Ihre Meinung ist gefragt

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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dominik
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Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von dominik »

Hallo,
ich möchte noch einmal etwas Geld verbrennen und in den nächsten Monaten eine CD aufnehmen. Ich bin mir aber noch unschlüssig welche Idee ich umsetzen soll: Ich möchte gerne Musik von Dowland bis Villa-Lobos einspielen - entweder mit Renaissancelaute, Konzertgitarre und Steelstring oder nur mit Steelstring. Meine Meinung hierzu ändert sich täglich... Welches Konzept findet ihr interessanter?
Freue mich über eure Einschätzungen.

Viele Grüße,
Dominik
rwe
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von rwe »

Was möchtest Du mit dieser Platte? Dich als Musiker auf einem Instrument (= wohl der Steelstring) präsentieren, der dessen Vielseitigkeit zeigt oder aber als Musiker, der versucht, Musik aus verschiedenen Epochen mit verschiedenen Instrumenten gerecht zu werden? Das sind - kurz gefasst - für mich die beiden Pole, die man da einnehmen kann. Falls Du nicht wirklich in die verschiedenen Epochen eintauchst (historische Aufführungspraxis etc.), dann scheint mir die erste Variante passender zu sein. Es sei denn, Du möchtest eine "CD-Visitenkarte" für verschiedene Veranstalter haben, wobei ich aber auch nicht so richtig weiß, ob es nicht besser wäre, mehrere verschiedene zu haben.
dominik
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von dominik »

Hi rwe,
vielen Dank für deine Gedanken.
Meine Konzerte finden meist in Kirchen, Galerien, etc. statt. D.h. ich spiele selten vor Fachpublikum, sondern eher vor interessierten Musikliebhabern, denen es einfach gefällt "nette" Musik auf der Gitarre zu hören (alles zwischen Klassik und Pop). Einige von ihnen möchten dann diese Musik mit nach hause nehmen und fragen nach CDs. Manche Konzerte spiele ich auf drei verschiedenen Instrumenten, manche nur auf einem. Je nach Lust und Laune. Die Reaktionen unterscheiden sich eigentlich nicht voneinander...
Ich kann mir eine reine CD auf Stahlsaiten sehr gut vorstellen - denke nur manchmal, dass eine klangliche Vielfalt bei dem ein oder anderen Hörer eine größere Aufmerksamkeit schafft ( ...ja, ja, diese sollte man in erster Linie mit guten Interpretationen gewinnen - werde ich auch versuchen...).
Ich stelle aber an mir selbst fest, wie unglaublich übersättigt bin, kaum eine CD noch ganz höre, und immer wieder neue Impulse brauche, um bei der Sache zu bleiben.
Bernd C. Hoffmann
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

dominik hat geschrieben:Ich stelle aber an mir selbst fest, wie unglaublich übersättigt bin, kaum eine CD noch ganz höre, und immer wieder neue Impulse brauche, um bei der Sache zu bleiben.
Diese (wahrscheinlich momentane und vorübergehende) Gegebenheit ist für die CD-Aufnahme der falsche Denkansatz. Das interessiert doch die Käufer überhaupt nicht. Sie wollen Deine Musik mitnehmen, nicht Deine Gedanken über die Projektorganisation. Der Schnell-Lern-Experte Dr. Marius Ebert hat den guten Satz erfunden, "Marketing ist Denken im Kopf des Kunden". Offenbar hast Du Dein Repertoire zusammen und weißt, was die Kunden wollen. Dann gib ihnen genau das. Und wenn Du es auf 2 CDs verteilst, z. B. einmal Nylon, einmal Stahl, dann zahlen sie doppelt. Oder Du bietest eine Doppel-CD an. In diesem Fall kannst Du an der Grafikarbeit sparen, weil nur 1 Bookelt hergetellt werden muss. Etwas schmackhafter kannst Du den CD-Kauf anschubsen, indem Du darauf hinweist, dass man sie auch auf Wunsch mit einem Autogramm direkt mitnehmen kann. Mit dem Hinweis, dass es auch eine tolle Überraschung als Geschenkidee ist, kommen zu den "Sowieso-Käufen" noch einige Impulskäufe spontan dazu ;)

