Kopfkino und Frust

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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henryguitar
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von henryguitar »

Ganz klar, gerade beim Gitarrespielen braucht man Vorbilder. Wer spielt schon aus dem Stand heraus wie Jimi Hendrix ?
Auch einen eigenen Stil entwickelt man nur , wenn man Alles anwendet , was man mal ( von Anderen) gelernt hat.
NAtürlich gibt es auch unterschiedliche Begabungen, es ist wie bei vielen Sachen, ohne Fleiß kein Preis !
Wenn sich herausstellt , dass es z.B. für Tommy Emmanuel nicht reicht, gibt es immer noch andere Möglichkeiten.
Durch das Internet ist aber die Konkurrenz unangenehm groß geworden. Andererseits kann es bei der Entwicklung weiterhelfen...
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Gitarrenspieler
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Gitarrenspieler »

Wenn ich mich nach andern richten würde hätte ich schon lange hingeworfen. Mir macht das Spaß was ich mache, auch auf dem niedrigen Niveau auf dem ich klimpere. Es rührt sich was in mir wenn ich musiziere und mir geht es gut dabei. Gut, es gibt Tage da klapp es auch mal gar nicht aber das kommt wieder, ist immer wiedergekommen. Ich verdiene damit nicht meinen Lebensunterhalt, für mich ist das Lebensfreude und wenn sich dann noch andere dran freuen um so besser. Ich bin halt ein schlichter Mensch.... :heul2:
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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Manati
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Manati »

Schlicht ist gut; genau so, Wolfgang!
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Niels Cremer
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Niels Cremer »

Klar, manchmal sieht oder hört man Gitarristen und denkt sich, oh Mann, so wirst du nie klingen, und da ist evtl. auch ein bisschen Frust dabei wenn man ehrlich ist (ist ja mitunter auch eine Gemütsfrage ob man sich das als Anreiz nehmen kann oder ob es einen runterzieht), da bin ich auch nicht frei von, habe aber denke ich über die Jahre zu akzeptieren gelernt, dass es Dinge gibt die ich kann, solche die ich können werde, und auch viele, die ich nie können werde - und das ist ok ... ;-)

LG,
Niels
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Holger Hendel
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Holger Hendel »

Moin Aläx.

Bekannte Situation.

Mal stichwortartig Gedanken dazu...
Ich rede von völlig unbekannten Gitarristen die solche Sachen 1 zu 1 nachspielen können;
Wenn meine Liebe zu einem Stück oder Teil eines Stückes so dermaßen groß ist - dann könnte ich das sicher auch, eine 1:1-Reproduktion. Doch idR begnüge ich mich mit "...im Stile von" bzw. mit "...in der Tradition von". Denn ich sehe überhaupt nicht ein, weshalb ich Fingersätze oder Stilmittel wie sliding oder Tremolo genau so spielen sollte wie Interpret XY. Wenn ich also wirklich etwas 1:1 nachspielen können möchte, ich wüßte nicht, was dagegen spräche dies zu tun. Ich würde mir einen entsprechenden Übeplan erstellen und konsequent an diesem arbeiten. Sprich: Ich würde mir Übungen entwerfen, die in der Zielsetzung ungefähr den Anforderungen des zu reproduzierenden Stückes entsprechen um das Üben interessant zu halten. Und dann los...konsequent, Tag für Tag. Klappt eigentlich. Nur: Hat man wirklich so viel Begeisterung für eine (!) Sache? Ich habe das nur sehr selten, mich interessieren vielmehr diverse Spieltechniken und weniger das Nachspielen eines bestimmten Stücks.
und manchmal besser als das Original :guitar1:
Ich finde sogar "sehr oft" besser als das Original. ;) Geschmackssache. Und das liegt in der Natur der Sache - den einen ist es gegeben wunderbare Musik zu kreieren; anderen liegt es eher, bestehende Dinge zu verändern und durch originelles Arrangement zu etwas neuem, mMn oft besserem, werden zu lassen. Zum Glück sind die Geschmäcker verschieden und Dank Internet gibt es mittlerweile eine unerschöpfliche Inspirationsquelle für so gut wie jede Stilistik und jeden Geschmack. Sich nicht frustrieren zu lassen ist dabei der Plan. ;)
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string
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von string »

Und dann los...konsequent, Tag für Tag. Klappt eigentlich.
Holger, ich weiß, dass die meisten Stücke professioneller Gitarristen, trotz großer Begeisterung
und Übungsfleiß von uns nie in der gleichen Perfektion (Klang, Ausdruck, Technik..) gespielt werden können.
Da fehlt uns Hobbyzupfer doch das nötige Talent dafür.
Sonst würden wir ja in einer ganz anderen Liga spielen. :wink:

Gruß
Klaus
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"Das Wesentliche im Umgang miteinander ist nicht der Gleichklang,
sondern der Zusammenklang".
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Holger Hendel
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Holger Hendel »

@string: D´accord. Was ich eigentlich meinte ist: Wer (von uns "Normalsterblichen", wenn Du so willst ;) ) ist mit entsprechender Hingabe / Zielsetzung / zeitlichem Einsatz / mit einem ausreichend hohen Wirkungsgrad des Übens etc. wirklich (!) über einen längeren Zeitraum dabei? Das würde auch bedeuten, relativ viele Techniken unerforscht zu lassen, zugunsten der Spezialisierung...
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string
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von string »

Jou!!

