Vom Streben nach dem Zeitlosen, Allgemeing?ltigen

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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RB
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Vom Streben nach dem Zeitlosen, Allgemeingültigen

Beitrag von RB »

Irgendwann nachts im Bette habe ich meinen musikalischen Werdegang rekapituliert und festgestellt, daß ich inzwischen wieder da bin, wo ich vor reichlich 15 Jahren schon hätte sein können, wenn ich nicht einen Umweg gemacht hätte. Nachdem ich nämlich früher alles zu spielen versucht hatte, was nach Fingerstyle klang, angefangen von der Carter Begleitung bis hin zu "Mood For a Day" von Steve Howe und Stücken von Leo Kottke, bin ich dann von der neuen deutschen Welle eingeholt worden und habe fünf Jahre Krach gemacht. Dann habe ich auf meiner damaligen Ibanez wieder zuhause herumgezupft und nebenbei ziemlich selten mal elektrisch in einer losen Country-Kapelle gespielt. Seit circa zehn Jahren bin ich wieder von der Faszination eingefangen, die das rein akustische Instrument und seine Möglichkeiten bieten.

Dabei hatte ich dann das beruhigende Gefühl, einer Musik nachzugehen, die man immer spielen kann und für die man auch immer - wenn man will - interessierte, angetane oder vereinzelt auch begeisterte Zuhörer findet. Der Gedanke, so etwas wie einen "bleibenden Wert" gefunden zu haben, hat mich so beruhigt, daß ich gleich eingeschlafen bin.

Im Grunde habe ich mich als jüngerer Mensch von Modeströmungen mitreißen lassen und war eine Zeitlang dem, was mich an der Sache schon immer fasziniert hatte, entfremdet gewesen. Nun habe ich das Gefühl, "wieder zuhause" zu sein. Kennt ihr das oder geht es jemand außer mir auch so ?
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Saitenheimer
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Beitrag von Saitenheimer »

Wie Dir geht´s wohl vielen Musikern.
Ich muss mir nur meine Clapton Sammlung anhören.
Aber ich finde es gut, wenn man verschiedenste Stilrichtungen ausprobiert.
Das ist wie beim Zeichnen z.B. Wenn man sich sehr früh auf einen Stil festlegt, könnten Möglichkeiten verloren gehen. Auch in der Musik kann man ruhig etwas aus den früheren Erfahrungen mitnehmen und so eine eigene Stilrichtung aufbauen oder in bekannte Stücke mit einfliessen lassen.
Im Lauf der Jahre habe ich auch einiges ausprobiert.
Dann kam die Zeit mit der Band und die Musik sollte "nur" den richtigen Rahmen für die Texte bilden. Das war nicht unbedingt meine Musik, auch wenn ich sie gemacht habe. Aber es gab immer Zeit nebenbei noch den Geschichten nachzugehen, die mir wirklich Spaß machen.
Die Band existiert nicht mehr. Aber damals gab´s eben die Musik, um Geld zu verdienen und die Musik, die man daheim im stillen Kämmerlein spielt.
Glücklich die, die beides miteinander verbinden können.


Stefan
erniecaster

Beitrag von erniecaster »

Hallo R.B.,

ich bestreite deinen Eingangssatz ganz energisch. Deine Ausflüge in andere Spielarten haben bei dir sicherlich Spuren hinterlassen und waren alles andere als überflüssig.

Das Ganze erinnert mich ein wenig an Janoschs "Oh wie schön ist Panama".

Gruß

erniecaster
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pegahorn
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Beitrag von pegahorn »

Hallo R.B.

genau dieses Gefühl hatte ich auch. Irgendwann trennte ich mich von meinen Heroen und spielte nur noch das was mir selbst einfiel. So konnte ich mein Level selbst bestimmen, ohne irgendwen nacheifern zu müssen.
Und das hat mich vorwärtsgebracht.

