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Ein Hoch auf das Älterwerden!

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 12:47 pm
von koppots
Hallo zusammen,

gestern hat ein Zuhörer zu mir gesagt, ich würde "schluddrig" spielen. Er meint wohl nachlässig. Und, was soll ich sagen, er hat recht.

Mir ist es wurscht, wenn eine Saite mal abgedämpft ist, obwohl sie klingen sollte, ebenso stört es mich nicht, wenn es mal schnarrt. Früher hätte mich sowas wahnsinnig gemacht, aber inzwischen... egal.

Auch dieses mulmige Gefühl vor Zuhörern ist verschwunden. Es gab Zeiten, in denen ich keinen Lagerfeuerakkord greifen konnte, weil ich so verkrampft und zittrig war. Irgendwann mit 25 habe ich aufgehört, vor Publikum zu spielen.
Auch das hat sich erledigt. Klar, ein wenig Nervosität bleibt, aber das ist wohl auch normal und nicht schädlich. Ich habe inzwischen Spaß an Publikum, früher undenkbar.

Ich bin traurig, dass ich diese Einstellung nicht schon vor 30 Jahren hatte, vieleicht wäre ich heute reich und berühmt...

:rotfl:

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 12:59 pm
von Herigo
ich teile deine meinung nicht, mir ist es zunehmend zuwider so unsauber zu spielen. ich hasse es und ich geisle mich mit übungen.

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 1:14 pm
von Manati
Zwar stimmt es meiner Erfahrung nach grundsätzlich, dass die Gelassenheit im Alter zunimmt, aber mein Anspruch an mich selbst ist eher gestiegen.

Eine Saite, die wegen schlampig gesetzter Finger verstummt, obwohl sie weiter klingen sollte, oder ein Basston, der scheppert, weil ich unsauber greife - das ärgert mich durchaus und lässt mich ganz und gar nicht kalt.

Und vor Publikum (oder bei laufendem Aufnahmegerät) spiele ich sowieso eher nicht so gut, weil ich mich nicht entspannen kann. Da fehlt mir offenbar die Übung.

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 1:31 pm
von antaisce
Wenn die Musik großartig ist, braucht sie keine Perfektion. Es sei denn, man spielt Bach. Dann ist es ganz praktisch :wink:

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 2:48 pm
von string
Ich glaube den Anspruch ein Stück möglichst sauber hinzubekommen
werde ich nie aufgeben, schon deswegen, weil ich nur Stücke
nachspiele bzw. einübe, die mir viel bedeuten.
Den mehr oder weniger großen bzw. kleinen Frust, wenn es sich nicht so entwickelt, muss ich leider aushalten.
Deswegen stelle ich aber die Gitte nicht in die Ecke.
Ohne ein gewisses Leistungsziel fehlt vielleicht auch die Motivation, die eine
Weiterentwicklung mit sich bringt.
Aber jeder so, wie er eben kann oder möchte.

Gruß
Klaus

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 4:29 pm
von berndwe
Ich versuche nach wie vor noch sauber zu spielen, aber je älter ich werde umso weniger betrachte ich es als Drama wenn beim Vortrag vor Publikum mal was daneben geht. Vor Publikum sollte man nachsichtig mit sich selbst sein, dann ist man lockerer und spielt besser. Manche müssen für diese Einsicht aber nicht extra erst alt werden so wie ich ;-)

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 4:57 pm
von RB
Das Schöne am Älterwerden ist, daß es ganz von alleine frei Haus kommt und kostenlos ist. Von welcher Dienstleistung kann man das wohl heute sonst noch sagen ?

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 5:40 pm
von Bernd C. Hoffmann
Z. B. von den Zipperlein, die im Alter kommen.

