Gitarren als Wertanlage?

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

Moderatoren: jpick, RB, Gitarrenspieler

Jorma55
Beiträge: 1351
Registriert: Sa Mär 16, 2013 2:07 pm

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Jorma55 »

RB hat geschrieben:
Di Jun 21, 2022 12:18 pm
Die beiden besten, die ich kenne, waren eine alte D18 und eine neue HD28.
Ich würde nie eine Produktlinie, egal ob Standard, Golden Era, Authentic oder was auch immer pauschal abwerten. Da gibt es immer wieder jeweils sehr gute und weniger gute Exemplare. Man muss halt ggf. etwas suchen oder ein bißchen Glück haben . Wer auf Dreadnoughts steht und eine gute D-18 oder HD-28 gefunden hat, muss eigentlich nicht weiter suchen. Eine Authentic klingt anders , muss einem aber nicht zwangsläufig besser gefallen oder den deutlich höheren Preis wert sein. Was ich mit meinen obigen Ausführungen meinte, darf ich mit folgendem Beispiel ( nein, nicht schon wieder die D-45 Stephen Stills , obwohl es damit am nachvollziehbarsten wäre ) versuchen deutlich zu machen :
Stefan Grossman hat eine Abneigung gegen Dreadnoughts, weil er sie als für seinen Spielstil zu basslastig empfindet. Obwohl jahrelang mit einer alten om-45 unterwegs vermisste er bei dieser Bauform immer etwas Druck und Power. Als der Gedanke an ein Martin signature Modell aufkam, spielte er sich bei Martin durch zig Modelle und kam schließlich zu dem Ergebnis, dass eine Jumbo die richtige Bauform für ihn sei. Von Martin gab und gibt es davon nur ein einziges Standard Modell, die J-40. Ein im Martin Portfolio eher unpopuläres Modell, obwohl es fast den Druck und die Power einer Dreadnought aufweist und andererseits fast die Ausgewogenheit einer OM. Grossman vermisste bei diesem Modell lediglich ein etwas besseres Resonanzverhalten und eine etwas schnellere Ansprache. Also kam man überein die künftige signature etwas filigraner zu verbalken, konkret mit 1/4 statt der bei großvolumigen Gitarren wie der J-40 sowie den Dreadnoughts üblichen 5/16 inch. Das Ergebnis ist unüberhörbar. Die HJ- 38 Stefan Grossman ist resonanter und spricht deutlich schneller an als eine J-40. Für einen Strummer mag das keine große Rolle spielen, für einen Fingerpicker aber durchaus. Es kann sich also durchaus nachhaltig auswirken, wenn ein versierter Gitarrist seine Erfahrungen und Vorstellungen bei der Konzeption einer limitierten Sonderedition einbringt. Leider haben bei weitem nicht alle Künstler von dieser Möglichkeit gebraucht gemacht , aber es gibt eine Reihe von Ausnahmen und das sind wirklich besonders gute Martins geworden.
Die Idee mit der etwas filigraneren 1/4 Inch Verbalkung war übrigens nicht neu, Stan Jay (Mandolin Bros.) hatte bereits in den 80er Jahren im Custom Shop mehrere D-41 mit 1/4 Inch bracing geordert und die mit der für ihn üblichen Begeisterung als " D-41 turbo" beworben. Bei Martin ist man da etwas zurückhaltend, weil man Zweifel hat , ob eine derart leicht verbalkte Decke den Zug der bei Dreadnoughts üblichen 13er Saiten auf Dauer aushält.

Michael
If my thought dreams could be seen,they'd probably put my head in a guillotine
Jorma55
Beiträge: 1351
Registriert: Sa Mär 16, 2013 2:07 pm

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Jorma55 »

Ergänzung: Es gibt eine Ausnahme, die HD-35 hat ebenfalls ein " scalloped 1/4 bracing". Wie es da um die " Langlebigkeit" bestellt ist, weiß ich nicht, man muss aber ja nicht zwingend 13er Saiten aufziehen.

Michael
If my thought dreams could be seen,they'd probably put my head in a guillotine
Benutzeravatar
L1
Beiträge: 1104
Registriert: Do Okt 17, 2019 8:33 pm

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von L1 »

Würde ich wenn ich halbwegs mit Gefühl spielen will ohnehin nicht, grad auf so einer bewusst leichter gebauten Gitarre nicht.
Es geht ja nicht immer nur um maximale Lautstärke.
Benutzeravatar
Gitarrenspieler
Beiträge: 8880
Registriert: Mi Feb 25, 2009 7:46 am
Wohnort: North German Lowland

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Gitarrenspieler »

Zurück auf die Ausgangsfrage: Nein.
Aus meiner Sicht: Ich hab im letzten Jahr eine 20 Jahre alte Gibson J-45 verkauft (in sehr gutem Zustand). Gekauft hab ich die neu für 2400€. Miese gemacht hab ich beim Verkauf 500€. War freiwillig gezwungen hat mit dabei nichts u. Niemand.
Wenn ich nicht zufällig eine Gitarre die Hendrix angekokelt, oder eine die von George Harrison bemalt wurde bei Opa auf dem Boden finde, lohnt es sich meiner Meinung nach nicht.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
https://www.taaken.net
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20049
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von RB »