Vor ein paar Tagen hab ich mir ein Saxophon gekauft, nicht um der Gitarre lebewohl zu sagen, sondern um neue musikalische Wege zu gehen
Grad fällt mir ein, mein Klavier hab ich schon lange nicht mehr missbraucht, das muss wieder ran

Gruß Richard
Es ist ehrenvoller eine Bank auszurauben, als eine zu gründen (B. Brecht)
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RB
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Beitrag von RB »

Ich glaube, ich muß Erniecaster zustimmen. Das ist ein Aspekt, den ich beachten sollte. Allerdings ist das, was von der wüsten, wilden Zeit des Punk und des Wave als Erfahrung übrig geblieben ist, eher eine Ahnung dessen zu benennen, wie man es nicht machen sollte.
Gast

Beitrag von Gast »

Hi,

Ich denke, dass man ein Ziel haben muß um gut zu werden. Ausflüge in andere Genres oder Stilrichtungen schaden vielleicht nicht, halten aber auf bzw. blockieren die Entwicklung im Hinblick auf das angestrebte Ziel. Wenn man das Ziel erreicht hat (klar verbessern kann man sich immer) kann man eher mal einen Blick in andere Gefilde werfen.

Das schwierige an der Sache ist halt zu Beginn die Definition des Ziels :roll:

Viele Grüße
Tom
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Saitenheimer
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Beitrag von Saitenheimer »

[quote="Chet"]
Das schwierige an der Sache ist halt zu Beginn die Definition des Ziels :roll:

[quote]

Hi Tom,

bei vielen Musikern wird sich das "Ziel" immer wieder neu definieren, je nach dem was man erreicht hat.
Man könnte höchsten sagen, die Musikrichtung und/oder diese Spielweise gefällt mir, und versuchen so gut wie möglich darin zu werden. Aber der Geschmack verändert sich eventuell im laufe der Jahre.
Ich weiß jetzt auch noch nicht, was mir in 10 Jahren richtig Spaß macht zu spielen.


Stefan
Gast

Beitrag von Gast »

Hi Stefan,

stimmt schon was du sagst. Wenigstens die Musikrichtung sollte klar sein (obwohl es da ja auch sehr unterschiedliche Stile geben kann).

Ich denke, dass es wenig erfreulich ist, wenn man nach 10 Jahren aufwacht und merkt, dass man von allem ein bisschen und nichts richtig kann.

So verrückt das auch klingt, aber irgendwie muß man jetzt schon wissen, was man in 10 Jahren (auch noch) mögen wird. Scheint der einzige Weg zu sein, wie man ein hohes Niveau in einer bestimmten Musikrichtung erlangt.

Aaaaber. Ich gehe hier davon aus, dass sich die eigene Gitarrenspielkunst nicht unabhängig von der Musikrichtung entwickelt und man irgendwann einfach besser Country als Jazz spielen kann.

Sollte es allerdings so sein, dass die Fähigkeiten an der Gitarre sich unabhängig von dem was man spielt entwickeln, dann spielt es eigenlich keine Rolle, ob man sich zB einige Jahre Heavy-Metal angetan hat und dann wieder zum Fingerstyle zurückkehrt.

Das halte ich aber für unwahrscheinlich...

Viele Grüße
Tom
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RB
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Beitrag von RB »

Ich bin auch der festen Überzeugung, daß eine Zielvorstellung von großer Bedeutung ist. Die war bei mir aber eher vin der Begeistrung für eine Musik geprägt, die mir gut gefiel. Daraus entwickelte sich das Gefüh: "Da will ich auch hin". Und dieses Streben hat mich vorangetrieben. Es war also weniger (oder eher gar keine) nüchterne Überlegung dabei, sondern die pure Begeisterung und Faszination, die mich vorantrieb und -treibt.

Die generelle Zielvorstellung ist dann Auslöser für bestimmte Techniken, die ich angestrebt habe.

Wenn ich mir das vor Augen halte, frage ich mich allerdings nach wie vor, wie ich r DW d älice getrieben worden bin. Aus meiner heutigen Sicht war das ein Irr- und Abweg. Aber irgendeine Form der Begeisterung wird schon damals auch dabei gwesen sein, ich kann es nur heute nicht mehr nachempfinden.
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

Nicht nur, damit ich die besondere Ehre habe, den 2000sten Eintrag in der Rubrik Allgemeines zu schreiben, nein, auch weil ich lange über Reinhards Eingangsthread nachdenken mußte, schreibe ich heute und hier meinen kleinen Beitrag.

Ich habe Gitarre nur gelernt, weil mir das Akkordeon versagt blieb. Das hatte mein Bruder schon, "und zwei solche Dinger können wir uns nicht leisten". Schon gar nicht einen zweiten Privatlehrer, der einmal in der Woche vorbeischaut. :twisted:

Ich wollte aber unbedingt Musik machen, "was ja soo nicht schaden kann...", bettelte und erhielt dann zu Weihnachten ein Paddel erster Güte. Eines ähnlich der Dinger, die Bernd so treffend gerade in der Rubrik Neuling beschrieben hat. Qualität übelster Art, Stahlsaiten wie Stacheldraht... Mit Etui für 50 Mark bei Warnke gekauft.

