Tresenkrieg

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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OldPicker
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Tresenkrieg

Beitrag von OldPicker »

Da hatten wir neulich einen Auftritt in einer "Musikkneipe". Der Wirt hatte uns kurzfristig gebeten, wir hatten zugesagt.

Yo. Nicht nur, dass wir praktisch keinen Platz auf der "Bühne" hatten (ich musste mich immer auf meinen Platz einfädeln - und das mit meiner schmerzhaften Bänderzerrung im rechten Fuß :roll:), der Rest stimmte auch irgendwie nicht ... Der große Tisch, der uns arg einschränkte, war ein "Wo soll ich denn damit hin"-Tisch. Das Publikum war mir zur Linken und ich schaute auf eine Tafel mit den aktuellen Preisen.

Der Wirt hatte außer einem Aufsteller auf der Straße keinerlei Reklame gemacht. Unsere Bemühungen ( Veranstaltungskalender, Bremen-Online etc ) kamen zu spät. Und dann:

Dreiviertel der Gäste haben wir mitgebracht. Trotzdem war der Laden total leer. Von den anwesenden ( rund ) 20 Gästen, waren 6-8 Stammgäste am Tresen. Die waren

... absolut unkonzertant ...
... angetrunken bis zur Schmerzgrenze ...
... störten durch lautes Gerede, ignorantes Rumgelaber ...
... trotz aller musikalischen Bemühungen uninteressiert ...

und haben dadurch "ihre Kneipe" erfolgreich gegen Fremde ( also uns ) verteidigt.

Dem Wirt war es sichtlich unangenehm, aber er wollte natürlich seine "Stammgäste" nicht vergraulen. Wir haben 3 Sets gespielt und sind dann gegangen. Himmel, was für ein Desaster. Die Säcke waren lauter als wir. Sie haben uns regelrecht niedergebrüllt, obwohl wir mit Verstärker da waren.

Mein Freund und ich haben beschlossen, dass wir nicht mehr in einer Kneipe Musik machen. Die Kulturzentren ( wir traten eine Woche vorher in einem auf - problemlos ohne Verstärker ) sind da wesentlich besser. Weniger Leute, aber alle interessiert und willig. Wir haben es nicht nötig, uns ignoranten Saufköppen aufzudrängen!

Einhellige Meinung aller interessierten ( und weit gereisten ) Zuhörer:
So eine primitive und ignorante Kneipen-Sauf-Subkultur ( in Bezug auf Livemusik ) gibt es nur in Deutschland.

Wir hatten einen kleinen Geldbetrag als Gage ausgemacht, die wir mit dem kreisenden Hut auffüllen wollten. Das Geld reichte gerade, um die Zeche für Frau und Freund zu begleichen. Auf den Hut haben wir verzichtet, da wir von unseren Freunden kein Geld wollten. Die Tresenbrüder hätten uns eh nur einen Euro oder 50 Cent gegeben. Das wollten wir uns nicht antun.

Den Tag darauf habe ich mit ein paar Freunden wirklich schöne Musik gemacht. Gott sei Dank, sonst hätte ich mir mit Depressionen ( :wink: ) das ganze Wochenende versaut.

*

Mich würde es wirklich einmal interessieren, wie es Euch so geht, wenn Ihr in eine solche Falle tretet. Ruft Ihr das Publikum zur Ordnung? Packt Ihr ein? Macht Ihr es wie wir - also minimaler Auftritt und weg?

Es ist nicht leicht, jedermans Geschmack zu treffen. Wenn man allerdings auf eine Horde Zecher trifft ( wie ja Anfang letzten Jahres schon einmal ), die gar keinen Geschmack haben und den Auftritt sabotieren, dann sollte man schon grundlegende Überlegungen anstellen.

*

Was haltet Ihr davon, wenn wir irgendwo mal einen Threat festpinnen, in dem wir gute Locations mit unseren Erfahrungen einschreiben?

