Bundreinheit - eine Preisfrage?

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Paradise
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Bundreinheit - eine Preisfrage?

Beitrag von Paradise »

Hallo,
ich habe leider mit der Suchfunktion nichts ähnliches gefunden.

Heute stelle ich etwas traurig fest, dass meine 3 Gitarren nicht bundrein
sind. Oder hab ich's an den Ohren....
Bei meiner Hanika hatte ich bisher das Gefühl (oder Gehör) dass es
so einigermaßen stimmt, aber da habe ich auch nur (bei leichten klassischen
Stücken) einen Ausflug in die höheren Lagen gemacht.

Jetzt übe ich einen Song mit Capo im 7. Bund und einem dazugehörenden
Riff ein und es klingt einfach schrecklich. Ich habe es zuerst auf der Cort
probiert. Dann hatte ich die Hoffnung, dass es auf der Seagull besser wäre,
war aber nicht so.
Meine letzte Hoffnung war die Hanika, aber auch da ist es nicht okay.

Alle drei Gitarren kosten weniger als 1000 Euro. Ist das der Grund?
Muss man für bundreine Gitarren mehr bezahlen?

L.G. Simone
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bluesballads
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Beitrag von bluesballads »

Nicht bundrein wäre die Gitarre, wenn du den Capo aufsetzt, dann nachstimmst und DANN alles schief klingt.
Was du meinst, wird die Oktavreinheit sein, die ist um so besser, je flacher die Saitenlage ist und um so sensibler bzw. näher am Bundstäbchen man die Saiten herunterdrückt.
Was du beschreibst, könnte daran liegen,
- dass nicht jeder Capo zu jedem Griffbrett passt: manche üben so viel Druck aus, dass die Saiten einfach zu stark gedehnt werden, manche funtionieren nur in den unteren Lagen brauchbar,
- dass deine Saitenlage grundsätzlich zu hoch,
- dass du den Capo in die Mitte zwischen die Bundstäbchen setzt, so dass die Saiten zu stark gedehnt werden
- dass die Saiten bzw. Gitarren (Nylonstring in höheren Lagen) nicht ideal für Capos sind

Ob es am Capo liegt (wenn der zuviel Spannung ausübt, und das kommt meist in den hohen Lagen vor, da der Hals nach oben hin dicker/breiter wird), erkennst du daran, wenn ein Barreeakkord z.B. im 8. Bund eben nicht solche Intonationsprobleme bereitet.

Hilfreich wäre schon allein, wenn du
- mal sagst, welchen Capo und welche Saitenstärke du verwendest
- misst, wie hoch die Saitenlage im 12 Bund ist
- überprüfst, ob die im 12. Bund gegriffenen Töne den Flagoletts im 12. Bund entsprechen.

Bundunreinheit ist in kleinem Maße möglich, wenn die Bünde heruntergespielt (oder zu hoch) sind, ansonsten sind gerade bei billigen Gitarren die Schlitze für die Bünde sicher per Maschine gesägt, d.h. es geht bei dir um Oktavreinheit, also das Zusammenspiel von Mensur, Position des Steges (und Kompensation am Steg), Saitenstärke, Saitenlage (Höhe von Sattel und Steg) und dem Druck der Finger beim Greifen.
rwe
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Beitrag von rwe »

Noch weitere Möglichkeiten:
- Saiten heruntergespielt oder von vornherein schlecht (ist selten geworden, kann aber immer wieder mal durch Fabrikationsfehler passieren).
- Unsauber gegriffen, in Richtung seitlicher Verschub auf dem Griffbrett. Wenn die Saiten quer zum Griffbrett verschoben werden (was schnell geht, weil das Griffbrett in den höheren Lagen breiter ist), dann macht sich das in den höheren Lagen stärker bemerkbar, da der gleiche Verschub relativ größer ist (Ich weiß nicht, ob das verständlich war. Geometrie: 1mm seitlicher Verschub gibt im VII. Bund einen größeren Winkel und damit eine größere Abweichung als im I. Bund.)
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Paradise
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Beitrag von Paradise »

@bluesballads
Oktavreinheit oder Bundreinheit? Ich weiß selbst nicht genau was ich
meine. Jedenfalls klingt das Solo, das über die D,g und h-Saite geht
wunderbar. Nur wenn ich dann einen ganz normalen G-dur-Akkord greife
klingt die tiefe E-Saite ganz schrecklich daneben. Setze ich das Capo Bund
für Bund zurück, dann wird es langsam besser.

Ich benutze ein Capo von Shubb. Es könnte wirklich sein, dass es zu fest
sitzt. Ich bin noch nicht auf die Idee gekommen mal an der Schraube zu
drehen.
Die Saitenstärke ist bei der Cort und bei der Seagull 11,5, das sind die
Silk&Steel-Saiten von Martin.
Auf der Hanika habe ich die Hannabach Silver-Special in High Tension.