11 Monate in einer Gruppe von rund 20 ( oder so ) jungen Menschen erhielt ich dann von der "Hohner Musikschule" in einem Kneipenhinterzimmer die ersten Hinweise darauf, was ich auf keinen Fall spielen wollte. Unser Musiklehrer sah die Gitarre nur als Rythmusunterstützung für seine Akkordeonschüler, die in ebenso starker Formation die Unterrichtsstunde nach uns hatten.

Ich habe dann auch die Gitarre monatelang nicht angefasst.

Dann hörte ich Wader. Die Zeit der Folkies und Liedermacher hatte alle Jugendlichen meines Alters in den Bann gezogen. Man trug Nietenhosen, breite Gürtel und bunte Hemden. Peter, Paul and Mary waren ebenso bekannt, wie Joan B., Dylan, Stevens, Denver, Seeger, Ofarim usw., usw. Ein bunter Mix von Liedern, die sowohl vom Text wie auch vom musikalischen her nicht nur mir "etwas gaben".

Es war die Zeit, als das "Songbook von ???" die Bibel war, als es vollkommen klar war, dass man sich die Haare sehr lang wachsen lassen muss und Harekrischna-singend am Strand von Goa den Rest seines Lebens verbringt ( natürlich mit ständig wechselnden Partnern - weil: man hatte ja jetzt und hier leider nur sehr spärliche "Fast-Chancen" und der heimliche Schwarm antwortete auch nicht auf die vom besten Freund vorgetragene Frage, "...ob sie mit einem gehen wollte" ). Und wenn nicht Goa, naja, dann zumindest in Berlin, weil einen da die Bundeswehr nicht greifen kann. Es war auch die Zeit, als man gerade entdeckt hatte, dass man mit drei Blatt Zigarettenpapier und einer aufgerollten Pappe ein fast identisch zum Film aussehendes Ding herstellen konnte. Und weil ich darin eine gewisse Fertigkeit erlangte, wurde ich gerne dazugeholt, "wenn jemand Etwas besorgt hatte".

Ich stellte bald fest, dass man als Gitarrist gerade zu dieser Zeit der Folkies, Aussteiger und Liedermacher absolut "in" war und holte den Prügel wieder aus der Ecke. Ich übte "Blowing in the Wind" und die allgemein üblichen Stücke und war bald eine Art "Star".

Fazit: Diese Musikrichtung zeigt neue Horizinte und Möglichkeiten - dann bleibe ich dabei.

Irgendwann spürte ich, dass da noch mehr sein kann, als nur ein paar einfache Akkorde. Ich hörte also Wader, prägte mir den Namen Lämmerhirt und Kottke ein, kaufte eine andere Gitarre ( meine 12-saitige Höfner ). Und dann fing ich an zu Üben. Mein erstes Stück: Freight Train mit Capo im 4.Bund.

Irgendwann spürte ich, dass da noch mehr sein kann, als nur der alte Freight Train. Ich hörte also auf dem alten Plattespieler die geborgten Scheiben und versuchte nachzuspielen. Mit mittlerem bis gehobenem Erfolg. Immerhin hatte ich keine Freundin, ein extrem strenges Elternhaus, keinen Bock auf Schule und nach Goa wollten die anderen nicht mit. Somit hatte ich alle Zeit der Welt. Und man kann sagen, dass mit steigendem Erfolg beim Spielen auch ein gewisser Ergeiz entstand. Das ermöglichte mir dann auch, in Kneipen und in der Fußgängerzone dafür zu Sorgen, das Reisegeld für den Umzug nach Goa zu erspielen. Zumindest den Bierbedarf für den Abend zu deckeln.

Irgendwann ging es auf der Erfolgskurve nicht weiter. Ich blieb auf einer Entwicklungsstufe hängen, spielte also auch "nur" die bekannten Sachen. Und irgendwann kam dann eine Zeit, als andere Dinge wichtiger waren, man "die alten Dinger" nicht hören wollte und neue Lieder nicht so gefragt waren. Ich übte also eher halbherzig, "irgendwo" gehörte Lieder auf der Gitarre umzusetzen. Summertime, Mr. Sandman, um nur mal 2 zu nennen. Mit meiner Freundin Kati ( im Sinne einer Wahlschwester ) spielte ich nebenher noch andere Stücke, wie Donna Donna, Fisherman und dem bereits bekannten "Scotch & Soda". Dann verloren wir uns ein wenig aus den Augen und diese Richtung schlief auch ein.

