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Warum singt eine Menschenmenge immer richtig?

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 11:46 am
von Krümel
Gestern ist es mir wieder aufgefallen, als ich beim Konzert von Bruce Springsteen war.
Wenn das Publikum mitsingt, dann klingt es insgesamt so, als würde es richtig singen... Es gibt aber doch genügend Leute, die nicht richtig singen, wieso klingts als Gesamtes dann aber trotzdem richtig?

Singen die meisten richtig und der falsche Rest ist verschwindend gering? Kann ich mir fast nicht vorstellen...

Blendet man die falschen Sänger aus und hört nur das was man hören will?

Das frag ich mich echt schon ewig.... Ich bin gespannt auf die Lösung. ;)

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:01 pm
von TorstenW
Ich glaube du bildest dir nur ein, dass das richtig klingt, weil es so ein Klangbrei ist. ;-)

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:04 pm
von Tonsen
Ich würd sagen, das liegt daran, weil jemand vorsingt... Würde Bruce vor der Menge stehen und sagen "3, 2, 1... LOS" hätte ja keiner einen Referenzton...

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:09 pm
von ralphus
- Die Richtigsinger singen lauter
- die Falschsinger singen leiser
- es gibt mehr Richtigsinger als Falschsinger
- die richtig guten Richtigsinger wissen, dass sie richtig singen und "ziehen" diejenigen, die nur so ungefähr richtig singen können, mit
- Die Band mit Begleitung tut das Übrige
- Die Mitsingpassagen sind häufig die einfacheren.
- Evtl. ist Deine Wahrnehmung falsch, denn dieses Video zeigt (sorry nix gefunden ohne lästige Werbung...), wenn man "höhere" Maßstäbe ansetzt, ist es doch nicht so weit her mit den Fähigkeiten des Publikums...
Und obwohl uns Castingshows immer wieder weis machen wollen, dass es viel Leute gibt, die nicht singen können, gibt es offensichtlich doch eine menge Leute, die es hinbekommen.

Alles ohne wissenschaftliche belegbaren Vermutungen, aber mit ;-)

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:15 pm
von flyingshoes
vermutlich sind das alles meistersinger!

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:20 pm
von Tonsen
Wenn man in einer singenden Menge steht geht man automatisch mehr aus sich heraus, hat weniger Hemmungen seine Stimme zu erheben...

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:34 pm
von Herigo
These!

zwei stimmen sind nie identisch, weder im timing, vibrato noch in der intonation, wären sie das würde man keine zwei stimmen hören.

deshalb hört man auch die "größe" des chores, das wirkt angenehm, - angenehmer als eine einzelne trockene exakt richtige stimme. modulationseffekte machen sich das zu nutze, - chorus!

ein breiter klang wird als angenehm, bzw. beindruckend empfunden, daher wohl auch die annahme, dass es richtig ist.

schon doppelchörige instrumente nutzen diesen verbreiterungseffekt, das kann man leicht an einer 12 string feststellen, in der regel kann sie rein technisch gesehen nie so genau intonieren wie eine 6 string, die kompensation ist schlechter, bzw. nur sehr aufwendig realisierbar.

außerdem kann sich zu hoch und zu tief auch vermischen, macht man oft künstlich bei aufnahmen mit dem detuning-effekt. am ende hört es sich wieder viel breiter und "weicher" an.

auch rhythmische fehler verwischen, beim klatschen entsteht ein brandungsänliches geräusch, fast ein rhythmisches rauschen.

selbst der hall effekt macht nix anderes als phasen und zeitverschiebung, was ebenfalls zum verwischen (verbreitern) führt.

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 12:42 pm
von Manati
Wenn im 30-köpfigen Chor zwei, drei Personen falsch singen, hört man das nicht oder kaum - es sei denn, sie sind besonders lautstark ...

Außerdem "ziehen" die richtig singenden Sänger die Falschsänger oft "mit", die korrigieren sich dann selbst.

Oder auch nicht. Manche hören's einfach nicht.

Mein Chorleiter sagt immer: "Unter 1.000 Menschen gibt's höchstens drei, die wirklich nicht singen können."

