Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

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LaFaro
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von LaFaro »

da soll noch mal einer sagen, dass nichttropische Hölzer unspektakulär aussehen... :wink: 8)
Ahorn kann (auch optisch) "einiges hermachen".... :)
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von Gitarrenspieler »

Ich hab eine Ahorngitarre, klingt anders als meine aus Mahagoni und anders als meine aus Palisander. Klingen alle gut und jede kommt bei den Sachen wo sie gut ist zum Zug. :mrgreen:
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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Bernd C. Hoffmann
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Da die Konzertgitarre angesprochen wurde, möchte ich kurz ein paar eigene Beobachtungen hierzu einbringen.

Bei Konzert- und Flamencogitarren ist Ahorn schon seit Jahrzehnten ein Thema. Lange Zeit gab Ahorn nur in Kombination mit Fichte, weil er ein sehr brilliantes Klangbild unterstützt. Dies konnte ich von der Einstigerklasse bis zum Meisterinstrument durch diverse Tests immer wieder feststellen. Lange Zeit existierte keine Ahorngitarre mit einem guten Bassfundament. Erst 2006, als ich Aussteller bei einem Gitarrenfestival in Münster war, stellte Stefan Rössler auch eine Ahorngitarre aus. Dies war die erste mit einem richtig saftigen Bass, der dem Instrument quasi eine neue "Gangart" bescherte. Ich war sehr überrascht, denn ich dachte ich hätte eine vollwertige Palisandergitarre. Anschließend sprach mit ihm darüber. Er sagte, dass er viel Zeit brauchte und mehrere Bauversuche unternehmen musste, bis er wusste, wie es gemacht wird. Wäre anstelle der Lieblichkeit mehr Aggressivität im Ton, ginge sie auch sehr gute Flamencogitarre durch.

Durch die Mitglieder meines Forums wurde ich schon öfters darauf hingewiesen, dass es inzwischen offenbar Ahorngitarren mit einem guten Bassfundament gibt. Trotzdem lässt meine Beobachtung nicht zu, dass dies auf breiter Ebene der Fall ist. Beispielsweise ist der bessere Einsteiger bis untere Mitteklassebereich an Manufakturgitarren mit Ahornkorpus sehr überschaubar. Hier zeigt sich das bekannte Bild, dass Ahorngitarren i. A. eben kein gutes Bassfundament bereitstellt. Es sind scheinbar nur hochwertige handgebaute Instrumente, die das können.
Daneben gibt es auch Flamencogitarren mit Ahornkorpus, bei denen man jedoch die Bässe mit der Lupe sucht. Die werden wahrscheinlich nur aus Kostengründen angeboten. Klanglich kommen sie an die Schärfe von Zypresse nicht heran. Palisander-Korpusholz erzeugt bei dieser Gitarrengattung mehr Wärme auf Kosten von Schärfe, sowie ein deutlich größeres Spektrum in beide Richtungen (also wie bei Konzertgitarren auch).

Mahagoni ist bei Konzertgitarren das typische Einsteigerholz und liefert einen spektral begrenzten Umfang, der sich hauptsächlich mittig orientiert. Diese Hölzer sind meist nicht lange abgelagert, was auch für die Deckenhölzer gilt. Es gibt aber auch Ausnahmen, wo sehr genau selektiert wird, z. B. bei Hanika. Das mittige Spektrum die Hanika auch, aber durch die Holzqualität klingt sie viel besser als typische Mahagonigitarren.

Walnuss war bei Konzertgitarren schon immer präsent, allerdings meist nur bei Manufakturgitarren ab der unteren Mittelklasse. Es hält den Obertonbereich recht offen, während im Bassbereich nicht so weit herunter geht, wie der verbreitete Indiopalisander. Trotzdem haben mir Walnussgitarren sehr viel besser gefallen als Mahagonigitarren, weil sie nicht diese Mittenlastigkeit haben.

Grundsätzlich bin ich gespannt, was die Gitarrenbauer künftig aus einheimischen Hölzern machen werden. Ich denke, hierbei ist auch eine Experimentierphase im Gange, um die gewohnten Palisandereigenschaften zu treffen. Wenn man das mit Wärmebehandlungen schafft, dann wird sich erst noch zeigen müssen, ob die klanglichen Eigenschaften über die Jahre auch konstant bleiben. Deswegen ziehe ich bewährtes aktuell vor.
Liebe Grüße
Bernd
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LaFaro
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von LaFaro »