Mein Gitarrenspiel dümpelte so vor sich hin, ich spielte "irgendwas", aber eher ohne große Ambitionen und nur um zu entspannen und zur Unterstützung, wenn ich irgendwelche tiefgründigen Probleme wälzte. Neues lernte ich jedenfalls nicht so direkt dazu, obwohl ich regelmäßg spielte, auch eine neue Steel kaufte ( eine Takamine F340 oder so... jedenfalls eine Gitarre, die einer Martin verdammt ähnlich war ).

Dann kamen die Kinder. Und wer das mitgemacht hat, der weiß, dass manchmal 24 Stunden am Tag nicht mehr ausreichen.... :wink:

Bald merkte ich, dass mir etwas fehlte....

Irgendwann grub ich also die Gitarre wieder aus, kaufte meine EN25 dazu, kaufte eine Konzert beim Gitarrenbauer und lernte einen Gitarristen kennen, der im Stil gut zu mir passte.

Aber noch immer blieb meine Stilrichtung und ich hatte keine Ambitionen, in die Richtung des POP, Pups, Hipp oder sonstwo zu wechseln.

Noch heute spiele ich regelmäßig. Ich gehe oft darin auf. Aber ich bin nicht so ehrgeizig, einen großen Künstler zu covern. Ich kenne einige der "großen" Gitarristen gar nicht ( erst durch dieses Forum habe ich zu ihnen einen ersten Kontakt bekommen ). Ich spiele nur "zum Spass" und eventuell "mal für ein Bier". Ich spiele die alten Sachen, auch wenn ich ( nur kurz ) einmal Country spielen wollte. Ich sehe diese ganze Sache absolut unverbissen. Ich ärgere mich auch nicht, wenn ich mit Gitarristen zusammenkomme, die deutlich mehr in den Fingern haben, als ich. Sicher, ich schau dann mal und versuche etwas nachzuspielen, aber wie gesagt: vollkommen locker, weil ich keinen Zwang dahinter sehe.

Kennt Ihr die chinesische Geschichte vom Schmetterling? ...Hätte ich es damals tatsächlich wahr gemacht und hätte Musik studiert - oder wäre zumindest Musiker geworden - ... wer weiß, wo ich mit meiner Veranlagung und meinem gewissen Talent heute stehen würde. Aber dann wäre ich auf jeden Fall nicht hier. Ich hätte vermutlich all die schönen Dinge nicht erlebt, hätte heute einen ganz anderen Stil auf der Gitarre, eine andere Familie, einen anderen Beruf...

...und vermutlich hätte ich diesen Artikel nicht geschrieben :wink:
Zuletzt geändert von OldPicker am Fr Jun 24, 2005 8:24 am, insgesamt 1-mal geändert.
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"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
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chrisb
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Beitrag von chrisb »

@ oldpicker:
sehr schön geschrieben :!:

für einige geht es halt drum ein held zu werden............
viele denken sie sind einer, aber nur sehr wenige schaffen es.

für andere und da zähle ich mich auch dazu hat die gitarre mit der zeit einen anderen stellenwert bekommen. aus welchen gründen auch immer. beruf , familie,.....
mir wurde mal geraten:
"...auch wenn du mal nicht viel zeit hast um zu üben, zu spielen, dich mit der gitarre zu beschäftigen, nimm sie in die hand (und wenn es nur 5min sind), egal ob es dir gut oder schlecht geht, spiel eine melodie, ein lied und lass dein herz erwärmen. darum gehts beim musizieren....."

in diesem sinne........
chrisb
Aläx
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Beitrag von Aläx »