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 5:44 pm
von PeterR
Hallo!
Ich lasse meine Stücke nur andere hören, wenn ich damit zufrieden bin.
Und das kann laaange dauern :-)
Wenn du vor Publikum unsauber spielst, wirst du dich wundern, wie schnell es die Runde macht, das du nicht wirklich spielen kannst. Und solche, sorry, berechtigten Kommentare würden mich im Boden versinken lassen.
Meine Meinung ;-)

Nette Grüße
Peter

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 7:50 pm
von string

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Z. B. von den Zipperlein, die im Alter kommen
Na ihr Weißkopfadler, wolln wir nicht einen Zipperlein-Thread eröffnen
Dann können sich die Jüngeren schon mal darauf einstellen. :shock:

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 10:06 pm
von rum315
Hallo.
Ich glaube das mit dem sauberen Spielen hängt damit zusammen wie ambitioniert deine Ziele sind. Zumal bei Auftritten durch Nervosität oder ungewohnten Ablenkungen (Hey! Da sitzen ja Leute) schon mal Patzer passieren, die in der gewohnten Übungsumgebung nicht passieren.
Natürlich soll man vor einem Auftritt sicher die Stücke Spielen können, die man vortragen will. Aber auch da begrenzt das eigene Empfinden und eventuell das Können.
Ich bekenne mich hiermit zum Unsauberen Spielen. Ich spiele Gitarre als Hobby und bin Autodidakt. Wollte ich berühmt werden (oder auch nur lokal begrenzt) und professionell und ausschließlich mit Musik Geld verdienen, müsste ich sicher sauberer spielen.
Ich glaube jedoch das auch ein Hobbymusiker mit viel Herz und Seele beim Spielen das Publikum gut unterhalten kann.

Ist aber nur meine Meinung und kann gerne von euch anders gesehen werden.

Grüße aus der Pfalz
Ralph

Verfasst: Sa Jul 26, 2014 10:56 pm
von scifi
Ich bin immer wieder erstaunt, was mir die Zuhörer durchgehen lassen, ohne mich zu steinigen ;-) Eigentlich muesste mich das locker machen :-)

@ koppots...

Verfasst: So Jul 27, 2014 8:55 am
von tbrenner
Hängt doch ein bisschen vom Genre ab, in dem man sich bewegt:
Klampfe + singe ich vor kleinem Publikum ein paar Gassenhauer zum Mitsingen, wird doch großzügig über allerlei Schnitzer weggesehen; Hauptsache die Stimmung ist gut. Bringe ich dagegen irgendwelche Solo-Fingerstyle-Stücke zum Vortrage, ist doch jeder - Spieler + Zuhörer - recht dankbar, wenn das weitgehend unfallfrei vonstatten geht.

Mit dem Alter des Spielers hat das für mich dann eigentlich nix zu tun.
Ist aber dann doch die Trennlinie zwischen uns Hobbyisten/Amateuren und dem, was ich als Professionalität einstufen würde.

Schönen Sonntach,

tbrenner :wink:

Verfasst: So Jul 27, 2014 9:27 am
von RAc
...

Verfasst: So Jul 27, 2014 10:16 am
von Paradise
Ich finde beide Seiten haben Recht.

An mich selbst stelle ich hohe Ansprüche bezüglich der Sauberkeit des Spiels
und übe täglich, sogar mit Metronom.
Aber inzwischen (kam wohl mit dem Alter) habe ich gelernt, dass es vor
Publikum wirklich nicht schlimm ist, wenn man mal kurz unsauber spielt.
Es darf natürlich nicht ständig sein.

Mit meiner Gruppe mache ich Folk-Musik und habe von Zuhörern schon oft
gesagt bekommen, dass sie uns jeden Fehler verzeihen weil wir so viel
Freude und Spaß beim Spiel rüber bringen. Da machen kleine Fehler sogar
eher sympathisch, weil menschlich.
Dieses Wissen macht mich heute bei Auftritten lockerer.

In der klassischen Musik ist das anders. Da muss ernst geguckt und es muss
ernst gespielt werden. Ohne Fehler. Die Menschen, die das können bewundere
ich sehr. Leider bekommen sie für diese Leistung meiner Meinung nach
nicht genug Anerkennung.

L.G. Simone