*

Alsdann - Euch mal einen netten Tag.

der olle
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"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
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Mario
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Beitrag von Mario »

Hallo Oldpicker,

deine "Depressionen" kann ich nachfühlen. Das eigentliche Problem an solchen Sachen (Auftritten) ist, dass der Veranstalter sich spontan eine neue Masche ausdenkt (oder auch nur bereitwillig seinen Laden zur Verfügung stellt), aber eigentlich auch selbst kein Interesse an der Machart hat. Mir ist ähnliches auch schon auf Straßenfesten etc. passiert, wo mal nebenbei bei der Planung gedacht wurde, och Musi wäre ja auch ganz schön und irgendjemand kannte dann irgendjemnaden, der irgendjemanden kannte, der wiederum mich kannte. Also unter Freunden läuft das doch auch ohne Gage!!!
Das Ergbenis war katastrophal. Meine Musik interessierte niemanden, weil eigentlich auch niemand wußte, was ich da mache und ich hatte auch keine Chance irgendetwas zu erklären. Ich habe es (neben meinem Frust) als Übungsstunde unter erschwerten Bedingungen gesehen.
Übrigens der Zeitungsartikel danach war voll des Lobes für mich (allerrdings war kein Reproter da:-) ).
Zu deinem Vorschlag der Rubrik. Vielleicht kann man ja die Rubrik open sessions dahingehend ausbauen.. Der Anfang ist doch schon gemacht.

Gruß
Mario, der auch viele gute Erfahrungen mit willigen Kneipenwirten und willigen Kneipenbesuchern gemacht hat.
12 Töne, 24 Buchstaben, viel Gefühl im Bauch - ein neues Lied ist entstanden
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Saitenheimer
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Beitrag von Saitenheimer »

Genau solche Geschichten waren der Grund, warum "Sabalodd" nur noch konzertant gespielt haben.
Wir hatten schon solche Auftritte, wo wir 2 Meter vor der Hähnchenbraterei spielen mussten - abgesehen davon, dass ich ewig gebraucht hab, um das Fett wieder von den Gitarren zu bekommen - die Laufkundschaft, die lauthals die Freunde begrüssen oder die Leute die den Bedienungen nachbrüllen, haben schon arg genervt.
Am besten als reguläres Konzert auf einer kleinen Bühne - da kommt dann auch wirklich nur das Publikum, das einen hören will.

Stefan
RAc
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Re: Tresenkrieg

Beitrag von RAc »

...
Zuletzt geändert von RAc am Mo Okt 05, 2015 9:23 pm, insgesamt 1-mal geändert.
http://soundcloud.com/rac-13" onclick="window.open(this.href);return false;
Harald H. Morton
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Beitrag von Harald H. Morton »

Hallo OldPicker,

schön, wieder von Dir zu lesen.

Eine Kneipe, die sich für ein Konzert nicht vorbereitet hat (keine Werbung, keine Einladungen, keine geordnete Auftrittsräumlichkeit usw.) sollte man immer meiden. Deine Schilderung zeigt, dass der Wirt keinerlei Erfahrung mit solchen Veranstaltungen hatte und einfach mal was "machen wollte". Das ist in der Nachbetrachtung traurig - aber nur als "Erfahrung" abzuhaken.

Ich würde sagen, sei stolz darauf, dass Du Deinen Auftritt durchgezogen hast. Das zeigt doch auch "Stärke". Andere hätten vielleicht abgebrochen und wären für längere Zeit verunsichert.

Beste Grüße nach Bremen

Harald
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westfeuer
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Beitrag von westfeuer »

Hm, sowas hatte ich auch schon. Ich sehe das immer als "Training", unter erschwerten Bedingungen zu spielen. Da bin ich schon desöfteren nachhause gegangen und hab mich geärgert, dass ich überhaupt Musik gemacht habe. Ich dränge mich nicht auf, einige Leute wollen dann mal was hören und nach dem ersten Lied geht das Gerede und der Tumult los. Ich hab ja meist nen Gehörschutz im rechten Ohr, so dass ich wenigstens noch meine Stimme hören kann. Sonst würde ich wahrscheinlich keinen Ton mehr treffen im Lärm :?