Gruß
Klaus
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Ernst Ferstl
stringbound
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von stringbound »

Holger Hendel hat geschrieben:Wer (von uns "Normalsterblichen", wenn Du so willst ;) ) ist mit entsprechender Hingabe / Zielsetzung / zeitlichem Einsatz / mit einem ausreichend hohen Wirkungsgrad des Übens etc. wirklich (!) über einen längeren Zeitraum dabei? Das würde auch bedeuten, relativ viele Techniken unerforscht zu lassen, zugunsten der Spezialisierung...
Bis ich mich spezialisieren konnte, musste ich mir eine Menge Spieltechniken aneignen.
Mehr oder weniger unerforscht bleiben da lediglich Percussion, Strumming und Tapping, denn diese Spieltechniken brauchte ich bis jetzt fast nie.
Allerdings lerne ich gerade Drifting von Andy McKee, um meine Fanfret auszuloten und bei dem Stück brauche ich Percussion, Strumming und Tapping...
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Holger Hendel
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Holger Hendel »

@Joe: Hey Joe, Dich würde ich persönlich nun auch nicht zu den "Normalsterblichen" zählen. ;) :lol:
Bis ich mich spezialisieren konnte, musste ich mir eine Menge Spieltechniken aneignen.
Irgendwann kommt wohl der Punkt - ob man lieber an den Stärken oder den Schwächen arbeiten möchte; alles scheint nicht zu gehen, so eine Spezialisierung scheint früher oder später unausweichlich zu sein, oder? Oder war es mehr das Interesse für die eine Sache?

Mir fällt noch ein Beispiel fürs "Kopistentum" ein: Ein befreundeter Drummer, er kann weder die Saiten einer Gitarre benennen noch sagen, wie der Ton heißt den er gerade spielt, Intervalle sind ihm fremd - sprich, da ist 0 Harmonielehre oder sonst. elementare Musiklehre (außerhalb der rhythmischen Welt) vorhanden. Und er spielt mir eine technisch wirklich beeindruckende tapping-Etüde vor, auf einer E-Gitarre...absolut sauber, in time...da stimmte alles. "Habe ich mir bei youtube abgeguckt...". :shock:
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stringbound
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von stringbound »

Holger Hendel hat geschrieben:Irgendwann kommt wohl der Punkt - ob man lieber an den Stärken oder den Schwächen arbeiten möchte; alles scheint nicht zu gehen, so eine Spezialisierung scheint früher oder später unausweichlich zu sein, oder? Oder war es mehr das Interesse für die eine Sache?
Bei mir ist es mehr das Interesse für die Sache, wobei das immer von der Sache abhängt, die mich gerade interessiert. Nach Country Blues, Country Fingerstyle, Celtic Fingerstyle, alternate Tunings und dem Bearbeiten von Stücken sind jetzt Percussion und Tapping dran. Danach möchte ich mich mit der Musik in meinem Kopf beschäftigen. Die dürfte ich dann endlich an der Gitarre umsetzen können.
Holger Hendel hat geschrieben:Mir fällt noch ein Beispiel fürs "Kopistentum" ein: Ein befreundeter Drummer, er kann weder die Saiten einer Gitarre benennen noch sagen, wie der Ton heißt den er gerade spielt, Intervalle sind ihm fremd - sprich, da ist 0 Harmonielehre oder sonst. elementare Musiklehre (außerhalb der rhythmischen Welt) vorhanden. Und er spielt mir eine technisch wirklich beeindruckende tapping-Etüde vor, auf einer E-Gitarre...absolut sauber, in time...da stimmte alles. "Habe ich mir bei youtube abgeguckt...". :shock:
Kann ich nachvollziehen. Ich habe mir alles von DVDs abgeguckt. Dass es Harmonielehre, Musiklehre und Intervalle geben soll habe ich gehört. Aber mehr, als die Noten auf dem Griffbrett benennen zu können, habe ich nie gebraucht. Deswegen habe ich mich nie damit beschäftigt. Das hält alles nur vom Gitarrespielen ab.
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Rolli
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Rolli »

stringbound hat geschrieben:Dass es Harmonielehre, Musiklehre und Intervalle geben soll habe ich gehört. Aber mehr, als die Noten auf dem Griffbrett benennen zu können, habe ich nie gebraucht. Deswegen habe ich mich nie damit beschäftigt. Das hält alles nur vom Gitarrespielen ab.
Lustig Joe, bei mir ist es genau umgekehrt. Seit dem ich mich mehr mit Harmonielehre und dem ganzen Kram beschäftige, spiele ich noch viel mehr Gitarre als vorher. Vorallem schreibe und arrangiere ich deshalb mehr als früher. Aber wir alle ticken ja zum Glück verschieden!
Schöne Grüße, Rolli
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stringbound
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von stringbound »

