 2011 9:45 pm

Der Gitarrenlehrer

Beitrag von Silver »

hi Leut, einerseits würde mich sehr interessieren, wer von euch Gitarrenschüler hat, also Gitarrenspielen unterrichtet und wie lange schon.
Weiss nicht ob ihr dies hier rein schreiben wollt.

Zum Anderen ist meine Frage, „darf“ der Schüler auf seine Vorlieben bestehen ohne erst zwei Jahre Basisarbeit zu absolvieren was eigentlich in jedem Bereich sinn macht. Kenne selbst Leute die erzählen dass sie (mit den jugendlichen Flausen) ihren Gitarrenlehrer gleich zu Beginn angebettelt haben, komm, bring uns halt dieses Lied bei, was dann trotzdem nicht zu großem Durchhaltevermögen geführt hat.
Benutzeravatar
thust
Beiträge: 2444
Registriert: Mi Feb 16, 2005 9:36 am
Wohnort: Rieder/Harz
Kontaktdaten:

Beitrag von thust »

Moin,
ich habe Gitarrenschüler und versuche immer auf deren Wünsche einzugehen, da ich der Meinung bin, dass die dann viel motivierter sind.
Natürlich muss es zum Stoff oder zum Sand des Könnens der Schüler passen.

Gruß Andreas
Benutzeravatar
jafko
Beiträge: 918
Registriert: Mo Mai 29, 2006 10:18 pm
Wohnort: Herscheid im Sauerland

Beitrag von jafko »

Genau deine Frage ist das generelle Problem. Da ist Fingerspitzengefühl gefragt. In manchen Fällen könnte ein Deal nützlich sein. ZB. Immer abwechselnd 1 Std. Basics und eine Std. das Wunschstück.
http://www.wolfgang-meffert.de" onclick="window.open(this.href);return false;
Benutzeravatar
Holger Hendel
Beiträge: 11973
Registriert: Do Feb 17, 2005 7:18 am
Wohnort: Soltau, Niedersachsen
Kontaktdaten:

Beitrag von Holger Hendel »

Kenne selbst Leute die erzählen dass sie (mit den jugendlichen Flausen) ihren Gitarrenlehrer gleich zu Beginn angebettelt haben, komm, bring uns halt dieses Lied bei, was dann trotzdem nicht zu großem Durchhaltevermögen geführt hat.
Fingerspitzengefühl! Absolut. Das muss man haben. Ich erlebe es leider relativ oft, dass die Nachwuchs-Gitarrenhelden, die mich aufsuchen mit "reiner Klassik" angefangen haben. Ihnen wurde eine Technik vermittelt, auf die ich selbst sehr neidisch bin (da bin ich ganz ehrlich; ich kam nie in den Genuss eines solch konsequenten Drills). Das Fatale, was dann offenbar passiert ist: der musikalische Tellerrand, das Aufzeigen des mit der Gitarre Möglichen ist nie passiert und der Schüler hat schlichtweg die Lust an der Musik und an der Gitarre verloren - die hocken Lustlos hinter dem Instrument und jegliche Spur rock´n roll scheint sich verflüchtigt zu haben. Tragisch. Ich versuche dann Stücke zu finden, die einerseits für den Schüler einen recht hohen rock´n roll-Faktor haben und gleichzeitig technisch an das anknüpfen, was die Jungs und Mädels schon unter den Fingern haben - z.B. das ausarrangierte zweistimmige Solo von "Hotel California", beide Stimmen gespielt auf den drei hohen Saiten; das geht prima mit 3-2-1 für die re. Hand oder halt im flatpicking. Da ist ein relativ schnelles Erfolgserlebnis sehr wahrscheinlich und auf der "klassischen Grundlage" aufbauend geht vieles sehr flott.

