Wo setzt ihr einen Lowcut? Oder wozu EQ?

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Moderator: RB

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scifi
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Wo setzt ihr einen Lowcut? Oder wozu EQ?

Beitrag von scifi »

Hallo "Freunde" der Aufnahmetechnik

("Freunde" weil ich mir nicht sicher bin, ob Recording wirklich jemandem Spaß macht, der nicht auch gerne in Reißnägel tritt)

Ich senke bei meinen Heim-Aufnahme mittlerweile alle Spuren ab rund 80Hz abwärts um rund 30 DB ab (nenne ich jetzt mal Lowcut). Leider ohne größere Idee was ich damit anrichte. Angefangen habe ich damit, weil ich das Wummern von Gitarrenbässen weg kriegen wollte. Dann weil die Percussion sonst alles zudröhnt. Dann den Gesang, weil es ja nicht schaden kann und ich irgendwo mal den Tipp bekommen habe, dass man bei Nicht-Bassinstrumenten sowieso alles unter 80Hz abschneiden kann (Trittschall etc.).

Insgesamt schieße ich damit aber irgendwie über das Ziel heraus und unten herum fehlt "etwas". Da sich in meiner Band die Instrumente meinem Eindruck nach leider zum guten Teil im Frequenzbereich überschneiden, würde es vielleicht genügen nur einen Teil zu "kastrieren"?

Leider habe ich in Audacity noch keine Möglichkeit gefunden den EQ während des Abspielens einer Spur in Echtzeit zu verändern. Das mischen läuft bei mir immer im Trial&Error-Verfahren.

Frage an euch: wie behandelt ihr A-Gitarren-Spuren beim abmischen mit dem EQ. Habt ihr spezielle Frequenzbereiche, die ihr häufig anpasst?
Wo setzt ihr ggf. einen Lowcut?
Setzt ihr auch generelle Lowcuts, wenn ihr verschiedene Instrumente und Gesang zusammen abmischt?
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Pappenheim
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Re: Wo setzt ihr einen Lowcut? Oder wozu EQ?

Beitrag von Pappenheim »

scifi hat geschrieben:Frage an euch: wie behandelt ihr A-Gitarren-Spuren beim abmischen mit dem EQ. Habt ihr spezielle Frequenzbereiche, die ihr häufig anpasst?
Wo setzt ihr ggf. einen Lowcut?
Setzt ihr auch generelle Lowcuts, wenn ihr verschiedene Instrumente und Gesang zusammen abmischt?
Ich hoffe ich darf hier auch antworten, wenn ich nicht am PC abmische, sondern am Mischpult, dass so einen Low-Cut-Knopf an jedem Kanalzug hat.

Bei der A-Gitarre habe ich auf der L. R. Baggs Venue DI zwei semiparametrische Mittenbereiche, die ich regeln kann. Da such ich mir den grauslichsten Frequenzbereich heraus, welcher dann runtergeregelt wird, fast auf Null.

Low Cut setze ich sowohl bei Gesang (habe eine sehr tiefe Stimme) und bei der A-Gitarre (da die Martin und die Gibson sehr basslastig sind).

Und jetzt kommts: Das mit den Low-Cuts mache ich nur, wenn ich in einem geschlossenen Raum spiele / aufnehme. Im Freien brauche ich die Bässe, sowohl bei Gesang, als auch bei Gitarre.

Ist alles eine Sache des Ausprobierens!
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Paeida
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Beitrag von Paeida »

Ich kann dir folgendes Buch empfehlen, habe viel daraus gelernt und schlage bei Problemen gerne darin nach:Mischen wie die Profis.
Das versteht auch der ambitionierte Hobbymischer, nicht nur der Profi.

