Siggi Behrend und der Touristenflamenco

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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Aläx

Siggi Behrend und der Touristenflamenco

Beitrag von Aläx »

Hallo Gitarristengemeinde und insbesondere Bernd

Ich bin vor kurzem durch mein Notenarchiv gepflügt und auf alte Ausgaben von Siegfried Behrend (ehemals deutscher Botschafter der Gitarre) mit seinen Touristenflamencos (Spanische Impressionen u.a.)gestossen.
Frage: Kennt die einer ausser mir?
Die Sache ist nämlich die , dass die Mädels meine Kumpels und meine Oma absolut auf sowas abfahren.
Ich weiss natürlich dass diese "Kompositionen" mit Flamenco nicht viel zu tun haben. Trotzdem sind sie gerade für Leute die nicht ganz so in die Materie der Compas und Falsetas einsteigen wollen oder können aus meiner Sicht genau das Richtige.

Spezialfrage an Bernd:
Was machst du wenn jemand mit so etwas in deinen Unterricht kommt?

Übrigens wenn mal jemand die Gelegenheit hat eine alte Aufnahme von Behrend zu erhaschen dann greift zu. Der Mann hat damals Masstäbe gesetzt.

tschau Aläx
kawe
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Beitrag von kawe »

Servus,
ich hab von ihm eine Remaster-CD, auf der er Vivaldi, Carulli und Giuliani spielt. Die Originalaufnahme stammt von 1969. Hörenswert!
Gruß
KlausW
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und andere ...
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Herbie
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Beitrag von Herbie »

Servus auch,

ich kann mich an eine Zeit erinnern, als "Rock meets Classic" gerade
populär wurde. War vor ca. 30 Jahren...
Und da hat Sigi Behrend mit einer Rockband (Name ist mir entfallen)
ein gemeinsames Konzert gegeben. Das Konzert wurde im Fernsehen
gezeigt; erst spielte die Band ein paar Stücke, dann Sigi Behrend (er saß
im Publikum) eine seiner Impressionen.
(Kann mich noch entsinnen, daß er einen Patzer reingehauen und den
Takt dann wiederholt hat.)

Die spanischen Impressionen hatte ich auch mal; vielleicht liegen sie
auch noch im Keller. Die waren mir zu schwer...
Ich hab sie mir gekauft, weil ich damals wirklich beeindruckt war
(und von seiner Technik konnte man das auch sein).

Vor zwei Jahren wußte ich auch noch nicht, wie sich der Flamenco
der Zigeuner anhört...

Grüße Herbie
Bernd C. Hoffmann
Beiträge: 3608
Registriert: Di Mär 01, 2005 1:11 pm
Wohnort: Fulda

Re: Siggi Behrend und der Touristenflamenco

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Aläx hat geschrieben:Hallo Gitarristengemeinde und insbesondere Bernd

Ich bin vor kurzem durch mein Notenarchiv gepflügt und auf alte Ausgaben von Siegfried Behrend (ehemals deutscher Botschafter der Gitarre) mit seinen Touristenflamencos (Spanische Impressionen u.a.)gestossen.
Frage: Kennt die einer ausser mir?
Die Sache ist nämlich die , dass die Mädels meine Kumpels und meine Oma absolut auf sowas abfahren.
Ich weiss natürlich dass diese "Kompositionen" mit Flamenco nicht viel zu tun haben. Trotzdem sind sie gerade für Leute die nicht ganz so in die Materie der Compas und Falsetas einsteigen wollen oder können aus meiner Sicht genau das Richtige.

Spezialfrage an Bernd:
Was machst du wenn jemand mit so etwas in deinen Unterricht kommt?

Übrigens wenn mal jemand die Gelegenheit hat eine alte Aufnahme von Behrend zu erhaschen dann greift zu. Der Mann hat damals Masstäbe gesetzt.

tschau Aläx
Hallo Aläx,

die Ausgabe habe ich auch. Ich hatte sie bekommen als ich bei einem Antiquariat einen Stapel Noten zum Kilopreis gekauft hatte. Habe ich gleich wegsortiert.

Daß mir einer damit in den Unterricht kommt, ist mir zum Glück bislang erspart geblieben. Wie würde ich mich Verhalten? Ich denke, ich würde ihm vorab Fragmente aus Soleá, Alegrías und Bulerías vorspielen und ihm grundlegende Techniken vermitteln, die er in diesen Fragmenten gesehen hat. Dann würde ich ihn darauf hinweisen, daß dies - auch rhythmisch - rein gar nichts mit dem zu tun hat, was Siegried Behrend mit seinem Heft anbietet. Ich würde auch mitteilen, daß S.B. nicht mal den kleinen Zeh in die Flamencoszene bekommen hatte.

