Spotify und so ...

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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Holger Hendel
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von Holger Hendel »

Um es mal klar zu sagen: Spotify (und auch die anderen Streaming Dienste) sind böse. Sie bezahlen die Künstler nicht, sondern beuten sie gnadenlos aus. was an Geld eingeht, wird nach Anzahl der Streams verteilt. Deine zehn Euro gehen also nicht zu gleichen Teilen an die fünf Nischen-Künstler, die du hörst, sondern zu 90 % an Taylor Swift (oder von mir aus an die Rap-Künstler, für die wir alle zu alt sind).
Der aktuelle Schlüssel ist in der Tat schwierig. Doch von "böse" oder "Ausbeutung" zu sprechen finde ich ebenso schwierig. Die dort veröffentlichten Musikerzeugnisse sind idR bereits bezahlt, niemand bei klarem Verstand geht in Vorleistung um die Produktionskohle via stream-income wieder reinzuholen. Wäre mir zumindest neu und das wäre ein sehr vages, verrücktes, wildes Konzept. Die Künstler sind dort freiwillig am Start da sie sonst niemand finden würde, das ist die Realität. In vielen Regionen ist das Spielen von Auftritten schwierig da es - zumindest in meiner Region - immer weniger kleine locations gibt in denen sich neue Künstler, junge Projekte ausprobieren können. Zum lebt social media schnellen Erfolg vor. Am besten gar nicht erst das Haus / Studio verlassen. ;) Jeder dude kann heute mit geringem Finanzmitteleinsatz solide produzirte Musik herstellen und veröffentlichen. Dazu dann sehr bald all die KI-Musik. Ob es dafür einen Namen geben wird? Ich bin mir nicht sicher, ob es überhaupt eine Phase geben wird in der KI-generierte Musik von "menschlicher" Musik qualitativ unterscheidbar sein wird. Wer den Weg einschlägt, selbst Musik herzustellen sollte sich vorher überlegen, was er hinterher mit diesen Erzeugnissen vor hat.

In social media geht aktuell so eine wall of text eines bekannteren Künstlers rum, er ist selbst Künstler of spotify und verurteilt die aktuelle Regelung der Kohle-Verteilungsart auf spotify. Das ist das erste Mal, dass ich solch eine Aktion begrüße, denn der Verteilungsschlüssel ist wirklich nicht nachzuvollziehen. Eine Begründung muss spotify natürlich nicht liefern, doch würde sie mich sehr interessieren.
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saitentsauber
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von saitentsauber »

berndwe hat geschrieben:
Do Dez 07, 2023 1:42 pm
Ich verstehe noch nicht so ganz warum die für die bei Spotify nichts rausspringt ihre Musik überhaupt noch dort anbieten.
Das sehe ich so ähnlich wie akquirieren. Wer keine Kristallkugel hat, muss halt viele Kröten küssen, um (vielleicht...) einen Prinzen zu finden.
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antaisce
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von antaisce »

Ich rate Musikern, die vor allem viel live spielen, z.T. jetzt auch zur digitalen Enthaltsamkeit, also LPs und MCs als Tonträger, Verkauf bei Auftritten, fertig. :guitar1:
notenwart
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von notenwart »

Meiner persönliche Gesundheit ist es zuträglich, wenig industriell hergestellte Nahrung zu mir zu nehmen. Mit Musik halte ich es ebenso.
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Holger Hendel
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von Holger Hendel »

"Weird Al" Yankovic - Spotify Wrapped 2023 Thank You Video. Inhalt: Weird Al erklärt in einem 30 Sekunden Video irgendwo auf social media, dass er für über 80 Millionen spotify-streams in 2023 ca. 12$ bekommen hat und rechnet das in den Gegenwert eines Sandwiches um, "bedankt" sich bei spotify für das Sandwich. Ich war und bin Fan dieses Künstlers doch hier bin ich komplett raus. Oder ist das eine neue Kunstform die ich nicht verstehe? Machen das bald alle so? Das wäre so, als wenn ich einen Gitarrenworkshop anbiete, der gut angenommen wird und ich nach erfolgreich verlaufendem workshop ein yt-Video mache in dem ich versuche, dem Veranstalter ein schlechtes Gewissen zu machen: wie kann er es wagen mir für so einen grandiosen Workshop nur x Kohle zu zahlen. Obwohl ich vorher diesen Konditionen zugestimmt habe. Wild.
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docsteve
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von docsteve »

Naja, wenn der Veranstalter dich dazu zwingt, den grandiosen Workshop für zwölf Cent anzubieten, weil du ansonsten keinen grandiosen Workshop machen würdest?

Und wenn wir davon ausgehen, dass die meisten Musiker immer noch Musik um ihrer selbst machen und nicht nur um Geld zu verdienen, ist das schon eine sehr bedenkliche Entwicklung.

So funktioniert das Modell: wenn du eine CD für 15 € kaufst, geht ein bestimmter Anteil davon an den Künstler. Alle anderen Künstler bekommen nichts. Bei Spotify gehen aber deine zehn Euro in den großen Topf und werden unter allen Künstlern aufgeteilt, die in diesem Monat irgendwann einen Stream hatten. Wer mehr Streams hat, bekommt mehr. Wenn sich 80 Millionen Streams in zwölf Dollar übersetzen, kannst du dir ausrechnen, wie wenig die anderen bekommen. Abgesehen davon – wenn du für zehn Euro so viel Musik im Monat hören kannst, wie du willst, verteilt sich ohnehin weniger Geld auf mehr Künstler, und jeder hat weniger.

(ich gehe jetzt mal davon aus, dass du tatsächlich ein Abo hast und zehn Euro bezahlst. Über die Werbefinanzierung kommt noch viel weniger rein.)