"Gibt es immwer wieder sehr gute und weniger gute Exemplare" Erneut: Was ist Deine Datengrundlage, die Dich befähigt, solche Aussagen zu treffen. Meines Erachtens ist es bei den schieren Zahlen, um die es geht, ein anekdotischer "Beweis" nicht tragfähig.
Benutzeravatar
Gitarrenspieler
Beiträge: 8880
Registriert: Mi Feb 25, 2009 7:46 am
Wohnort: North German Lowland

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Gitarrenspieler »

RB hat geschrieben:
Mi Jun 22, 2022 12:50 pm
"Gibt es immwer wieder sehr gute und weniger gute Exemplare" Erneut: Was ist Deine Datengrundlage, die Dich befähigt, solche Aussagen zu treffen. Meines Erachtens ist es bei den schieren Zahlen, um die es geht, ein anekdotischer "Beweis" nicht tragfähig.
Meinst du mich oder jemanden weiter oben?
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
https://www.taaken.net
Jorma55
Beiträge: 1351
Registriert: Sa Mär 16, 2013 2:07 pm

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Jorma55 »

Wiederum : Langjährige persönliche Erfahrung, es gibt einfach keine 2 identischen Gitarren. Ich habe schon ganz hervorragende D-28 gespielt, aber auch solche, die ich selbst für die Hälfte des verlangten Preises nicht genommen hätte. Einen Beweis im naturwissenschaftlichen oder juristischen Sinn gibt es da nicht. Einfach eigene Erfahrungen sammeln, eine andere Möglichkeit sehe ich nicht. Und glauben muss man mir gar nichts, ich gebe lediglich meine höchstpersönlichen Erfahrungen wieder, es ist jedem unbenommen, eine andere Auffassung zu vertreten. Über eine entsprechende Begründung würde ich mich dann aber natürlich freuen.
Waren etwa alle bislang von Dir angespielten D-18 bzw. HD-28 so gut wie die von Dir oben erwähnten Exemplare? Kann ich mir kaum vorstellen bzw. käme in meinen Augen schon fast einem Wunder gleich. Dann könnte man ja- wenn man sich für ein bestimmtes Modell entschieden hat , jederzeit bedenkenlos blind zuschlagen. Würde ich- wiederum ausschließlich auf Grund rein höchstpersönlicher Erfahrungen- nicht empfehlen , obwohl die Sache natürlich auch gut ausgehen kann.

Michael
If my thought dreams could be seen,they'd probably put my head in a guillotine
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20049
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von RB »

Meine langjährige persönliche Erfahrung geht exakt in die andere Richtung. Bisher habe ich vier HD28s gespielt, die alle sowas von gleich waren, dass es schon bemerkenswert war. Noch krasser war das Spielen zweier Santa Cruz -Dreadnougts des Typs Tony Rice Professional, deren Besonderheit darin besteht, dass sie unter Verwendung von Rio-Palisander gebaut sind. Es sind Instrumente gewesen, die in klanglicher Hinsicht auffällig waren, weil sie in allen Belangen ein Mehr boten, als alles andere, das ich spielte. Meine Aussage stützt sich auf nur zwei Exemplare, aber eines war neu bei Beyers Musike im Koffer und man drückte es mir zum Probieren in die Hand, obwohl es - das muss man einmal bedenken - schon verkauft war. Das andere war ein gebrauchtes und älteres Modell, "gut abgehangen" und es glich ihm klanglich aufs Haar, eine erstaunliche Konsistenz.

Nun ist es sicher so, dass man messtechnisch und auch darüber hinaus Unterschiede zwischen den Instrumenten wird feststellen können, denn immerhin sind sie aus natürlichen, organischen Werkstoffen hergestellt. Diese Erkenntnis ist indes eher ein wenig trivial, eine Selbstverständlichkeit eigentlich. Aber das hindert die Hersteller nicht daran, mit großer Akribie ein erstaunliches Maß ein Gleichförmigkeit zu erreichen.

Es führt aber vom Thema tagtsächlich ein wenig weg, Zuerst einmal war meine (rhetorische) Frage die, wie man allen Ernstes allgemein behaupten kann, Sondermodelle eines Herstellers seien generell qualitativ anders einzustufen, als das, was in der Serie produzier wird. Ich meine, daß diese Aussage nicht belastbar ist.

Und dann führte schon diese Ausgangsfrage eigentlich vom Thema weg, das ja ein ganz anderes ist.
Benutzeravatar
Gitarrenmacher
Beiträge: 3087
Registriert: Fr Sep 21, 2007 4:27 pm
Wohnort: 21379 Rullstorf
Kontaktdaten:

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Gitarrenmacher »

RB hat geschrieben:
Mi Jun 22, 2022 2:03 pm
Zuerst einmal war meine (rhetorische) Frage die, wie man allen Ernstes allgemein behaupten kann, Sondermodelle eines Herstellers seien generell qualitativ anders einzustufen, als das, was in der Serie produzier wird. Ich meine, daß diese Aussage nicht belastbar ist.
AMEN :lol:
Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.
-Benjamin Franklin- *1706 t 1790-
http://www.gitarrenmacher.de
Jorma55
Beiträge: 1351
Registriert: Sa Mär 16, 2013 2:07 pm

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Jorma55 »

Genau , belassen wir es einfach dabei. Es war nett, aber jetzt reichts auch wieder. Vom eigentlichen Thema hatten wir uns ohnehin schon weit entfernt.

