Stegeinlage aus Plastik?

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Emmi
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Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Emmi »

Liebe Leute,

schön, dass ich hier sein kann. Nachdem ich einige Jahre ganz von der Gitarre weg war, dachte ich mir, so ganz ohne ist auch nix :guitar1: - so hab ich mir jetzt eine Hanika 28 mit Zederndecke von 1982 zugelegt. Beim ausführlichen Begrabbeln und Beglotzen ist mir nun aufgefallen, dass die Stegeinlage nach Kunststoff aussieht. Ein Kunststoffsteg gehört doch da nicht hin, oder? Hm, wer kennt sich aus und kann mal einen Blick auf die Fotos werfen, hoffentlich liege ich falsch?
https://imagizer.imageshack.com/img924/7631/GibJCa.jpg
https://imagizer.imageshack.com/img923/8608/2lJflY.jpg
Vielen Dank im Voraus!
Emmeran
Es335
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Es335 »

Hallo Emmeran,

das sieht ziemlich eindeutig nach einer Plastikeinlage aus, die da definitiv nicht reingehört. Zu erkennen an dem längslaufenden Grat. Diese Nahtstelle zwischen den beiden Spritzgussformen ist nicht zu vermeiden.

Die einfachste Lösung wäre, Hanika anzuschreiben/-rufen, ob sie dir eine originale Stegeinlage aus Knochen schicken können unter genauer Angabe der Modelbezeichnung und des Baujahrs. Man ist dort i.a. sehr kundenfreundlich und das kann nicht die Welt kosten.

Ansonsten kann man sich die Stegeinlage auch aus einem Knochenrohling auch problemlos selbst herstellen. Die kosten so um die 4€ und etwas feilen/schleifen sollte man können. Es staubt halt nur etwas, je nachdem wieviel man abschleifen muss. Brauchbare Anleitungen findet man z.B. im Internet oder man läßt das direkt von einem Fachmann machen. Diese Investition lohnt sich auf jeden Fall! :wink: :D
Zuletzt geändert von Es335 am Sa Feb 11, 2023 5:07 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Emmi
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Emmi »

Hey ES335,
vielen Dank für Deine schnelle und kompetente Antwort :bide: . Eigentlich dachte ich mir das schon, aber war mir nicht sicher, ob es vielleicht Knochenstegeinlagenfräsen gibt, die so einen Grat erzeugen - oder ob es vielleicht Superduper-Spezialweltraumkunststoff-Stegeinlagen gibt, die Hanika von Haus aus verwendet und vielleicht viel besser als Knochen sind.

Ich habe schon mal für einen Akustikbass und eine Dreadnought Knochenstegeinlagen zurechtgefeilt und -geschliffen. Das ging ganz gut, war aber eigentlich schon richtig Arbeit :-). Wenn Hanika was bereits Passendes liefern kann, ist das natürlich am einfachsten. Die Bundreinheit ist mit dem Plastiksteg schon gar nicht schlecht.

Den Kauf bereue ich aber trotzdem nicht, es ist eine tolle Gitarre!
Es335
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Es335 »

Das glaube ich und kann versprechen, dass sie mit einem sauber eingepassten Knochensteg garantiert noch toller wird! :D
Emmi
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Emmi »

Ich werde berichten!
Schönes Wochenende
Emmi
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Emmi »

So, hier mein Bericht:
Am Sonntag eine E-Mail an Hanika geschickt, am Montag morgen kam die Antwort. Der Gitarrenbaumeister schrieb, zu der Zeit hat Hanika serienmäßig Kunststoffstegeinlagen verwendet. Aber er könnte mir eine Knochen-Stegeinlage nach Maß fertigen, wenn ich ihm die genauen Maße übermittle. Man könnte natürlich besonders sparsam sein und selber feilen und schleifen, ein Rohling kostet ja nur ca. 2 Euro, aber ich finde 17 Euro + 1,60 Euro Porto für die fertige Einlage von Hanika voll okay! Also, Maße übermittelt am Montag, heute, Mittwoch kam die Stegeinlage. Ich hab' sie schon eingebaut, sitzt, passt, alles gut. Super Service von Hanika!!! :bide:

Klingt die Gitarre nun anders? Also, riesig ist der Unterschied sicher nicht. Ich bilde mir ein, sie klingt etwas offener, aber vielleicht rede ich mir das auch nur ein. Hm, wenn die Gitarre jetzt vielleicht wirklich ein Quäntchen besser klingt, hat sich die Investition von 18,60 Euro doch mehr als gelohnt. Ich bin sehr zufrieden mit dieser Aktion, vielen Dank nochmal an ES335 für seine Einschätzung!