Wenn jedoch die Wünsche in krassem Missverhältnis zum mittelfristig machbaren stehen und sich der Schüler dennoch beratungsresistent zeigt: da hilft mMn nur machen lassen. Den aussichtslosen Versuch unternehmen und ihn das Stück in Strecken üben lassen - mit dem Ziel des Erlebenlassen einer Bruchlandung. Sobald der Schüler merkt, dass es wirklich nichts wird greift Plan B (der muss aber lückenlos an das Frustrationserleben anknüpfen!): ein Stück, eine Etüde, halt irgendwas - das absolut machbar ist und stilistisch dem Wunschstück sehr nahe kommt. Das klappt und dann kommt dieser magische Moment wo man sagen kann: "Ich hab´s doch gleich gesagt...". 8)
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
wuchris
Beiträge: 4326
Registriert: So Nov 25, 2007 11:08 am
Wohnort: Regensburg

Beitrag von wuchris »

Ich hatte 4 Jahre lang zw. viele Schüler. Konnte aber irgendwann nicht mehr weitermachen, da ich a) zu viel studierte und b) ich das nicht-Üben nicht mehr abkonnte ;)

Ich unterschied:
-Willig und Fähig
-Willig aber nicht fähig
-Nicht willig aber fähig
-Nicht willig und nicht fähig

Bei Schülern der ersten beiden Kategorien wich ich vom "Lehrplan" ab und sorgte für Abwechslung.
Bei den anderen beiden Kategorien gings nach dem Fridolin. Versuche, etwas anderes (z.b. von ihnen vorgeschlagenes wie "green day" oder "FC Bayernhymne") zu spielen scheiterte meist kläglich mangels interesse.
Gottseidank waren in den ersten beiden Kategorien etwa 10 Schüler und den anderen maximal 3 ;)

Hab irgendwann festgestellt, das speziell jüngere Kinder meist nur spielen, weils der Oma so gut gefällt, wenn unterm Weihnachtsbaum was rumgespielt wird und daher ein 5er mehr raus springt. Spricht man dann mit den Eltern darüber, dass "seit Wochen nix mehr vorwärts geht" sagen die oft: "egal", worauf ich dann auch schon mal dringendst empfohlen hab das Kind rauszunehmen und weitere Torturen - nix anderes ist es, wenn man von Eltern "genötigt" wird, was zu üben, was keinen Spaß macht - zu ersparen.

Ich musste allerdings erfahren, dass das nicht alle Lehrer so machen und es auch mal bei dem gequäle (für sich und den Schüler) belassen, weil sie sonst mitten unter dem Jahr eine Pause im Programm hätten und voraussichtlich keiner nachrückt... kann ich auch verstehen, wenn man davon lebt.

Ich hatte 8 Jahre klassischen Klavierunterricht, von der ersten Klasse an.
Angeblich war ich ein begabter Schüler. Dennoch wurde mir von meiner g'studierten Lehrerin stets klassiches aufgebrummt. Ich wollte aber Piano-Boogie-Woogie spielen. Das durfte ich auch.... STRIKT NACH NOTEN! Spielte ich auswendig mit Modulationen, was ich konnte, wurde ich verbessert, dass da was anderes stand.
Ende vom Lied war, dass ich dann aufhörte, als ich alt genug war und dann bis vor einigen Jahren nicht mehr gespielt hab. Die hats mir versaut.

Demenstprechend wollte ich dann ein besserer Lehrer sein, was mir offenbar gelang ;)
Benutzeravatar
Bemalu
Beiträge: 293
Registriert: Mo Feb 14, 2005 9:07 am
Wohnort: CH-Oftringen
Kontaktdaten:

Beitrag von Bemalu »

Hallo

ich habe zur Zeit 19 Schüler zwischen 7 und 68 Jahren. Die Frauenquote beträgt 33 Prozent. Ich unterrichte im Einzelunterricht mit wöchentlichen Lektionen à 60 Minuten.

Ich gehe soweit als möglich auf die Wünsche des "Kunden" ein. Wobei ich von Anfang an klarmache, dass ich bei einigen wenigen Punkten hart bleibe, zum Beispiel muss der Schüler bereits sein, die Fingernägel seiner linken Hand kurz zu halten. Auch ein kurzer "Theorieblock" in jeder Lektion ist bei mir Pflicht. Bei Fingersätzen bin ich ziemlich streng, und in den ersten 2 Jahren muss man bei mir immer beides Flatpicking (Plektrum) und Fingerpick (Zupfen) lernen. Danach entscheidet der Schüler. Liedervorschläge der Schüler versuche ich immer einzubauen.