Mein Bruder und ich haben hingegen auch schonmal auf ner Geburtstagsfeier Musik gemacht - das war total angenehm. Da entwickelte sich so ne Jamsession draus. Wir haben uns immermal abgewechselt und so ca. 3 Stunden gespielt. Und alle waren aufmerksam und haben gern zugehört. Tja, sowas gibt es zum Glück auch noch.

Ich habe für mich beschlossen, dass ich in "gewissen Kreisen" nicht mehr spiele. Da ist für mich jetzt endgültig Schluss. Man muss sich ja nicht für irgendjemanden prostituieren. Letztendlich lässt man nur Nerven, unter so nem Geräuschpegel zu spielen. Und der eigentliche Grund - Freude an der Musik - geht total verloren.

Ach nochwas: Mister Eric Fish himself hat letzten Freitag im Erfurter Museumskeller ein Intro abgebrochen und dem Typen, der in der ersten Reihe laut gelabert hat, gesagt, dass er ihn gerne erstmal ausreden lässt, bevor er weiterspielt. Der ist erstmal voll rot angelaufen. Danach war Ruhe. Ganz schön krasse - aber hilfreiche Methode :wink:
Sah Dich dort oben, Du warst so nah
Ein kleiner Schritt nach vorn, schon bin ich da
Die Augen zu, deine Haare im Gesicht
Konnte Dich fühlen, Zweifel gab es nicht


[ "Falscher Traum" by westfeuer ]
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guitar-hero
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Beitrag von guitar-hero »

Moin Oldpicker,

ich bin zwar schon geraume Zeit "trocken",
(soll heissen, ich habe schon lange nicht mehr in 'ner Kneipe gespielt, - saufen tue ich weiterhin. :wink: ),
aber dieses Erlebnis hatte ich auch einmal. In dem Fall lag's allerdings mehr am Wirt. Der machte mehr Radau als seine Gäste, denn er war vor ihnen besoffen. Ich hab dann einfach eingepackt.

Aber ... habt Ihr Euch die "Rahmenbedingungen" (Location, Publikum, Wirt, ...) denn vorher nicht mal angesehen?

Meist bekommt man doch durch einen vorherigen "undercover"-Besuch schon etwas Gespür für die Voraussetzungen.

Aber vielleicht lag's ja auch nur daran, dass da nur zwei alte Säcke auftraten? :twisted:
Also beim nächsten Mal ne flotte weibliche Stimme mitnehmen. :wink:

Nee, gezz ma wieder ganz ernst. Wenn der Wirt nicht WIRKLICH mitmacht, also seine Stammgäste schon einige Zeit vorher einstimmt und auch am Abend nicht als Animateur mitspielt, hat man wirklich schlechte Karten. Muss also nicht primär an den Stammgästen liegen, die "ihr" Revier verteidigen.

Ich habe in einer WIRKLICHEN "Proll"-Kneipe sogar schon völlig andere, positive Erfahrung gemacht. (Ok,ok, meine damalige Partnerin -mit ihrer Fähigkeit, auf Menschen einzugehen- war daran nicht ganz unbeteiligt. :oops: )
Die Jungs am Tresen waren jedenfalls für ein Intermezzo jensaits ihres sonstigen Kneipenalltags einfach begeistert.

Aber ... in diesem Fall hatte die Wirtin auch RICHTIG "mitgespielt".