Grüße

Sven
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bookwood
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Beitrag von bookwood »

Das von Sven empfohlene Buch ist wirklich interessant.
Für einen kurzen Tipp zum Lowcut von Akustikgitarren
kann man z.B. auch hierhin surfen: (Nach-)Bearbeitung

Ähnliche (knappe) Infos aus einem Tonseminar:
EQ:
Die Grundtöne der Gitarre liegen im Bereich von 82 bis 1174 Hz, also
zwischen E und d4, die Obertöne erreichen Frequenzen bis zu 12kHz
(je nach Spielweise weniger oder mehr). Dem Eingreifen in das
Klangbild der Gitarre mit einem EQ sind erst einmal keine Grenzen
gesetzt, außer ästhetische, dennoch kann man einige Wirkungen
verschiedener Frequenzbereiche festhalten. Frequenzen zwischen
80 und 120 Hz verstärken den Bassdruck der Gitarre und lassen sie
runder klingen, können aber auch schnell zu einem übermäßigen
wummern führen. 200 bis 300Hz sorgen für mehr Klangfülle und
zwischen 2 und 6kHz kann man beginnen der Brillanz und den
Anschlagsgeräuschen mehr Deutlichkeit zu verleihen. Oft findet
man vor allem bei günstigeren Gitarren im Bereich zwischen 100
und 250 Hz hässliche Resonanzen und ein Low-Cut schadet auch
oft nicht viel. Musikalischer als ein steilflankiger Tiefpass bei einer
tiefen Frequenz wirkt oft ein etwas flacherer aber dafür höher
angesetzter. Wenn man die Wahl hat sollte man sich die Zeit zum
Experimentieren nehmen.
Gruß
von
Ralf
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scifi
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Beitrag von scifi »

Leute, ich danke euch. Das führt mich schon mal in die richtige Richtung:-)
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Pida
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Beitrag von Pida »

Stell' doch mal eine "wummrige" Aufnahme online!

Wenn ein Instrument dröhnt, sollte man die betroffenen Frequenzen ermitteln. Oft ist es z.B. eher das G (3. Bund E-Saite) als das E. In dem Fall sollte man dann die Problemfrequenz (in dem Beispiel 98 Hz) absenken, nicht aber den gesamten Bassbereich.

Ein 'radikaler' Low Cut kann auch Sinn machen, um den Mix aufzuräumen. Wenn z.B. die ganze Zeit ein Bass Grundtöne und ein Keyboard Flächensounds spielt, möchte man von der geschlagenen Gitarre vielleicht nur einen perkussiven Sound, der allein schrecklich dünn klingt. Dann würde ich evtl. einen Low Cut bei 120 Hz (= 2. Bund D-Saite) oder sogar etwas höher setzen.

Man liest häufig solche Rezepte... Low Cut gegen Trittschall und alles wird gut. Also zumindest bei mir läuft keiner durchs Zimmer, wenn ich gerade aufnehme!

Ich verwende bei der Gitarre keinen Low Cut. Wenn du bereits eure komplette Besetzung (Gitarre, Gesang, Percussion) beschrieben hast, würde ich das an deiner Stelle vermutlich auch nicht tun.
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scifi
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Beitrag von scifi »

@Pida

Danke für das Kommentar. Nur Gitarre und Gesang aufzunehmen finde ich relativ einfach. Schwierig wird es wenn mehrere Spuren aufeinander kommen und dann noch Percussion, Violine, Shruti etc. Letztlich müsste ich jede Aufnahme individuell bearbeiten hinsichtlich der Frequenzräume der beteiligten Instrumente.

Das Problem wäre einfacher zu handhaben, wenn ich die Frequenzen der Aufnahmen mal analysieren würde. Nur irgendwie finde ich nicht raus wie das gehen könnte. Ich benutze Audacity und dort gibt es zwar eine Frequenzanalyse, aber das Ergebnis-Diagramm und die Optionen verstehe ich inhaltlich nicht.

Am einfachsten wäre es mit einem mögl. parametrischen EQ in Echtzeit im Frequenzspektrum beim Mischen zu "rühren" und dabei zu sehen, welche Frequenzen wie angehoben oder abgesenkt werden müssten. Aber ich kriege das in Audacity bislang nicht hin bzw. ich kann dort eine Spur mit EQ bearbeiten und dann nach dem Mix sehen, was die Veränderung für eine Auswirkung hat. Also ein ewiges Trial&Error.
Für meine Audioplayer (VLC und Windows Media Player) habe bislang noch keine EQs gefunden, die fein genug auflösen oder sogar parametrisch wären.