Bema


PS: Bei meinen Schülern sind die Barré-Akkorde mit Abstand das grösste Problem. Hat Jemend einen Tipp, wie man F, Hm und Konsorten lernt ?
Matrtin-D-41 / Yahama LLX-16
Benutzeravatar
Manati
Beiträge: 3961
Registriert: Sa Apr 19, 2008 5:04 pm
Wohnort: Schläfrig-Holstein

Beitrag von Manati »

Bemalu hat geschrieben:Hat Jemend einen Tipp, wie man F, Hm und Konsorten lernt ?
Kapo ins III. oder V. Bund setzen und dort üben. Die schmaleren Bünde machen die fiesen ersten Barrégriffe etwas einfacher. Sitzen sie in den höheren Bünden gut, kann man immer noch das Griffbrett wieder "runterwandern".
"Real stupidity beats artificial intelligence every time."
Terry Pratchett, 1948 - 2015
Benutzeravatar
Davanlo
Beiträge: 1338
Registriert: Do Jan 12, 2006 8:02 pm
Wohnort: Lüttich (BEL)
Kontaktdaten:

Beitrag von Davanlo »

Ich unterschied:
-Willig und Fähig
-Willig aber nicht fähig
-Nicht willig aber fähig
-Nicht willig und nicht fähig
Mir fällt gerade ein das ich das auch mache ... ich passe mich an, meist hab ich aber einige Stücke die "Zwang" sind, denn sie beinhalten Technische Sachen ohne die man einfach nicht weiter kann. Fingerpicking ohne Wechselbass oder Daumen-Zeigefinger-Läufe "à la Gary Davis" gzu beherschen eht nicht. Es sind Fundamente.

Es ist auch verschieden ob es Individuell oder eine Gruppe ist.

Anderseits bin ich auch nicht genug bezahlt um spezifisch auf jeden Sonderwunsch einzugehen ... ok, für Anfänger, Begleitung oder solches geht es noch, aber da müsste ich auch bei fortgeschrittenen Material spielen womit ich nicht viel anfangen kann. Wenn ich dann einen Schüler der Klasse "Willig und Fâhig" treffe, bin ich auch mehr motiviert als wenn das Stuck an dem ich einige Zeit spende am Ende nur so halb gespielt wird. Nach de Motto:fragt "Tommy Emmanuel und kann Freight train nicht spielen". Und Prinzipiell zwinge ich mich was ich unterrichte auch einigermassen ordentlich spielen zu können.

Sinn der Sache ist es auch die Kompetenz selber Sachen zu lernen zu erbauen. Ist zwar Lehrer-Selbstmord aber viele Sachen die ich im Unterricht gebe dienen dazu auch selber was lernen zu können.
Ulrich Peperle
Beiträge: 643
Registriert: Do Sep 01, 2005 1:27 am

Beitrag von Ulrich Peperle »

[Beitrag vom Verfasser entfernt]
Zuletzt geändert von Ulrich Peperle am Sa Apr 09, 2016 1:50 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Manati
Beiträge: 3961
Registriert: Sa Apr 19, 2008 5:04 pm
Wohnort: Schläfrig-Holstein

Beitrag von Manati »

Ulrich Peperle hat geschrieben: immer mit dem "großen Barré" anfangen, die dabei häufig auftretenden klanglichen Unsauberkeiten im Bereich der 3. und 4. Saite kann man anfangs getrost tolerieren.
Mein Schwachpunkt ist eher die B-Saite ... *seufz*
"Real stupidity beats artificial intelligence every time."
Terry Pratchett, 1948 - 2015
Ulrich Peperle
Beiträge: 643
Registriert: Do Sep 01, 2005 1:27 am

Beitrag von Ulrich Peperle »

[Beitrag vom Verfasser entfernt]
Zuletzt geändert von Ulrich Peperle am Sa Apr 09, 2016 1:50 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Benutzeravatar
Manati
Beiträge: 3961
Registriert: Sa Apr 19, 2008 5:04 pm
Wohnort: Schläfrig-Holstein

Beitrag von Manati »

Danke für die Tipps. Ich glaube, dass ersteres auf mich zutrifft; "Zange" greife ich nicht wirklich. Manchmal übe ich "Barré ohne Daumen", und das Ergebnis ist gar nicht so schlecht. Die Streckung des Zeigefingers ist schon in Ordnung, und der Daumen hält nicht mit aller Macht dagegen.
"Real stupidity beats artificial intelligence every time."
Terry Pratchett, 1948 - 2015
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20118
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Versuche mal, den Zeigefinger leicht auf die Seite zu rollen (als wolltest Du das Handgelenk etwas in Richtung Korpus bewegen).
Antworten