Also ... beim nächsten Mal erst mal den Wirt -besser noch die Wirtin- richtig abklopfen. 8)


have a nice weekend. :)

Werner
micha
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Re: Tresenkrieg

Beitrag von micha »

Aus langer Live-Erfahrung heraus folgendes von mir zum Thema:

Wenn ein Kneipernwirt "kurzfristig" um einen Auftritt bittet, dann gibts eigentlich nur 2 Möglichkeiten warum er es macht:
- er ist ein totaler Chaot, der keinen Plan hat, was er überhaupt will
- die pure Verzweiflung treibt ihn an: Kneipe kurz vorm Konkurs, also wird halsüberkopf irgendwas gemacht, um Leute reinzubekommen.
Wenn dann noch dazukommt, dass auf Werbung komplett verzichtet wird, dürften beide Punkte zutreffen, alldieweil die Lokalität ja anscheinend - ausser den Leuten, die ihr selbst mitgebracht habt - fast leer war.

Daraus folgt:

1) Vernünftige mündliche Absprachen - falls man den Veranstalter gut kennt - oder - grundsätzlich natürlich besser - schriftliche Verträge schliessen. Das müssen jetzt keine furchtbar komplizierten Abhandlungen sein. Kurz und knackig sollte man festhalten: Gage, ggfs. Werbemodalitäten, Verpflegung, evtl. Transportkosten etc. Das Ganze muss zeitlich natürlich einen vernünftigen Vorlauf haben.

3) Niemals (ich wiederhole: NIEMALS) für eine "einen kleinen Geldbetrag, der dann per Hutkreisung aufgefüllt werden soll" spielen. Auch auf Gigs, bei denen auf die Getränke eine "Livemusikpauschale" aufgeschlagen wird, verzichten, ausser man ist dort bekannt und kann davon ausgehen, dass es funktionieren wird. Grundsätzlich sollte Eintrittsgeld verlangt werden, denn in den Köpfen der Leute gilt halt immer noch der alte Spruch: "Was nix kost', taugt auch nix...".

4) Informationen über die Kneipe im Vorfeld einholen. Wie oft gibts Livemusik, was für Musik wird im Allgemeinen gespielt (innem Punkschuppen mit Joan-Baez-Folksongs anzutreten, kann nach hinten losgehen...), wie sieht die Bühnensituation aus etc.
OldPicker hat geschrieben:Es ist nicht leicht, jedermans Geschmack zu treffen. Wenn man allerdings auf eine Horde Zecher trifft ( wie ja Anfang letzten Jahres schon einmal ), die gar keinen Geschmack haben und den Auftritt sabotieren, dann sollte man schon grundlegende Überlegungen anstellen.


Hättet Ihr dort gespielt, wenn ihr die o.g. Punkte im Vorfeld berücksichtigt hättet ? Ich glaube nicht, oder ?
Aus der Sicht der Suffköppe am Tresen seid Ihr da aufgeschlagen, habt irgendwas gespielt, was keinen interessierte. Ihr habt gewissermassen eine kleine Privatfete mit mitgebrachten Publikum abgezogen Warum sollten die auch Rücksicht nehmen ? Hat ja eh nix gekostet...
OldPicker hat geschrieben:Mich würde es wirklich einmal interessieren, wie es Euch so geht, wenn Ihr in eine solche Falle tretet. Ruft Ihr das Publikum zur Ordnung? Packt Ihr ein? Macht Ihr es wie wir - also minimaler Auftritt und weg?


Wenn die Leute Eintritt zahlen, stellt sich dieses Problem zunächst im Allgemeinen nicht. Wenn das Publikum sich dann aber trotzdem von den Protagonisten abwendet, dann liegts daran, dass die Mucke nicht taugt. Dann hift nur eins: mehr üben oder das Repertoire überdenken.
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

Hallo Leuts,

ja doch. Eigentlich hatte ( nicht "hat", wie sich jetzt herausstellte ) die Kneipe einen gewissen Ruf als Musikkneipe. Den Wechsel des Wirts vor einigen Monaten haben wir gar nicht registriert.

Wir waren schon einmal in der Kneipe, als mein Jüngster mit seinem Kumpel dort aufgetreten ist. War auch schon recht voll und laut. Allerdings, so stellte sich jetzt heraus, hatten sie selbst mit Flyern an der Uni geworben.