Hallo RB

Ich habe mich das alles auch schon mal gefragt und bin zu dem Ergebnis gekommen, dass ich auf keine Erfahrung verzichten möchte die ich auf meine musikalischen Ausflügen erlebt habe.
Ich wollte zunächst E-Gitarre spielen da ich ein glühender Verehrer von Ritchie Blachmore war. Meine Mutter bestand auf "richtigen " Gitarrenuntericht wofür ich ihr auch heute noch dankbar bin. Das führte dazu dass ich erst mit Klassik in Verbindung kam. Ich konnte mich sehr schnell dafür begeistern und habe dann über fast 8 Jahre wirklich ernsthaft Klassik gespielt und auch bei grossen Meisern dieses FAches Kurse belegt und teilweise studiert. Irgendwann kam in mir die Entscheidung, dass ich nicht eine Karriere als klassischer Gitarrist anstrebe da mir bewusst war, dass das ein hartes Brot ist und man ohne Unterricht zu geben in diesem Berreich ein hartes und karges Leben führt ausser man heisst Barrueco oder Fisk und davon war ich meilenweit entfernt.
Als ich die Sache dann lockerer angegangen bin habe ich wieder meine ursprüngliche Idee der E-Gitarre aufgegriffen inspiriert durch Gitarristen wie Malmsteen oder andere die mit ihrem brachialen Sound und ihrer Technik zu diesem Zeitpunkt Stücvke aus dem Barock und der Klassik in atemberaubender Art nachspielten. Der Umstieg auf die E-Gitarre war fast wie das erlernen eines zweiten Instruments. Aber ich habe davon auch für meine klassische Technik gelernt. Glaiches gilt als ich anfing mich mit Steelstringgitarren und Flamenco zu beschäftigen.
Heute spiele ich hauptsächlich Klassik aber nicht so wie man es vielleicht lehrt sondern in einem gewissen Sinne "Crossover". Bestes Beispiel sind Stücke wie Mood for a day von Steve Howe.
Wenn ich das auf klassischen Seminaren in abendlicher Runde mal angespielt habe dann wollte jeder die Noten haben weil das so gut klingt.
Und das ist es doch auf was es ankommt.
Was ich damit sagen will ist, dass ich durch meine Ausflüge in E-Gitarre und andere auch sehr viel tolle neue Stücke und Gitarristen kennengelernt habe die mir als Klassikgitarrist heute fremd wären.
Sicher wäre ich heute klassisch weiter wenn ich nichts anderes gemacht hätte aber da ich mein Geld nicht damit verdienen muss glaube ich dass es der beste Weg war. Denn das Gitarrespielen macht mir heute noch jede Menge Spass und ich kann überall zumindest mitreden und da gibts nicht viele.

Also freu dich lieber über alles was du an Anregungen gesehen hast und denke nicht darüber nach wie gut du sein könntest wenn du stur bei deiner Linie geblieben wärst.

tschau Aläx
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Joachim
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Beitrag von Joachim »

Oldpicker und Aläx,

um es mit Herbert Grönemeyer zu sagen "Es wärmt wenn Ihr erzählt!".

Irgendwie ist bei mir und der Gitarre immer ein wenig Frust bei. Ich hätte gerne mal einen Blick in die Parallelwelt geworfen, in der ich es ernsthafter mit der Gitarre versucht hätte...

Ich habe sehr früh angefangen klassische Gitarre zu spielen. Eigentlich wollte ich mit meinem Bruder Beatles Lieder spielen, aber klassische Gitarre war auch oK. Ich wußte bis vor c. 5 Jahren gar nicht, dass es soetwas wie Fingerpicking in diesem ausgeprägten Maße gibt. Sicher ich kannte Kottke, aber dem wollte ich nie nacheifern und auch David Qualey kannte ich, aber den habe ich eigentlich immer als Klassiker angesehen, der süßliche Stücke spielt.

Wenn ich mal Zeit finde en neues klassiches Stück zu spielen merke ich, dass ich sehr schnell vorankomme, bis zu einem gewissen Punkt, an dem man dann richtig ackern müßte um weiter zu kommen, und da fehlt mir die Diziplin. Wahrscheinlich fehlt mir die letzte Härte am Berg, wie Jan Ullrich :wink:

Eine super Erfahrung ist das Spielen mit einer Band, einfach laut in die Saiten knallen.