Haut rein!
Emmeran
Es335
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Es335 »

Gerne geschehen! Es ist erfreulich, dass das so gut geklappt hat und bestätigt den ausgezeichneten Ruf, den der Hanika Service genießt.

Ein riesiger Klangunterschied war natürlich nicht zu erwarten. Dein Eindruck eines offeneren Klangs deckt sich jedoch durchaus mit meinen Erfahrungen und stellt dennoch eine nicht zu verachtende Klangverbesserung dar. Was für mich einfach unverständlich bleibt ist, wie Hanika damals eine vollmassive Gitarre mit einem Plastiksteg "kastrieren" konnte. :shock: :roll:

Sei's drum. Ich wünsch dir weiterhin viel Spaß mit deiner Hanika! :D
Zuletzt geändert von Es335 am Mi Feb 15, 2023 7:13 pm, insgesamt 1-mal geändert.
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Niels Cremer
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Niels Cremer »

Das ist wirklich ein bemerkenswerter Service, viele andere Firmen würden da wahrscheinlich wg. Unwirtschaftlichkeit abwinken. Die Wirkung ist wohl eher in homöopathischen Größenordnungen zu messen, wenn überhaupt, aber auch Plazebo ist ein Effekt - if it feels good, it IS good! :wink: Glückwunsch & viel Spaß!

LG,
Niels
Es335
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Es335 »

Niels Cremer hat geschrieben:
Mi Feb 15, 2023 7:10 pm
... Die Wirkung ist wohl eher in homöopathischen Größenordnungen zu messen, wenn überhaupt, aber auch Plazebo ist ein Effekt ...
Nach meiner Erfahrung eher weniger. Man muß dabei bitte bedenken, dass die Saiten einer Konzertgitarre nur 1/3 des Saitenzuges einer Stahlsaitengitarre haben. Zudem sind Nylon-Saiten von Natur aus obertonärmer und weisen selber eine höhere Eigendämpfung aus, als Stahlsaiten. Weshalb Verluste an der wesentlichen Schnittstelle für die Schwingungsübertragung in den Korpus sehr viel stärker zu buche schlagen als bei Stahlsaitengitarren.

Daher ist das erste, was ich bei einer Konzertgitarre (!) mit Klangdefiziten mache, den Steg zu überprüfen bzw. auszutauschen. Macht aus schwarz natürlich kein weiß, aber führte bislang bei jeder halbwegs wertigen Konzertgitarre zu einem hörbaren Klanggewinn. :wink:
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Niels Cremer
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Niels Cremer »

Das stimmt ja alles, aber ich glaube dass bei den meisten Konzertgitarren kaum ein messbarer Unterschied zwischen einer hart-plastik Stegeinlage und einem Knochen besteht, und Hanika werden da schon nicht das schlechteste Material genommen haben. Ich denke dass da viel „Wunschhören“ mit im Spiel ist - und das find ich auch absolut in Ordnung! :D

LG,
Niels
Emmi
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Emmi »

Was mir aufgefallen ist: Der Kunststoffsteg ist echt ganz schön weich. Da ja (fast) alle Saitenschwingung über den Steg auf die Decke gelangt, ist es mir schon viel wohler, kein "umstrittenes" Material dort zu haben, sondern "was Gscheites" halt. :D
Mich freut's jedenfalls!
Es335
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Es335 »

Die Einschränkung (fast) kannst du fallenlassen!

Die ganze Schwingungsenergie der Saite wird über diese kleine, unscheinbare Stegeinlage in den Resonanzkorpus eingekoppelt und wird durch so ein relativ weiches Plastikteil stärker bedämpft als z.B. durch eine Knocheneinlage. :wink: :D
gruhf
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von gruhf »

D. h. eine Stegeinlage aus Plastik erwärmt sich beim Spielen stärker als eine Knocheneinlage?
Emmi
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Emmi »

Ob sich da was erwärmt? Hm, bei E-Bässen gab es vor allem früher Schaumstoff-Dämpfer kurz vor dem Steg unter den Saiten, um das Sustain zu verkürzen und die Höhen/Obertöne wegzunehmen. Die "Bremswirkung" war enorm, aber der Schaumstoff hat sich nicht nennenswert erwärmt, ähnlich wird sich's beim Kunststoffsteg verhalten. So hochenergetisch ist unser Gezupfe ja sowieso nicht und wir sprechen ja bei verschiedenen Stegmatierialien nur von Dämpfungsnuancen.
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Gitarrenmacher
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Re: Stegeinlage aus Plastik?

Beitrag von Gitarrenmacher »

Wie dick, hoch, lang ist das Ding denn nun?
Wenn ich Messschiebermessungen bekäme, könnte ich so ein Ding in einen Umschlag stecken und zuschicken.
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