Rolli hat geschrieben:Lustig Joe, bei mir ist es genau umgekehrt. Seit dem ich mich mehr mit Harmonielehre und dem ganzen Kram beschäftige, spiele ich noch viel mehr Gitarre als vorher. Vorallem schreibe und arrangiere ich deshalb mehr als früher. Aber wir alle ticken ja zum Glück verschieden!
Das sehe ich genauso. Es gibt unterschiedliche Wege, eine Sache anzugehen.
Man muss lediglich den Weg finden, auf dem man am Besten vorankommt.

Natürlich bleibt bei mir nach über 40 Jahren Gitarrespielen auch ziemlich viel an Musiktheorie hängen.
Aber da ich Blues, Roots und Folk spiele und mit Tabulaturen arbeite brauche ich sie eher selten.
Aläx
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Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von Aläx »

Hallo nochmal an alle Gitarristenfreunde :guitar1:

freue mich über die vielen Statements zu meinem Eingangspost.
Ich hatte ja geschrieben, dass ich da einen leichten (weinseeligen) Blues hatte und durch die nüchterne Brille sieht das schon wieder besser aus :wink:
Ihr habt ja recht, dass es nicht das Ziel sein kann andere Gitarristen 1 zu 1 nachzuspielen.
Nichtsdestotrotz ist es für mich schon eine Herausforderung ob ich es denn auch schaffe.
Tja, wenn man sich dann natürlich Leute wie Steve Morse oder Malmsteen zum Vorbild nimmt kann man nur scheitern.
Tja, scheitern ist eigentlich das falsche Wort weil es so negativ klingt.
Aus euren Posts habe ich herausgelesen, dass euch Gitarrespielen einen Riesenspass macht und das ist bei mir genauso.
Ich besinne mich jetzt auf das was ich kann und versuche mich einfach in meinem Rahmen weiter zu entwickeln.
Dabei greife ich auch mal nach den Sternen und versuche mich an unmöglichen Stücken.
Und da ich über eine fundierte klassische Ausbildung verfüge kann ich mir auch einreden, dass es Dinge gibt, die mir auch ein Steve Morse nicht so ohne weiteres nachspielen kann 8)

Fazit: Ich habe einfach das Problem, dass ich mein Können , dass ich auf der klassischen Gitarre habe nicht so einfach auf Fingerpicking und jetzt vor allem E-Gitarre umsetzen kann. Andere Welten und im Prinzip muss man da praktisch ein anderes Instrument lernen. Ich habe auch vergessen, dass ich dafür damals bis zu 7 Stunden am Tag geübt habe und jetzt soll das nach einem Jahr funktionieren :heuldoch:
Aber jetzt hab ich es verstanden und habe auch Spaß daran mal wieder wie vor langer Zeit mich, mit den meisten für euch, einfachen Übungen auseinanderszusetzen.

Es war auch nicht so, dass mich das komplett frustriert hat, aber jetzt, da ich es erahnen kann wieviel Übung hinter diesen Leistungen steckt, bin ich doch erstaunt, dass es Menschen gibt, die diese Energie aufbringen ohne dafür auch nur irgendwie bekannt zu sein.

Aber je mehr ich dazu nachdenke, desto mehr stelle ich auch und vor allem an euren Statements fest.
Die machen das, weil es ihnen Spaß macht und sonst für nichts :guitar1:

Hier vielleicht noch ein gutes Beispiel, wie man sich auch im hohen Alter noch am Gitarrenspiel erfreuen kann und vor allem was da noch möglich ist.

Motto: es ist nie zu spät 8) https://www.youtube.com/watch?v=Ie8eEJopUUQ" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;" onclick="window.open(this.href);return false;

Gruß aläx
fatfinger

Re: Kopfkino und Frust

Beitrag von fatfinger »

Mir scheint manchmal dieser ganze Frust kommt aus dem Umstand, daß dieser unsägliche "Talent" Mythos nicht totzukriegen ist welcher dem Beschenkten auf magisch-mystische Weise Virtuosität verleihen soll. :p
Between eight and 11 hours a day, from the time I was about 7 until I was 13, 14.
Das sind so um die zwanzigtausend Stunden, die der junge Mann (Julian Lage, von Menuhin sind ähnliche Angaben bekannt) in sieben Jahren abgerissen hat- und er hat ja auch vorher schon obsessiv geübt, und danach auch irgendwie™ nicht aufgehört. Dazu kommt, daß da sehr gute Lehrer am Werk waren.
Sich selbst mit diesen Top-Spielern zu vergleichen macht also nur dann Sinn wenn man vergleichbare Wege zurückgelegt hat. Nur mal so als Anregung.
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