Der Punkt ist wohl einfach, dass man beim Bau darauf "Rücksicht" nehmen muss, dass es kein Palisander ist. Diese Erfahrung hat mir Alexander Voss, der meine Ahorngitarre gebaut hat und die für meine Ohren auch im Vergleich zu sehr guten Palisander-Gitarren keinerlei "Bassmangel" aufweist, und auch andere Gitarrenbauer bestätigt. Das dürfte mit anderen Hälzern, ob das jetzt Cocobolo oder Esche ist, aber nicht anders sein...
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chrisb
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von chrisb »

hi,

hab ich noch entdeckt:

der blindtest:
https://www.youtube.com/watch?v=GhssVjSsBKs" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

und mit bild:
https://www.youtube.com/watch?v=RPgpioRTO34" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

konnte es aber noch nicht in ruhe anhören.
chrisb
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docsteve
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von docsteve »

Letzten Samstag war ich in Berlin bei Wolf & Lehmann und habe u.a. eine Gitarre mit Ahornkorpus eines Gitarrenbauers aus Bielefeld angespielt (der Name ist mir leider entfallen, Andreas irgendwas???)

Über mangelnden Bass konnte ich mich da nicht beschweren. War zwar nicht so dominant wie bei einer Hanika mit Palisanderkorpus und Lattice-Bracing, aber ich war erstaunt, da ich Ahorn bisher auch immer mit silbrigen Höhen assoziiert hatte. Für 4.500 EUR darf man aber auch was erwarten :-)

Viele Grüße, Stephan
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tele
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von tele »

Lange Zeit existierte keine Ahorngitarre mit einem guten Bassfundament.
Meine Terzgitarre hat ja einen Ahornkorpus. Für mein Empfinden klingt die nicht irgendwie flach.
Natürlich erwartet man bei einem Instrument dieser Tonlage nicht die Bässe einer "normalen" Gitarre, aber Mangelware sind die Bässe für mein Ohr nicht.
Zum Vergleich habe ich mal das gleiche Stück mit der Terzgitarre aus Fichte- Ahorn und dann mit einer 4/4 Gitarre aus Fichte-Palisander mit Kapo am dritten Bund aufgenommen.
Wenn die 4/4 Gitarre im direkten Vergleich noch etwas bassiger klingt, hat das wohl auch mit dem größeren Korpus zu tun.
Wie bei der von Stephan getesteten Gitarre sind die Bässe bei der Ahornterz nicht dominant, aber doch deutlich vorhanden.
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bookwood
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von bookwood »

docsteve hat geschrieben:Letzten Samstag war ich in Berlin bei Wolf & Lehmann und habe u.a. eine Gitarre mit Ahornkorpus eines Gitarrenbauers aus Bielefeld angespielt (der Name ist mir leider entfallen, Andreas irgendwas???)
Vermutlich Andreas Krüger.
War das ein kleines Modell mit kurzer 63er Mensur?
Gruß
von
Ralf
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Gitarrenmacher
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von Gitarrenmacher »

Wenn die Nase auch mithören würde.........
Ich habe gerade Riopalisander eingestapelt. HERRLICH

Ich würde aber auch den Faden etwas erweitern. Es gibt ja durchaus -ich nenne sie mal- Importhölzer, die z.T.auch aus tropischen Regionen kommen, die sich hervorragend zum Gitarrenbau eignen und die keine Nachhaltigkeitsproblematiken aufwerfen, weil sie in riesigen Mengen vorkommen, bzw. extra zur Holzernte kultiviert werden oder sie unter staatlicher Ausfuhrkontrolle stehen.

Beispiele sind z.B. Mango, Shesham (Dalbergia Sisso), oder auch Tasmanian Blackwood, Clara Walnut, KOA.........
Warum sollten also Birne, Apfel, Nussbaum, Olive........... weniger geeignet sein? Ausschlaggebend ist letztlich die Akzeptanz der Kundschaft und, ein nicht unwesentlicher Punkt, die regelmäßige Beschaffbarkeit in gitarrentauglichen Dimensionen. Wenn man auf stehende Ringe ohne Splintanteil über die gesamte Instrumentenbreite wert legt, muss der Stamm minimum 50cm Durchmesser haben.

Habe gerade Spiegeleiche aus dem Spessart zum Aufsägen geschickt. Wenn sie wieder da ist, poste ich mal Bildchen. Ich glaube, die wird schick aussehen.
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Bernd C. Hoffmann
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