Mir scheint als hast Du gerade einen solchen Schüler. Man muß eben abwägen, ob man ihn mit seiner Notenausgabe zufriedenstellen will oder authentischen Flamenco vermittelt. Im Rahmen des Klassikunterrichts könnte ich mir vorstellen, daß ich die Ausgabe als "Spanische Musik" einflechten würde - wohlweislich mit dem Hinweis, daß das mit Flamenco überhaupt nichts zu tun hat.
Liebe Grüße
Bernd
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Fatzenkicker
Beiträge: 184
Registriert: Mi Feb 09, 2005 4:46 pm

Beitrag von Fatzenkicker »

Diese Begriffe "Compas" und "Falsetas" sind das rhytmische Formen oder Harmoniefolgen oder wofür steht das ?
---------------------------
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Bernd C. Hoffmann
Beiträge: 3608
Registriert: Di Mär 01, 2005 1:11 pm
Wohnort: Fulda

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Fatzenkicker hat geschrieben:Diese Begriffe "Compas" und "Falsetas" sind das rhytmische Formen oder Harmoniefolgen oder wofür steht das ?
Hallo Fatzenkicker,

"Compás" steht im weitesten Sinne für Rhythmus aber auch Takt. Wenn ein Stück "a compás" gespielt wird, dann bedeutet es, das rhythmisch korrekt gespielt wird. Es gibt unterschiedliche Stile mit zugrundeliegenden Grundrhythmen d. h. mit Akzeten auf bestimmten Taktschlägen. Über diese Grundrhythmen werden nun Akkorde und Melodien gespielt, die sich zwar aus anderen rhythmischen Werten zusammensetzen können, auch mit Akzenten an anderen Stellen (z. B. durch Synkopen), die jedoch immer den Grundrhythmus nie verlassen.
:
Desweiteren bezeichnet man auch den Teil, der hauptsächlich mit Akkorden gespielt wird als compás.

Unter "Falsetas" versteht man die melodischen Variationen als Kontrast zum compás. Mit den compás-Teilen begleitet der Gitarrist den Sänger und/oder Tänzer. Beide geben ein Signal - eine sog. "llamada" -, daß ihr Teil zu Ende geht oder ein neuer beginnt. Jeder compás u. jede falseta beginnt und schießt mit einer llamada ab (zumindest sollte es so sein). Danach kann ein compás oder eine falseta kommen. Nach dem Sänger kann nun also, quasi zwischen den Strophen, der Gitarrist seine falsetas spielen. Durch die falsetas wird beim rein gitarristischen Flamenco (ohne Sänger/Tänzer) der Sänger imitiert.

Eigentlich gibt es noch ein bischen mehr zu beachten, aber für die grundlgende Klärung der Begriffe ist das ausreichend.
Liebe Grüße
Bernd
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Aläx

Beitrag von Aläx »

Hallo Bernd

Guter Kompromiss!

Ich habe zur Zeit keinen Schüler der mit Siggi Behrend zu mir kommt, vielmehr schwebt mir vor diese Stücke meinen Schülern mal vorzustellen eben weil ich diese Stücke nicht für schlecht halte und weil sie zumindest bei einem Laienpublikum gut wirken. Ich werde meinen Schülern dann auch klar machen dass es sich hier um so etwas wie spanische Volksmusik handelt die allerdings nichts mit Flamenco zu tun hat.
Mir ist schon klar, dass Behrend kein Flamencogitarrist war allerdings habe ich ihn persönlich gekannt und er war ein sehr guter Gitarrist und auch Pädagoge der auch ein Gespür fürs Publikum hatte. Er konnte übrigens trotz allem ein Rasguado spielen um das ihn viele beneidet hätten.

Mir ist deshalb nicht ganz verständlich weshalb du das als so schlimm empfinden würdest wenn sich mal ein Schüler mit so etwas an dich wenden würde.

Übrigens wusstest du dass Paco Pena und Paco de Lucia nicht gerade gute Freunde sind.
Paco Pena (den ich sehr schäzte)wirft dem anderen Paco vor den Flamenco Puro mit seinen "Ausflügen " in den Jazz oder zu Friday Night zu verraten und Paco de Lucia wiederum macht sich über Carlos Montoya lustig der aus seiner (Pacos)Sicht ein wesentlich besserer Bongospieler sein soll.

Also auch dieses Genre ist nicht ganz frei von Eitelkeiten.


tschau Aläx
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