Michael
If my thought dreams could be seen,they'd probably put my head in a guillotine
Benutzeravatar
elfer
Beiträge: 713
Registriert: Mo Apr 28, 2008 4:18 pm
Wohnort: bodenseeregion

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von elfer »

Sorry, RB, aber hier ging es um Preise, und da ist doch schon allein von den Gesetzen des Marktes her klar, eben Angebot und Nachfrage, dass Sondermodelle, da limitiert, eher (nicht immer) einer Preissteigerung unterliegen. Warum? Weil es für Leute, die genau ein spezifisches Modell suchen, eben kein Substitut gibt.

Das Gibson Noel Gallagher Modell (J-150) kam letztes oder vorletztes Jahr für knapp 4500 Euro auf den deutschen Markt. Eben wurde ein Exemplar für 8000 Euro verkauft (ja, verkauft, nicht angeboten). Wenn jemand den Noel Gallagher Sound sucht, wird er zu diesem Modell greifen, einfach weil es verspricht, näher dran zu sein als ein Modell von der Stange. Ob das immer so stimmt, wage ich auch zu bezweifeln. Ich habe schon katastrophale Sondermodelle von Martin und Gibson gespielt und fantastische Serienmodelle und übrigens auch umgekehrt - es ist aus meiner Erfahrung kein Gerücht, dass jede Gitarre anders klingt, gerade Gibson J-45 und Martin D-18 habe ich schon je über 50 Stück gespielt und da waren auf beiden Seiten echte Eimer dabei, aber eben auch sehr, sehr gut klingende Exemplare.
Endlich wieder im Studio: www.johanneskoch.net
Neue EP "Fliegen lernen" jetzt draußen: https://www.youtube.com/watch?v=h7UygtViX8Y
Benutzeravatar
Gitarrenspieler
Beiträge: 8880
Registriert: Mi Feb 25, 2009 7:46 am
Wohnort: North German Lowland

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Gitarrenspieler »

@elfer
Vielleicht war das aber auch nur ein Noel Gallagher Fan der da gekauft hat. Bin mir auch nicht sicher wie sehr die Instrumente wirklich an den Endorser angepasst werden. Der Name allein treibt doch schon mal den Preis für Fans nach oben.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
https://www.taaken.net
Benutzeravatar
Gitarrenmacher
Beiträge: 3087
Registriert: Fr Sep 21, 2007 4:27 pm
Wohnort: 21379 Rullstorf
Kontaktdaten:

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Gitarrenmacher »

Gitarrenspieler hat geschrieben:
Mi Jun 22, 2022 6:14 pm
Bin mir auch nicht sicher wie sehr die Instrumente wirklich an den Endorser angepasst werden.
Die Frage stelle ich mir auch.
Bier ist der Beweis, dass Gott uns liebt und will, dass wir glücklich sind.
-Benjamin Franklin- *1706 t 1790-
http://www.gitarrenmacher.de
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20049
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von RB »

Die Preise im Instrumentenmarkt beinhalten ein Affektionsinteresse und das ist unkalkulierbar.
Jorma55
Beiträge: 1351
Registriert: Sa Mär 16, 2013 2:07 pm

Re: Gitarren als Wertanlage?

Beitrag von Jorma55 »

Danke Johannes, aber ich fürchte es ist sinnlos. Ich habe etwa nie behauptet,, dass" Sondermodelle generell ...."sondern dass einige ( vergleichsweise wenige ) Sondermodelle , bei den sich der namengebende Künstler persönlich eingebracht und engagiert hat, im Regelfall... Das ist etwas völlig anderes und ich habe dafür ja auch ein Beispiel gebracht. Und ja, Martins sind consistenter als Gibsons aber es gibt definitiv Ausreißer in beide Richtungen und das ist auch völlig normal und gibt es natürlich auch bei anderen
Herstellern. Wenn ich natürlich als Boutique Hersteller in meiner gesamten Firmengeschichte weniger Instrumente gebaut habe als Martin in wenigen Monaten herstellt, ist die Wahrscheinlichkeit, an einen solchen Ausreißer zu geraten natürlich deutlich geringer. Und wenn es sich dann auch noch um ein besonders teures Riopalisander Modell handelt, nebenbei bemerkt um genau so ein Sondermodell, bei dem sich der namengebende Gitarrist persönlich eingebracht hat, dann weiß ich nicht so recht, was mir " der Künstler mit diesem Beispiel sagen will". Und schließlich ob nun 2 oder 5 Exemplare, da ist die Aussagekraft doch eher bescheiden.

Michael
If my thought dreams could be seen,they'd probably put my head in a guillotine
Antworten