Und die Lieder ... wir haben die alten Sauflieder ebenso probiert, wie die irischen, plattdeutschen oder sonstigen. Keine Chance ...

Klare Sache, mit Eintritt wäre es vielleicht ein wenig anders gekommen - sollte man annehmen. Aber solche Kneipen gibt es in Bremen nicht mehr...

Vorbildlich möchte ich das KuKuC in Ottersberg nennen, wo sich der Hauptmanager sehr rührig um alles kümmert. Und wenn es heißt: Hut geht rum, dann macht er das selbst und bittet die Leute daran zu denken, dass 5 bis 8 Euro pP eigentlich hier üblich sind.

Nun, Saufkultur contra Livemusik - ich darf mir in meinem Alter und dank ausreichender finanzieller Versorgung ja aussuchen, wo ich für wen spiele. Und auf solche Zurufe, wie "Könnt Ihr mal..." reagiere ich demnächst sicher ausgesprochen skeptisch :wink:

Liebe Grüße an alle,
der olle
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Sperris
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Beitrag von Sperris »

Wir spielen in Kneipen grundsätzlich ungerne und wenn, dann nur in Verbindung mit einer festen Gage!

Ausserdem versuchen wir uns vorher mit dem Wirt über die Erwartungen klar zu werden und sagen im Fall der Fälle ab. Zusätzlich versuchen wir uns über das Programm schlau zu machen. Wenn in einer Kneipe nur Hardrock läuft, machen wir einen großen Bogen.

Am vergangenen Wochenende haben wir in Plettenberg in einer Kneipe gespielt. Die Zuhörerschaft war nur bediingt geneigt uns zuzuhören. Zwei Leute konnten etliche Songs mitsingen. An die halten wir uns dann und spielen "nur" für diese zwei. Ansonsten verbuchen wir sowas unter dem Thema "bezahlte Probe" und wenn die Gage stimmt, lindert das den Schmerz deutlich.

Ich bin aber auch der festen Überzeugung, dass solche Erfahrungen einfach dazugehören. Und ein kleines Publikum finde ich persönlich eher schwerer als ein großes. Wir haben mal in der Nähe von Hamburg vor zehn zahlenden Gästen gespielt (Gott sei Dank gegen Festgage). Das war nicht einfach, aber als der Funke erst mal übergesprungen war, hat es tierischen Spaß gemacht. Immerhin hat jeder dann auch noch eine CD gekauft.

Gruß Ralf
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guitar-hero
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Re: Tresenkrieg

Beitrag von guitar-hero »

micha hat geschrieben: ...

3) Niemals (ich wiederhole: NIEMALS) für eine "einen kleinen Geldbetrag, der dann per Hutkreisung aufgefüllt werden soll" spielen. Auch auf Gigs, bei denen auf die Getränke eine "Livemusikpauschale" aufgeschlagen wird, verzichten, ausser man ist dort bekannt und kann davon ausgehen, dass es funktionieren wird. Grundsätzlich sollte Eintrittsgeld verlangt werden, denn in den Köpfen der Leute gilt halt immer noch der alte Spruch: "Was nix kost', taugt auch nix...".
Sorry, micha,
aber in diesen Punkten widerspreche ich ganz energisch!

Natürlich ist durch ein Eintrittsgeld das Publikum vorselektiert, und für den Akteur ist es dadurch "möglicherweise" einfacher.

In der heutigen Zeit stellt sich dann aber sehr rasch die Frage:
Wer kommt dann ÜBERHAUPT noch an diesem Abend in die Kneipe?

Ich gestehe, auch ICH gehöre zu den Leuten, die sich das dann 2x überlegen. Denn ... ich stehe auf dem Standpunkt, dass ZUNÄCHST einmal der Wirt "vorfinanzieren" muss, und nicht der Gast!
(Viele Wirte sind heute allerdings leider kaum noch gewillt, sich als Dienstleister zu sehen. Begriffe wie CUSTOMER FOCUS haben die oftmals nie gehört.)