Die Saitenlage im 12.Bund ist bei der Cort 4mm, bei der Seagull 5mm und
bei der Hanika 6mm.
Die Flagoletts erscheinen mir passend, aber ich habe kein besonders gutes
Gehör. Nur dass der G-dur Akkord mit Capo 7 nicht gut klingt, das höre
ich schon.

@rwe
Die Saiten sind noch nicht heruntergespielt, auf der Seagull sind sie seit ca.
5 Wochen, auf der Cort seit 3 Wochen und auf der Hanika seit 1 Woche.
Ich spiele jede Gitarre ca. 3-4 mal pro Woche für etwa eine halbe oder
eine Stunde.
Aber es könnte durchaus sein, dass ich in der hohen Lage unsauber greife.
Daran werde ich noch üben. Aber gerade der G-dur Akkord ist nicht schwer,
auch im 7.Bund nicht. Ich glaube nicht dass ich da viel verschiebe.

Danke dass ihr euch für mich Gedanken macht, ich hatte schon befürchtet,
dass man nur auf teuren Gitarren in den hohen Lagen spielen kann.


L.G. Simone
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

die verstimmungen mit capo sind normal, zumal sie ja auf allen gitarren mit verschiedenen saitenarten auftreten.

man muss bei verwendung von capos immer nachstimmen, vor allem dann, wenn man noch nicht eine passende kompensation für die entsprechende gitarre gefunden hat. es genügt nicht einfach nur nach schema "f" oder einem stimmgerät zu stimmen.
Salud a Familia
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bluesballads
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Beitrag von bluesballads »

Beim Shubb drehe ich ständig an der Schraube, eben weil man z.B. zwischen 3. und 7 Bund nicht wechseln kann, ohne den Andruck zu verändern, der Shubb ist dafür ja schon ein gutes Werkzeug.
Aber auch da sind Grenzen, daher gibt es ihn für dünne Hälse und für dickere, für schmale Griffbretter und breite, für plane und für welche mit Radius.
6mm auf der Hanika (Nylonsaeiten, oder?) sind schon richtig hoch, da werden die Saiten ja über einen halben cm heruntergedrückt, das geht wohl wirklich nicht ohne Nachstimmen. Ist das Griffbrett da nicht plan, also ohne Radius?
Ich habe deshalb 4 Shubbs...
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Paradise
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Beitrag von Paradise »

Hallo,
wieder einmal habt ihr mir sehr geholfen!
Auf die einfachsten Dinge komme ich selbst oft nicht. Es lag, wie Bluesballads
schon vermutet hatte, am zu fest eingestellten Capo.
Ich habe an der Schraube gedreht und schon war es wesentlich besser.

@Herigo
Ja, etwas anders klingt es schon noch, aber damit kann ich leben.
Ich bin der typische Schema-F-Spieler. Grins.

@bluesballads
Ja, die Hanika hat Nylonsaiten und das Griffbrett ist plan.
Ob die Saitenlage zu hoch ist, würde mich auch mal interessieren.
Vielleicht liest hier ein Klassik-Spieler mit?
Aber ich komme mit der Hanika gut zurecht, denn ich spiele nur einfache
klassische Stücke.
Diesen Song mit Capo im 7.Bund wollte ich sowieso lieber auf den
Stahlsaiten spielen.
Also hat sich das Problem, dank eurer Hilfe, schon gelöst.

Vielen Dank nochmal
und liebe Grüße von Simone
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rwe
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Beitrag von rwe »

Paradise hat geschrieben: Ja, die Hanika hat Nylonsaiten und das Griffbrett ist plan.
Ob die Saitenlage zu hoch ist, würde mich auch mal interessieren.
Vielleicht liest hier ein Klassik-Spieler mit?
6mm über dem Griffbrett sind bei klassischen Gitarren nicht unnormal. Das ist nicht besonders niedrig, aber im Bereich des Normalen. Die Hanikas, die ich in der letzten Zeit unter den Fingern hatte, hatten alle keine besonders niedrige Saitenlage (habe sie aber nicht gemessen).
Es335
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Beitrag von Es335 »

rwe hat geschrieben:
Paradise hat geschrieben: Ja, die Hanika hat Nylonsaiten und das Griffbrett ist plan.
Ob die Saitenlage zu hoch ist, würde mich auch mal interessieren.
Vielleicht liest hier ein Klassik-Spieler mit?
6mm über dem Griffbrett sind bei klassischen Gitarren nicht unnormal. Das ist nicht besonders niedrig, aber im Bereich des Normalen. Die Hanikas, die ich in der letzten Zeit unter den Fingern hatte, hatten alle keine besonders niedrige Saitenlage (habe sie aber nicht gemessen).
Das bin ich aber etwas anderer Meinung! 4 mm auf der Bassseite würde ich bei einer Klassikgitarre als "normal" bezeichnen. 6 mm wären für mich bereits "verdächtig". Soweit ich weiß liefert Hanika ihre Gitarren immer mit zwei unterschiedlich hohen Stegeinlagen aus, da würde ich einfach mal die niedrigere probieren. Das sollte das Problem zumindest etwas reduzieren. :wink:

Ich verwende auf meinen Klassikgitarren den Planet Waves CP 04 NS (steht für Ned Steinberger, nur um Mißverständnissen vorzubeugen!), leicht, schnell und einhändig bedienbar und damit muss ich kaum wenn nicht gar nicht nachstimmen ... was bei Nylonsaiten ohnehin immer relativ ist! :wink: :D

PS: Was die Saiten betrifft, so sind die Hanikas ab Werk mit Carbon Saiten von Savarez ausgestattet. Die können auch schon mal Intonationsprobleme verursachen. Das würde für die höheren Lagen dann aber auch ohne Kapo gelten!
Bernd C. Hoffmann
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Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

An dieser Stelle möchte ich in einen kleinen Randexkurs ausweichen, weil es zufällig gerade zum Thema passt.

Ich hatte div. Abhandlungen von Gitarrenbauern gelesen, dass 4,5 bis 6 mm als völlig normal betrachtet werden. Dabei ist aber wichtig, dass der Hals gerade ist. Ich persönlich lehne alles über 5 mm ab. Dabei sieht nach einigen Jahrzehnten mein Erfahurngswert so aus, dass die physikalisch-mathematische Betrachtung des Hubwegs von einem halben cm sich überhaupt nicht auswirkt. Natürlich liegt beim Drücken von 5mm Hubweg eine Materialspannung vor. Ob die aber hörbar ist, wage ich eigentlich zu bezweifeln. Eigentlich, denn hierbei sollte man beachten, dass heute rege Gebrauch von anderen Materialkompositionen in der Produktion gemacht wird, die es früher, d. h. bis ca. 2005 in dem Maße noch gar nicht gab. Ich denke hierbei z. B. an unterschiedliche Carbonlegierungen, Beschichtungen oder die Alchemia von Aquila. Die Abhandlungen sind aus den 90er Jahren und Anfang 2000. Deswegen wäre zu hinterfragen, ob neuere Materialkompositionen sich z. B. bei 5 mm anders verhalten als herkömmliches Nylon.

Was bei der Betrachtung "5 mm könnte arg viel sein" gewaltig hinkt, ist die Feststellung, dass dieses Maß erst am 12. Bund erreicht wird. Je nach Halswinkel liegt man zwischen dem 7. und 9. Bund deutlich darunter, sodass diese Materialdehnung entsprechend geringer ausfällt.

Auch waren Konzertigtarren mit einer Saitenlage von 4 bis 6 mm zu der Zeit nichts außergewöhnliches. Es war nur so, dass ein Trend einsetzte, der durch spanische Manufakturgitarren ausgelöst wurde. Es war eben doch möglich ohne großen Aufwand eine bessere Saitenlage anzubieten. Und wenn das Hauptverkaufsargument - gerade im Einsteiger- und unterem Mittelklassebereich, wo das meiste Geld verdient wird - die Besielbarkeit ist, dann wollen viele Anbieter hieran möglichst nicht scheitern. So hat es den Anschein, wenn jahrelang nur entsprechende Gitarren vorzufinden waren, dass jetzt eine in traditioneller Bauweise mit 6 mm als "außergewöhnlich hoch" erscheint, obwohl sie es wirklich nicht ist.

Die "bessere Saitenlage" kam ursprünglich nur von den "besseren Gitarren". Vgl. hierzu insbesondere die Händlersortimente der 70er und 80er Jahre. Da kosteten Gitarren mit auffällig niedriger Saitenlage deutlich mehr Geld, hatten aber anderweitig mehr zu bieten. Die Frage, was letztlich tatsächlich gut ist, ist eine Frage, die sich nur jeder individuell beantworten muss, denn bei der Gitarrenwahl geht es nicht um gute Bespielbarkeit sondern aus dem Zusammenspiel mehrerer Faktoren, die individuell unterschiedliche Bewertungspräferenzen erfahren. Weiter möchte ich nicht abschweifen.
Liebe Grüße
Bernd
:
Klassik & Flamenco
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Paradise
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Beitrag von Paradise »

Hallo Bernd,
deinen Beitrag finde ich sehr interessant.
Ich liebe meine Hanika und würde auch gar nichts an der hohen Saitenlage
verändern wollen.
Sie hat einen gewaltigen Wumms im Bass. Besonders gerne spiele ich auf ihr
Preludien(schreibt man das so?) mit vielen Bassläufen. Das kribbelt so schön im Magen.
Sie ist Baujahr 1995 und das erklärt wahrscheinlich auch die hohe
Saitenlage.

Ansonsten haben meine 3 Gitarren alle ihre Daseinsberechtigung. Jede hat
ihre Stärken woanders. Deshalb spiele ich auch alle 3 etwa gleich oft.

Danke für den kleinen Randexkurs.

L.G. Simone
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Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

[Beitrag vom Verfasser entfernt]
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