Letztes Jahr musste er (nachdem wir fast ein Jahr lang seeehr viel Geduld aufgebracht hatten) schließlich eine Wannabe-Tenörin diskret bitten, sich abzumelden; es war einfach zwecklos mit ihr, sie hörte es einfach nicht, dass sie nie den richtigen Ton traf. Er meinte dann unter vier Augen, na ja, das wäre dann ausnahmsweise wohl Nr. 4 unter 1.000 gewesen ...

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 1:01 pm
von scifi
Herigos Thesen finde ich sehr interessant.

Ich habe bei Amateur-Kirchenchören schon öfter den Eindruck gehabt, dass niemand im Chor solo die Stücke auch nur annähernd so singen kann, wie sie gedacht sind. Alle zusammen haut dann aber erstaunlich gut hin. Zumindest deutlich besser als wenn ich 10 Solo-Vortäge "im Geist" übereinander lege. Und der Hall in einem Kirchensaal kann so einiges an falschen Tönen "platt bügeln".

Ich bin aber sicher dass die Orientierung an anderen Stimmen eine ganz wesentliche Rolle spielt. Wenn ich dann mal versuche alleine zu singen, verfehle ich sehr oft (leider massiv) die Töne. Wenn ich eine Gitarrenbegleitung zur Orientierung habe, klappt es gleich viel besser. Banal, aber wenn mehrere Menschen singen, dann funktioniert das bestimmt nicht anders.

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 1:07 pm
von ralphus
scifi hat geschrieben:Herigos T... Alle zusammen haut dann aber erstaunlich gut hin. Zumindest deutlich besser als wenn ich 10 Solo-Vortäge "im Geist" übereinander lege. ...

Banal, aber wenn mehrere Menschen singen, dann funktioniert das bestimmt nicht anders.
Schwarmintelligenz!! ??

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 1:19 pm
von Manati
scifi hat geschrieben:Wenn ich dann mal versuche alleine zu singen, verfehle ich sehr oft (leider massiv) die Töne. Wenn ich eine Gitarrenbegleitung zur Orientierung habe, klappt es gleich viel besser.
Ein Freund von mir, mit dem ich oft Musik mache, hat das Problem, dass er stimmlich den Einstieg nicht packt. Meistens liegt er bös daneben. Gebe ich vor, kommt er aber meistens problemlos "rein" und bleibt dann auch "drin". Schwieriger wird es, wenn er die Melodie halten soll, während ich eine Zweitstimme dazu improvisiere ...

Nicht jeder hat das Talent, bei Vorgabe von ein, zwei Akkorden stimmlich den richtigen Anfangston zu finden. Das war mir früher gar nicht so richtig bewusst; mir fällt es leicht.

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 2:13 pm
von scifi
ralphus hat geschrieben: Schwarmintelligenz!! ??
So könnte man das sicher auch versuchen zu betrachten.
Also irgendwie systemtheoretisch. Ein guter Chor wäre dann eine Art von selbst ausstreuendem System, dass sich an der vorgegebenen Partitur als abstrakte Zielvorgabe orientiert. Die Abweichungen in der Ausführung durch die einzelnen Akteure wird über verschiedene Feedback-Mechanismen und schiere Mengeneffekte ("es singen immer genügend Akteure richtig genug, um die Abweichler zu übertönen") korrigiert und ausgeglichen. Aus Sicht der Zuhörers kommt es zu so was wie "Emergenz".

Bei einem schlechten Chor funktionieren die Korrekturen dann eben nicht ausreichend genug und aus "gut gemacht" wird "gut gemeint".


(Da könnte man sicher eine tolle Doktorarbeit drüber schreiben, die niemand hinterher mehr lesen möchte ;-)

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 2:41 pm
von Pick Mac
Gotthilf Fischer hat so lange vorgebaut, das musste ja irgendwann Früchte tragen!

http://www.youtube.com/watch?v=cffYwMNqMns

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 2:55 pm
von Ulrich Peperle
[Beitrag vom Verfasser entfernt]

Verfasst: Fr Jul 13, 2012 5:45 pm
von clone
Manati hat geschrieben: Mein Chorleiter sagt immer: "Unter 1.000 Menschen gibt's höchstens drei, die wirklich nicht singen können."
Ja, aus einigen Denkschulen kommen solche Aussagen. Aber man braucht blos einmal Menschen allein singen zu lassen (oder allein zur Gitarre/Klavier) und man wird schnell eines besseren belehrt... .