Also. Was bleibt? Insbesondere wenn manN/Frau einfach Spass daran hat, seine/ihre Musik zu präsentieren?

Genau! Hingehen, spielen, Publikum aufmischen!
Und anschliessend gemeinsam mit dem Wirt die Kasse zählen.

An seinen Augen kannst Du dann häufig erkennen, dass Ihr Euch vor dem nächsten Gig sicher einmal etwas ausführlicher unterhalten könnt.

Gezz is aber gut. :wink:

Bis die Nächte.
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micha
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Beitrag von micha »

Wo ist denn Deiner Meinung nach der Unterschied zwischen einem Konzert in einer Kneipe/Club in der regelmässig Konzerte stattfinden, wo Bühne und Bühnenequipment vorhanden sind und einem Konzert in einem Konzertsaal ?
guitar-hero hat geschrieben:in der heutigen Zeit stellt sich dann aber sehr rasch die Frage:
Wer kommt dann ÜBERHAUPT noch an diesem Abend in die Kneipe?
Die Leute, die die Musik hören wollen. Natürlich funktioniert das nur, wenn man in der Region einen gewissen Namen hat. Wenn der Gegenwert stimmt, dann kommen die Leute.
guitar-hero hat geschrieben:Ich gestehe, auch ICH gehöre zu den Leuten, die sich das dann 2x überlegen.
Auf "Geiz ist geil"-Mentalitätsträger im Publikum kann man ruhig verzichten....:wink:
guitar-hero hat geschrieben:ich stehe auf dem Standpunkt, dass ZUNÄCHST einmal der Wirt "vorfinanzieren" muss, und nicht der Gast!
Wir reden hier von Konzerten (20:00 Uhr oder so Beginn und dann 2 oder 3 Sets mit Pause) und nicht darum, eine biologische Jukebox im Hintergrund dudeln zu lassen. Normalerweise werden Gagen etc. aus Eintrittsgeldern finanziert.
guitar-hero hat geschrieben:Viele Wirte sind heute allerdings leider kaum noch gewillt, sich als Dienstleister zu sehen. Begriffe wie CUSTOMER FOCUS haben die oftmals nie gehört.
Ein Wirt ist in diesem Fall natürlich ein Konzertveranstalter mit allen Pflichten, die sich daraus ergeben (Werbung, Gemagedöns, Versicherungen etc.). Hast Du schonmal davon gehört, dass ein Konzertveranstalter die Leute umsonst reinlässt, die Gagen und die restlichen Ausgaben aus der eigenen Tasche vorfinanziert und dann hofft, dass die Leute beim Rausgehen noch ein paar Münzen in den Klingelbeutel schmeissen ? Bei seriösen Musikkneipen/Clubs sind diese Konzerte ein wesentlicher Teil des Gesamtkonzepts und nicht ein ab und an (meistens dann, wenn der Umsatz sinkt...) bemühter Marketinggag unter dem Deckmäntelchen CUSTOMER FOCUS.
guitar-hero hat geschrieben:Also. Was bleibt? Insbesondere wenn manN/Frau einfach Spass daran hat, seine/ihre Musik zu präsentieren?

Dafür gibts dann diese Open-Stage-Geschichten, bei denen jede(r) mal was vortragen kann. Das hat aber nichts mit einem (normalen) Konzertbetrieb zu tun.
chevere

Beitrag von chevere »