Ambitionen habe ich keine mehr, oder verschiebe Sie auf mein Rentenalter, aber wenn ich soweit bin, geht man wahrscheinlich erst mit 80 in Rente...
Gruss
Joachim :guitar1:

2006 - Kreul Nr. 29 - Tuja
2008 - Kreul Vollfichte Kreulevaro
2011 - Kopie Stauffer Gitarre (1804)
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RB
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Beitrag von RB »

Alles, was Ihr schreibt, stimmt und ich könnte es zum guten Teil unterschreiben. Nur will ich auch nicht mißverständlich sein: Ich bin ja zufrieden, sehr zufrieden sogar. Ein ganz wesentlcher weiterer und bisher ungenannter Aspekt der Sache erfordert eine Art Outing, das ein wenig vom anfänglichen Thema wegführt. Auch ist es mir ein wenig peinlich: Ich hatte früher, als Kind, zwei Jahre Geigenunterricht. :violin:

Das lief damals so: Mein Papa, der nach einem halben Jahr Klavierunterricht Klavier, Querflöte und ein wenig Gitarre spielte (Autodidaktik als Lehrmetode hat bei uns Familientradition) und meine Mama, die sich stolz als eher unmusikalisch gab (Sie sagte zu meiner Klavier übenden Schwester: "Kannst Du mal mit dem Geräusch aufhören"), waren der Meinung, der Junge (ich) sollte auch ein Instrument lernen. Wenn nun schon der Papa Querflöte spielt, die Schwester Klavier, was lag da näher, als dem Filius die Geige ans Herz zu legen, zumal es ein altes Erbstück in der Familie gab, eine angeblcih Tschechische Arbeit von 1848. Das Erbstück liegt hier, braucht jemand eine Geige ? Ausweislich eines Gutachtens soll sie Anno 1968 schon DM 4.800m- wert gewesen sein, ich gebe sie günstig ab :mrgreen:

Aber ich schweife ab: Es gab Phantasien meiner Eltern, in unvorsichtigen Sunden geäußert, die auf ein gemeinsames Musizieren bei Familienfesten oder vorweihnachtlichen Winterabenden hinausliefen. Es ist nicht dazu gekommen. Ich glaube das ist besser so, mein Vater kann als Autodidakt nämlich zwar sich selbst etwas beibringen, aber mir und meiner Schwester wäre er ein schauriger Kapellmeister geworden, fürchte ich.

Da ich, wie ich mich zu erinnern meine, ein braver Junge war und das Psychodrama des mittleren Kindes durchlitt (da gibt es Bücher drüber), sagte ich artig "ja ich will Geige lernen, nichts lieber als das". In Wahrheit war ich aber bereits vom Blues und Folk und vor allem der Gitarre infiziert. Auf Reisen mit kirchlicher Jungend, an der ich als viel zu junges Anhängsel meines Vaters - der Stadtjugendpfarer war - teilnahm, gab es sie schon, die klampfenden und zupfenden Jünglinge, die aus hektographierten Textbüchern Lieder von Woody Guthrie und FJ Degenhardt zum besten gaben. Das hat mich sehr beeindruckt. Zudem wohnten wir hinder dem Jugendzentrum der evangelischen Gesamtgemeinde meiner Heimatstadt und es war in der Mitte der sechziger Jahre nicht gerade selten, daß ich mit dem Klang der dort probenden oder abends aufspielenden Jungendbands einschlummerte, und immer deutlicher wurde mein Wunsch, Gitarre spielen zu lernen.

Das ist dieses Drama des mittleren Kindes: Es hört Blues und Folk, findet Gitarre erstrebenswert und geht stattdessen einmal wöchentlich in die Geigenstunde, höt einmal täglich das "hast du schon geübt" und muß sich im Konzertabo auch noch den vierzehnjährigen Geigen-Wunderknaben anschauen, gegen den das mittlere Kind einfach nur ein armer Wicht ist. Schon alleine wie erwachsen der Wunderknabe sich auf der Bühne schon bewegt. Da kommt der Knabe (ich) natürlich nicht mal ansatzweise mit.

Irgendwann reicht dann der Mut, den Eltern einzugestehen, daß das mit der Geige nicht das Wahre ist. Mit einer geliehenen Gitarre habe ich dann mit 14 angefangen, meine kleine eigene Welt zu bauen und einen eigenen Weg zu beschreiten. Und wenn ich heute auf den zurückgelegten Weg sehe, der mit solchen Irrungen und Wirrungen angefangen hat, da wäre ich dem Schicksal gegenüber wohl sehr undankbar, wenn ich nicht grund-zufrieden wäre.
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

Reverend R.Becker hat geschrieben:...Ich hatte früher, als Kind, zwei Jahre Geigenunterricht...
... Mensch, das isses doch. Warum baust Du das nicht aus???? So'ne echte Westernfiddel..... :wink:

...rät der olle
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