Weiß jemand eventuell wie man in Audacity abhören und zur Laufzeit EQ-Eisntellungen verändern kann? Stelle ich mich nur doof an? Oder können das eventuell Cubase, Reaper etc.? Dieses Problem nervt mich gerade gewaltig, besonders weil die Lösung in der Theorie so einfach sein müsste...
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

Hi scifi
scifi hat geschrieben: Weiß jemand eventuell wie man in Audacity abhören und zur Laufzeit EQ-Eisntellungen verändern kann? Stelle ich mich nur doof an? Oder können das eventuell Cubase, Reaper etc.? Dieses Problem nervt mich gerade gewaltig, besonders weil die Lösung in der Theorie so einfach sein müsste...
Du machst nichts falsch, Audacity kann seine Effekte und Analysefunktionen nicht in Echtzeit umsetzen. Du hast die 3 Sekunden Vorhoerzeit (allerdings auch nicht bei allen Effekten) und das wars. bei Cubase und Reaper kannst du waehrend das Stueck laeuft gemuetlich an den Reglern drehen. Dafuer ist Audacity genial einfach zu bedienen.

Joe
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scifi
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Beitrag von scifi »

Hi tired-joe,

OK, dann hast du gerade für mich beschlossen, dass ich umsteigen muss.

Ich kämpfe jetzt seit einem Jahr mit diesem Problem und es wird zum Knock-Out-Kriterium für mein geliebtes Audacity. Wenn das nicht funktioniert, komme ich hier nicht weiter und die VST-Plugins kann ich auch anderswo benutzen.

Dann werde ich mal demnächst anfangen Reaper zu testen.


Besten Dank!!!! Das war hilfreich.
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Pida
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Beitrag von Pida »

Trotzdem deiner Umstiegsabsichten noch zwei Hinweise:

Bei der Frequenzanalyse stelle "Axis: Log. Darstellung" ein. Die Anzeige sollte dann verständlicher sein.

Und noch ein ganz anderer Ansatz: Frequenzen lassen sich natürlich in Töne umrechnen und umgekehrt. Wenn man sich das mal bewusst macht, kommt man mit der Zeit zu einem Verständnis dazu, wie ein EQ einzusetzen ist.

Hier mal eine Übersicht über eine Oktave. Wenn du die Angaben in Hz (mehrfach) verdoppelst bzw. halbierst, kommst du zu den gleichen Tönen in anderen Oktaven. 440 Hz ist das A im 5. Bund der hohen e-Saite, 110 Hz entspricht der offenen A-Saite.

Code: Alles auswählen

A  = 440
A# = 466,16
H  = 493,88
C  = 523,25
C# = 554,37
D  = 587,33
D# = 622,25
E  = 659,26
F  = 698,46
F# = 739,99
G  = 783,99
G# = 830,61
Eine Echtzeit-Funktion vermisse ich bei Audacity nicht. Im Zweifelsfall bearbeite ich zunächt nur einen Ausschnitt mit dem EQ, höre dann einen etwas längeren Ausschnitt ab und achte darauf, ob das EQing zu dem gewünschten Resultat geführt hat oder ob ich den EQ stärker/schwächer/anderes einstellen sollte.
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morris
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Beitrag von morris »

Hi scifi,

jedesmal hüpft mir Dein EQ-Post ins Auge, jetzt muß ich doch noch mal was dazu schreiben.

Ich habe bis vor einiger Zeit auch fast grundsätzlich so etwas wie einen Low-Cut gesetzt. Meiner reichte jedoch oft auch bis in weit höhere Frequenzen hinein. (Mir klang es natürlicher wenn die Kurve flacher war.) Also meinetwegen ein Absenken (nicht Abschneiden) von 0 bis ungefähr 250 Hz, frag' mich nicht bei wieviel db das jeweils begann.

Inzwischen mache ich das nicht mehr oft. Motiviert durch ein Interview mit T-Bone Burnett zum "O Brother Where Art Thou"-Soundtrack habe ich begonnen mir deutlich mehr Mühe mit der Mikrofonierung und der Optimierung des Aufnahmeraumes zu geben. Das Ergebnis ist, daß ich die Mikrofone genauer und weiter weg von der Quelle positioniere. Dadurch bekomme ich, wenn der Raum nicht ganz und gar furchtbar ist, ein Signal welches ich im Idealfall gar nicht mehr mit dem EQ bearbeiten muß. Für mich hat da "weniger ist mehr" echt gegriffen. Das betrifft bei mir jedoch kein Bandrecording sondern einzelne Instrumente hübsch nacheinander. Fürs Aufnehmen einer Band braucht man dafür wohl doch einen richtig guten Aufnahmeraum.