Hallo Dieter!
Schön, daß Du wieder dabei bist.
Deine Schilderung erinnert mich ein wenig an eine Erfahrung vor ein paar Jahren, als wir von einem "Geburtstagkind" gebeten worden sind auf der Feier mit unserem afrokubanischem Percussionrepertoire aufzutreten.
Anfangs waren alle Zuhörenden kurz interessiert. Als aber die erste Begeisterung für die "exotische Beschallung" vorbei war, war es ähnlich wie bei Euch.
Gespräche hatten Vorrang vor Musikgenuß.
Ich war damals sauer auf meine Blödheit, für lau den ganzen Aufwand (Instrumente hin und zurück Schleppen, Programmerarbeitung, Spesen etc.) betrieben zu haben.
Aber es waren eben Freunde von einem Bandmitglied und so stimmte ich zu.
Anfangs habe ich mich fast ein wenig geschämt, daß wir es gewagt haben, diesen Gästen unsere Musik darzubieten. Im Nachhinein war aber genau das das Richtige, denn ich bin zu dem naheliegendem Schluß gekommen:
Umsonst spiele ich (Percussion) nicht mehr, wenn ich nicht mit einiger Sicherheit davon ausgehen kann, daß dieses auch goutiert wird.
Nebenbei möchte ich die Kritik an den (gewerblichen) Veranstaltern "Ihr spielt für den Eintritt" voll untersttützen, auch wenn ich mit unserer ehemaligen Latinband z.B. im "B-Flat" (Berliner Club) positive, pekunäre und "Resonanz"- Erfahrungen gemacht habe.
Daß die Band selbst den Hut herumreicht und sich der Betreiber sowohl vor Werbung, Ansage, und dem Eintreiben des Geldes drückt, zeigt doch nur, daß es ihm offensichtlich nicht so wichtig gewesen zu sein scheint.
Es gilt das olle "Motto" mit den Perlen und den wunderbaren Tieren.

Mal abgesehen davon, daß ich früher "aufrittsgeiler" war als heute, ist mir ein schöne Probe oder selbst diszipliniert zu üben glücklicherweise immer wichtiger geworden.
Obwohl ich das "Setting"nicht alleine bestimmen kann, habe ich oft auch das Gefühl selbst Schuld daran zu sein, nicht genügend Informationen gegeben und erhalten zu haben, um eine "Pleite" zu vermeiden.
Was das "umamsonsten" Spielen angeht, habe ich aber deutlich mehr "positive" Erfahrungen machen dürfen.
Der Auftrittsszene im Film "Blusesbrothers" (alle Musiker hinter einem prophylaktisch-montiertem Maschendraht, um den Bierflaschen und andern Wurfgeschossen nicht ausgestzt zu sein) hilft mir persönlich bei der Bewältigung von Unverschämtheiten seitens des Publikums! :wink:

(Wahlweise die Lektüre von Asterix- Comics/ ("der Barde"))

Alles Gute!
chevere

Beitrag von chevere »

Was noch hilft: Sagt Euch gegenseitig folgenden Spruch ins Ohr: "Wir sind im Auftrag des Herrn unterwegs." . :lol:
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christian
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Beitrag von christian »

Als Musiker so behandelt zu werden ist schon ganz schoen frustrierent. Die Schuld daran traegt aber der Wirt. Er sollte seine Gaeste besser kennen und wissen welche Bands er hired und von welchen er die Finger laesst.
In meinem letzten Job als Food & Beverage Director war ich unter anderem verantwortlich fuer eine sehr beliebte Country/ Rock Bar und ein Restaurant mit Acoustic Live Musik in einem Resort in Kalifornien. Die mir unterstellten Manager haben jeden Freitag und Sonnabend Live Bands angeheuert. Am Montag habe ich mir die Umsaetze in dem Live Music Restaurant und der Bar ausdrucken lassen und habe dann sofort gewusst welche Bands wir wiederhaben moechten. Wenn genug Umsatz gemacht wurde, wurde die Band wieder angeheuert. Es waere mir aber nie eingefallen eine Band aus dem Restaurant in die Bar zu schicken. Die haette man dort geteert und gefedert (siehe Blues Brothers).
Ich persoenlich habe meine Gitarre noch nie in einer Bar gespielt mit der Ausnahme von Open Mics. Ich finde Restaurants oder Coffee Houses weitaus angenehmer.
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