Eigentlich ist Dein Problem gar nicht existent. Wenn ich die betreffenden Stücke nicht erst einstudieren muss, weil ich sie spielen kann, dann ist das kein großer Aufwand. Um ein paar Mikros für die Aufnahme aufzustellen oder ins Tonstudio zu gehen, brauche ich keine neuen Impulse. Wenn ich allerdings merke, dass ich übersättigt bin, dann baue ich etwas Abstand auf, bis ich mich wieder besser fühle. Dann habe ich eine positive Motivation und kann mich entspannt und gezielt der Sache widmen.

Ich kenne die Momente, wenn man gedanklich in seinen Arbeiten oder ungünstigen (falschen) Prioritäten festgefahren ist. In solchen Haltungen hilft es mir fast immer, meine Einstellung zu gewissen Dingen zu ändern. Das nimmt meist 2 bis 3 Tage ein, aber dann kommen die Dinge richtig in Gang.
Liebe Grüße
Bernd
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dominik
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von dominik »

Hallo Bernd,

vielen Dank für deine Antwort. Das war wirklich sehr aufschlussreich für mich, und hilft beim Weiterdenken! Manchmal ist es doch sehr gut , wenn jemand mit Sachwissen von außen auf die Lage blickt, und die Dinge mal sortiert.
Viele Grüße,
Dominik
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docsteve
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von docsteve »

Ich habe ja neulich eine CD mit einem ganz konkreten Programm für einen ganz konkreten Anlass aufgenommen. Da ergab sich die Auswahl aus dem Anlass. Die Hälfte ist Steelstring,die andere Hälfte Nylon, einfach weil die jeweilige Gitarre zum Stück passte. Aufgenommen habe ich alles selbst, so dass also genug Gelegenheit bestand, verschiedene Versionen gegeneinander zu testen.

Ich würde mir eher eine CD kaufen, die einen "roten Faden" hat, als einen Strauß, wo hinterher nur hängenbleibt, dass da jemand spielen kann. Mein Rat wäre also: mache ein Album mit Stücken, die zueinander passen, statt eines Showcase. Zum Rest kannst du immer noch einen Soundcloud-Link setzen.

Und mach die CD nicht zu lang. Die Übersättigung kommt auch daher, dass heute jede CD die Länge eines Doppelalbums hat (und enstprechend viel Ausschuss enthält). Die Beatles haben auf "Revolver" nur 33 Minuten Musik, und beschwert hat sich noch keiner.

Viele Grüße, Stephan
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Gitarrenspieler
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von Gitarrenspieler »

docsteve hat geschrieben:...Die Beatles haben auf "Revolver" nur 33 Minuten Musik, und beschwert hat sich noch keiner.

Viele Grüße, Stephan
+1
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Niels Cremer
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von Niels Cremer »

docsteve hat geschrieben:Die Übersättigung kommt auch daher, dass heute jede CD die Länge eines Doppelalbums hat (und enstprechend viel Ausschuss enthält.
Ist das tatsächlich so? Ich nehme eher den Trend wahr dass die VÖs immer kürzer, dafür aber öfter, sprich in kürzeren Abständen, kommen. Es gibt viele singer-songwriter die CDs / "Alben" veröffentlichen die früher wohl eher als "EP" gelaufen wären, zB sog. "six-packs", also CDs mit sechs Stücken. Ich hatte das immer als verstanden als Reaktion auf die Tendenz der sinkenden "attention span" der Zuhörerschaft verstanden ...

LG,
Niels
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docsteve
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von docsteve »

Hab ich ja auch gemacht - lieber kurz und gut als lang und zerfasert. Dass das aber ein Trend ist, war mir nicht bewußt.