Wenn Spotify aber zufällig das Monopol hat, gibt es nicht viele Möglichkeiten, sich dagegen zu wehren – außer man ist wiederum Taylor Swift und zieht sich einfach von den Streaming Diensten zurück. Aber die kann sich das ja auch leisten.
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Holger Hendel
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von Holger Hendel »

@docsteve: Das sind zwei verschiedene Dinge - die Vergütung in Geld / stream und der cut (den spotify & co. willkürlich setzen), ab dem dort veröffentlichende Künstler Zugang zu Monetarisierung erhalten.
Naja, wenn der Veranstalter dich dazu zwingt, den grandiosen Workshop für zwölf Cent anzubieten, weil du ansonsten keinen grandiosen Workshop machen würdest?
Meine Phantasie reicht nicht aus um mir ein derartiges Szenario vorzustellen. Eine super Alternative zum "unter Preis arbeiten" ist für mich etwa "Daheimbleiben und Gitarrespielen bzw. an der VR-Brille zocken". Weird Al wird auf spotify unter Garantie nicht für das von ihm erwähnte Sandwich veröffentlichen. Warum tut er es dann wenn es doch so doof ist? Ich versuche nur zu verstehen, was so ein Verhalten bewirken soll - dort veröffentlichen wenn man doch alles daran shice findet. Das ist ein sehr inkonkgruentes Verhalten das mMn so gar nicht zu einem super Künstler wie Weird Al passt.
(ich gehe jetzt mal davon aus, dass du tatsächlich ein Abo hast und zehn Euro bezahlst. Über die Werbefinanzierung kommt noch viel weniger rein.)
Niemals, zum Musikhören bleibt mir zu wenig Zeit und deren aktuellen Verteilungsschlüssel finde ich sehr mies. Die 10 Euro gebe ich lieber für ein Sandwich aus.
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RB
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von RB »

Spotify nutzt die Macht des quasi-Monopols {nicht zu verwechseln mit Quasimodo} und beutet letztlich die Künstler aus,, indem es deren Leistungen verramscht.
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berndwe
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von berndwe »

Vielleicht würde dieses Geschäftsmodell ein Ende finden wenn die Ausgebeuteten nicht mehr mitmachen?

Die die zu wenig Streams haben als dass nennenswert Geld in die Kasse käme (das scheinen sehr viele zu sein) könnten ihre Musik dort abziehen. Das ist finanziell gesehen die Wahl zwischen „so gut wie nichts“ und „ nichts“. Man verliert höchstens einen Werbeeffekt. Ist der aber wirklich nennenswert? Wenn der Werbeeffekt von Belang ist, kann man Spotify als kostenloses Werbemedium sehen.

Das offensichtlich ungerechte Verteilmodell würde mich als Künstler auch ärgern. Wenn der Ärger groß genug wäre und die Vergütung ohnehin nicht der Rede wert, dann würde ich dort einfach nicht mitmachen.

(Ich habe leicht reden, weil ich nicht von Musik leben muss, aber man muss nicht alles mitmachen, finde ich).
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von RB »

Der Künstler:Innen glaubt, der Herde unausweichlich folgen zu müssen.
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berndwe
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von berndwe »

Damit er/sie mit der Herde vom bösen (Spotify-) Wolf gefressen wird.
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Holger Hendel
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von Holger Hendel »

spotify & co. zeigen mMn unverblümt, dass es in diesem Markt quasi unendlich viel Angebot gibt. Die Regale in einem Baumarkt sind endlich und ich muss am Ende einen von sechs zur Auswahl stehenden Hämmern kaufen wenn ich einen brauche. Bei spotify kann ich (theoretisch) unendlich lang Musik hören und neue entdecken die so ähnlich ist wie die, die ich eh schon cool finde. Und täglich kommt neues Zeug dazu. Weil - so erkläre ich persönlich mir die aktuelle Situation - immer und immer mehr Menschen gibt, die sich in der Musik selbst verwirklichen wollen und dies aufrund des niederschwelligen technischen Zugangs auch können, ihr Zeug aufnehmen und veröffentlichen, andere finden´s gut und hören es, verschaffen den Künstlern mitunter messbaren income in Geld durch Kauf von merch, Tonträgern, Konzerttickets - bis dahin alles tofte. Und dann sind da die, die spotify doof finden und noch nicht mal sagen wollen, wie viel Geld pro stream angemessen sei. Aber: "Das, was spotify macht ist doof...". :roll: Das treibt dann mitunter Auswüchse wie das 30 Sekunden Video von Weird Al das nicht zu verstehen ist.
antaisce hat geschrieben:
Fr Dez 08, 2023 11:36 am
Ich rate Musikern, die vor allem viel live spielen, z.T. jetzt auch zur digitalen Enthaltsamkeit, also LPs und MCs als Tonträger, Verkauf bei Auftritten, fertig. :guitar1:
+1 Das wäre doch was! Originelle Künstler füttern auf spotify & co. neue Fans nur an, wer mehr hören möchte (oder die eigentlichen Original-Versionen entsprechender Songs und nicht nur den "spotify-edit") muss sie sich anderswo beschaffen. Darüber habe ich absolut keine Informationen ob sowas gemacht wird und wenn ja, mit welchem outcome.
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saitentsauber
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Re: Spotify und so ...

Beitrag von saitentsauber »

Ich vermute mal, dass die Zahl derjenigen, die überhaupt LP und MC abspielen können, in keinem Verhältnis zur Zahl derjenigen steht, die sich z.B. unterwegs von irgendwelchen Endgeräten beschallen lassen. :evil:
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