tele hat geschrieben:
Lange Zeit existierte keine Ahorngitarre mit einem guten Bassfundament.
Meine Terzgitarre hat ja einen Ahornkorpus. Für mein Empfinden klingt die nicht irgendwie flach.
Natürlich erwartet man bei einem Instrument dieser Tonlage nicht die Bässe einer "normalen" Gitarre, aber Mangelware sind die Bässe für mein Ohr nicht.
Zum Vergleich habe ich mal das gleiche Stück mit der Terzgitarre aus Fichte- Ahorn und dann mit einer 4/4 Gitarre aus Fichte-Palisander mit Kapo am dritten Bund aufgenommen.
Wenn die 4/4 Gitarre im direkten Vergleich noch etwas bassiger klingt, hat das wohl auch mit dem größeren Korpus zu tun.
Wie bei der von Stephan getesteten Gitarre sind die Bässe bei der Ahornterz nicht dominant, aber doch deutlich vorhanden.
Ich habe nur sehr wenige Terzgitarren getestet, weil sie für meine Schwerpunkte nicht wirklich interessant sind. Es waren alles Ahorngitarren. Dass eine 4/4 Gitarre einen volleren Bass liefert, ist sicher dem größeren Korpus zuzurechnen. Allerdings denke ich auch, dass die Holzqualität und -lagerdauer erheblichen Einfluss auf das Gesamtklangbild nimmt. Das könnte bspw. erklären, dass Deine Terzgitarre neben der in Standgröße eine gute Figur macht.

Die Ahorngitarren, die ich kenne, wurden hauptsächich in den 1990er Jahren und vorher gebaut. Auch kenne ich mehrere vom alten Hannabach, der vor einigen Jahren verstorben ist. Darunter auch die, die er für Pepe Romero gebaut hat. Mit der hatte er in Fulda im Fürstensaal gespielt. Stephan hat es schön beschrieben mit den "'silbrigen Höhen". Genauso kenne ich sie. Schade finde ich, dass dies offenbar noch nicht in die Mittelklasse der besseren Manufakturgitarren durchgesetzt hat. Nicht jeder hat mehrere Tausender für eine Gitarre über.

Und ja, es ist Andreas Krüger. In Bielefeld (ich bin dort gebürtig aufgewachsen) gibt es nur 2 Gitarrenbauer. Der andere heißt Ludger Wannenmacher.
Liebe Grüße
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tele
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von tele »

Beispiele sind z.B. Mango, Shesham (Dalbergia Sisso), oder auch Tasmanian Blackwood, Clara Walnut, KOA.........
Ein Holz hast du nicht genannt: Monkey Pod
Schade finde ich, dass dies offenbar noch nicht in die Mittelklasse der besseren Manufakturgitarren durchgesetzt hat. Nicht jeder hat mehrere Tausender für eine Gitarre über.
Henning Doderer hat als günstigste Konzertgitarre eine aus Ahorn im Programm.
Auf der neuen Website erfährt man leider keine Preise, aber, wenn ich mich recht erinnere, kostet die Ahorn-Fichte-Gitarre etwa 1200 Furo, ist also kein unbezahlbares Luxusinstrument.
Zuletzt geändert von tele am Mo Okt 16, 2017 5:08 am, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von rwe »

Mittelpreisiges unter 1k€ gibt es auch bei Hanika (50 AF, 52 AF) und Hopf (Argon). Habe ich leider alle noch nicht gespielt.

Eine hochpreisige (gebrauchte) Hopf und eine hochpreisige Hanika aus der "24-Hölzer-Serie" gefielen mir vom Klangcharakter sehr gut, sehr trennscharf, "analytisch", ausreichend Bässe auch bei meinem eher schwachen Daumenanschlag. Bei der Hopf habe ich leider nicht schnell genug zugeschlagen, die Hanika konnte ich nicht ganz so dynamisch spielen, wie das Palisander- oder das Makasser-Modell aus der gleichen Testreihe.
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von Gitarrenmacher »

tele hat geschrieben:
Beispiele sind z.B. Mango, Shesham (Dalbergia Sisso), oder auch Tasmanian Blackwood, Clara Walnut, KOA.........
Ein Holz hast du nicht genannt: Monkey pod (Albizia saman)
Deswegen die Punkte...................wenn ich alle in Frage kommenden Hölzer aufzählen würde, sprengte das den Faden.
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Re: Das Auge hört mit - nichttropische vs. tropische Hölzer

Beitrag von gruhf »

Die Ergebnisse eines weiteren Blindversuchs mit sechs Gitarren mit unterschiedlichen Hölzern für Böden/Zargen (Brazilian rosewood, Indian rosewood, mahogany, maple, sapele, and walnut) wurden mittlerweile hier veröffenlicht.

Ergebnis der Studie:
"The results of our study indicate that steel-string acoustic guitars with backs and sides built using traditionally prized, expensive, and rare woods are not rated substantially higher by guitarists than guitars with backs and sides built using cheaper and more readily available woods. The poor ability of guitarists to discriminate under blinded conditions between guitars with backs and sides made of different woods suggest that back wood has only a marginal impact on the sound of an acoustic guitar" [ S. Carcagno, R. Bucknall, J. Woodhouse, C. Fritz, and C. J. Plack, "Effect of back wood choice on the perceived quality of steel-string acoustic guitars", The Journal of the Acoustical Society of America 144, 3533-3547 (2018) https://doi.org/10.1121/1.5084735 ].
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