Viele Grüße, Stephan
Bernd C. Hoffmann
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

dominik hat geschrieben:Hallo Bernd,

vielen Dank für deine Antwort. Das war wirklich sehr aufschlussreich für mich, und hilft beim Weiterdenken! Manchmal ist es doch sehr gut , wenn jemand mit Sachwissen von außen auf die Lage blickt, und die Dinge mal sortiert.
Viele Grüße,
Dominik
Hallo Dominik,

ich wünsche Dir viel Erfolg und ´nen klaren Kopp; das klappt schon ;-)
Liebe Grüße
Bernd
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dominik
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von dominik »

Hi Stephan,

das mit der Länge ist ein wertvoller Hinweis. Im Klassikbereich sind die meisten CD-Aufnahmen schon sehr überladen (mindestens 60min+). Ein roter Faden ist sicherlich sehr interessant, spricht aber vielleicht doch mehr ein Fachpublikum an. Ich hatte schon mal daran gedacht eine ganze CD mit Stücken von Dilermando Reis und Agustin Barrios aufzunehmen, da beide Stahlsaiten spielten( auch wenn es bei Barrios nur die e-Saite war...) und sie heute eigentlich ausschließlich auf Nylon gespielt werden.
Aber, für den Großteil meines Publikums ist das vielleicht etwas zu einseitig.

Gruß,
Dominik
Loki
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von Loki »

dominik hat geschrieben:Welches Konzept findet ihr interessanter?
Interessanter für wen? Für Dich oder für den Hörer?

Für den Hörer ist meine Meinung: Ehrlich gesagt, keines von beiden.

Nicht missverstehen, es geht hier nicht um die Qualität des Spiels oder der Stücke. Es geht nicht um Perfektion und wie nahe am Original gespielt wird. Es geht um eine interessante Version der Stücke. Was zumindest für mich bedeutet, dass etwas anders sein sollte als bei den 985 bereits existierenden Aufnahmen.
Das kann sehr minimalistisch sein, etwa durch ein dezentes Cajon. Oder etwas aufwendiger wenn zB ein anderes Phrasing gewählt wird. Oder indem Du einzelne Passagen wie verschiedene Standorte für den Hörer einmischt
Wie möchtest Du denn Dowland mal "ganz anders" hören?
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berndwe
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von berndwe »

Wenn es kein kommerzielles Projekt ist, spiel genau das ein worauf Du am meisten Bock hast bzw. was Dir am besten gelingt.

Wenn Du noch nicht weißt worauf Du Bock hast, lass das noch ein wenig sacken.
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scifi
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von scifi »

Die größte Freiheit wäre natürlich alles mit jedem Instrument einzuspielen und erst dann auszuwählen. Irrer Aufwand wäre das ebenfalls natürlich.

Vielleicht zuerst mit grob eingespielten Demos nur ausprobieren?
dominik
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Re: Ihre Meinung ist gefragt

Beitrag von dominik »

Hi ,
danke für alle Anmerkungen!

@Loki: meine eigenen CDs höre ich so gut wie nie, von daher muss die CD für mich nicht interessant sein. Das Interessante für mich ist die Auseinandersetzung mit der Musik beim Üben. Wie ich aber schon oben schrieb, spiele ich selten vor Fachpublikum, d.h. ich habe immer wieder Leute im Publikum die z.B. "Asturias" oder "Recuerdos de la Alhambra" noch nie gehört haben, und diese Leute möchten die Musik mit nach Hause nehmen.

@scifi: ich finde die Stücke haben auf den verschiedenen Instrumenten alle ihren Reiz. Die Frage ist für mich halt, was für den Zuhörer und natürlich auch für die Veranstalter interessanter ist: instrumentale Abwechslung oder das "hineinhören" in einen Klang (...sehr wahrscheinlich für den einen das und für den Anderen das Andere...)

@berndwe: vermutlich ist die Sache mit dem Bock wieder mal genau das Richtige - aber da schwanke ich halt gerade von Bock zu Bock.

Gruß in die Runde,
Dominik
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