In diesem Sinne wünsche ich frohes Aufnehmen!

Beste Grüße

Morris
mbern
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Beitrag von mbern »

morris hat geschrieben:
Das Ergebnis ist, daß ich die Mikrofone genauer und weiter weg von der Quelle positioniere.
Kannst du die Positionierung der Mikros vielleicht noch etwas ausführlicher beschreiben, die Akustikgitarre betreffend?
Was für Mikros, wie viele und wie positioniert?
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scifi
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Beitrag von scifi »

Danke an Oida und morris für die Einschätzungen.

Ich habe jetzt in Reaper mal ein paar Test gemacht und mit einem verschieben in Echtzeit ist die Sache deutlich einfacher. Leider ist Reaper enorm mächtig und deshalb unübersichtlich wie Cubase etc.. Da muss man dann wohl durch :-/

Noch ein Nachtrag zu Pidas Angabe der Frequenzen:
das ist auf jeden Fall interessant für eine Solomix der Gitarre. Bei bis zu 8 Instrumenten plus Gesang würde ich aber wahnsinnig als Amateur
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morris
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Beitrag von morris »

mbern hat geschrieben:Kannst du die Positionierung der Mikros vielleicht noch etwas ausführlicher beschreiben, die Akustikgitarre betreffend?
Was für Mikros, wie viele und wie positioniert?
Früher habe ich immer mit einem Beyerdynamic MCE 530-Paar aufgenommen - ziemlich dicht, vielleicht 15cm, eins auf Hals-Korpus-Übergang, eins auf den Steg. Dann halt nachbearbeitet.

Inzwischen ist es nur noch ein Mikro für die Gitarre. Wenn ich gleichzeitig singen muß/will/darf läuft die Gitarre über ein Beyerdynamic MCE 530, der Gesang über ein AKG C214. Wenn ich nicht singe nehme ich manchmal auch das AKG für die Gitarre.

Wenn gesungen wird ist der Abstand Mikro-Quelle nicht allzugroß - vielleicht 40cm. Andernfalls kriege ich gar keine Signaltrennung mehr zustande.
Wenn es aber nur um die Gitarre geht, kann es auch mehr sein. Den Klang finde ich sehr fertig. Man bekommt halt sehr viel mehr Raumanteil.

Die Mikrofon-Positionen für die Gitarren ändern sich stark je nach Stück, Gitarre, Soundvorstellung etc. Ich habe da schon fast alles mal probiert. Jede erdenkliche Position zwischen Hals und Steg, Mikro von oben direkt vor meiner Stirn, Mikro von außen auf die Zarge usw. Natürlich sind von vorne aufgenommen die Klang-Unterschiede bei größerer Distanz nicht mehr so groß. Aber einiges lässt sich doch verändern.

Beim Positionieren geht halt alles nach den Achsen. Bässe und Höhen lassen sich über Höhe und vertikale Neigung regulieren, Mittenanteil über die horizontale Position und Ausrichtung. Aber wie erwähnt, auf die Distanz werden die Auswirkungen schwächer.

Es steht und fällt aber mit dem Aufnahmeraum. Wenn der nicht wirklich gut klingt, ist es besser näher ran zu gehen. Bei mir hängt das von der Motivation ab. Da ich in meinem Zimmer auch arbeite muß ich zum Weiter-weg-Aufnehmen halt Vorhänge ziehen und Matratzen stellen um ihn etwas zu neutralisieren. Da die Decke viele Holzbalken hat reicht das als Maßnahme aber schon aus.

Und das Mikrofon sollte natürlich schon ganz OK sein. Für weiter weg eignen sich die Beyerdynamics nicht halb so gut wie das AKG. Das ist einfach rauschärmer und weicher.

Ob das nun wirklich hilfreich war, keine Ahnung. Patentrezepte habe ich keine. Ich empfehle aber eindeutig: Alles ausprobieren und jede Regel in Frage stellen! Die Sache macht ja auch Spaß!

Grüße

Morris
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