Addieren sich Frequenzen und/oder Amplituden?

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scifi
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Addieren sich Frequenzen und/oder Amplituden?

Beitrag von scifi »

Hi zusammen,

ich gebe zu, dass ich eine Physikniete bin. Deshalb beschäftigt mich eine Frage, die bei manchem vielleicht nur ein müdes Lächeln produziert:

Ich mixe gerade drei Spuren einer Gitarre plus eine Gesangsspur. Jede Spur für sich klingt soweit OK, aber wenn ich alle drei Spuren zusammen abspiele in der DAW fängt es zwischen ca. 100 und 250 Hz an zu wummern.

Frage nun: "addieren" sich die Frequenzen eventuell und führen damit zu einer Überbetonung des Frequenzbereichs? Oder wie kommt es zu diesem Effekt?

(Ich habe jetzt via EQ massiv die entsprechenden Frequenzbereiche abgesenkt und es funktioniert klangmäßig in der Summe. Die Einzelspuren klingen dafür miserabel.)
Zuletzt geändert von scifi am So Jan 20, 2013 5:01 pm, insgesamt 2-mal geändert.
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ralphus
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Beitrag von ralphus »

Es handelt sich evtl. um Interferenzen. Hier ein Link zu wikipedia, in dem das ganz gut erklärt wird. (insbes. die Grafiken machen das deutlich)

Ob dieses Phänomen beim Abmischen hörbar vorkommt / vorkommen kann, kann ich, wg. mangelnder praktischer Erfahrung, nicht sagen - vermute aber mal, dass "Ja".
Viele Grüße

ralphus
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DiSt
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Beitrag von DiSt »

Summen- und Differenzfrequenzen entstehen nur bei Nichtlinearitäten, d.h. wenn irgendein Element nichtlinear arbeitet (im Volksmund: verzerrt). Im Zweifelsfall kann das auch das menschliche Gehör sein.

Addieren im Sinne von 250 Hz + 250 Hz = doppelt so laut bei 250 Hz? Ja, das tun sie (dann addieren sich aber nicht die Frequenzen, sondern die Amplituden, und doppelt so laut wird's auch nur, wenn die beiden 250 Hz-Signale in Phase sind).

Addieren im Sinne von 125 Hz + 125 Hz = 250 Hz? Siehe oben. Nicht sehr wahrscheinlich.
Dieter
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

Es addieren sich nicht die Frequenzen, sondern die Amplituden, wenn man zwei Wellen addiert. Beim Zusammenfuhren mehrerer Spuren kann es daher vorkommen, dass gewisse Frequenzbereiche, in denen die Amplituden relativ gross sind, ueberbetont werden. Daher behandelt man mit dem Eq. z.B. die akutische Gitarre verschieden, je nachdem ob es eine Solo Aufnahme ist, oder im Bandgeflecht. In Bandbesetzung wird in der Regel bei der Gitarre der Bassfrequenzbereich stark abgesenkt. Man kann auch den hoheren Grequenzbereich (>5kHz) anheben, um der Gitarre mehr Glanz zu verleihen. Gerade wegen der starken Beschneidung der Bassfrequenzen kann die Solospur schelcht klingen, im Bandgefuehe hingegen kann das "Wummern" verschwinden und die Gesamtklang besser sein.

Joe

Edit: DiSt hat das besser und korrekt erklaert.
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scifi
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Beitrag von scifi »

Ein herzliches Dankeschön, ihr habt mir echt weiter geholfen :-)
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LaFaro
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Beitrag von LaFaro »

DiSt hat geschrieben:Summen- und Differenzfrequenzen entstehen nur bei Nichtlinearitäten, d.h. wenn irgendein Element nichtlinear arbeitet (im Volksmund: verzerrt). Im Zweifelsfall kann das auch das menschliche Gehör sein.

Addieren im Sinne von 250 Hz + 250 Hz = doppelt so laut bei 250 Hz? Ja, das tun sie (dann addieren sich aber nicht die Frequenzen, sondern die Amplituden, und doppelt so laut wird's auch nur, wenn die beiden 250 Hz-Signale in Phase sind).

........
es kann "sogar" sein. dass sie sich bei entsprechender Phasenverschiebung zu 0 addieren...
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

ja scifi wie von den anderen bestätigt können verschiedene instrumente im zusammenklang einen unangenehmen peak in einem bestimmten frequenzbereich verursachen, der bei jedem einzelnen instrument noch im grünen bereich ist.

bass und bassdrum sind oft ein problem. man muss manchmal entscheiden welchem instrument man im tiefen bass und welchem man im tiefmitten bereich den vortritt lässt, eine mächtige bassdrum und ein mächtiger bass klingen zusammen meist gar nicht gut.

als faustregel drehe ich bei der BD den bereich um 200-250 Hz herunter und lasse sie den tiefbass bereich ausfüllen, den bass lege ich in den mittenbereich und nehme die tiefen zurück. percussive instrumente ändern ihre tonhöhe in der regel nicht (es gibt natürlich ausnahmen) ihr klang beibt daher im song stabil. würde man dem bass die tiefen frequenzen zuordnen hätte man ein sehr unruhiges klangbild im tiefen bereich. die einzelnen noten wären schwerer erkennbar da im mittenbereich die BD mehr zuschlagen würde. trotzdem kann man es natürlich auch genau umgekehrt machen. reine geschmacksache.

die gitarre liegt oft im bereich des gesangs und kann man sogar etwas lauter machen, wenn man den mitten bereich absenkt und im tiefmittenbereich dem bass mehr platz lässt. bei der akustischen strumming gitarre kann es zu einer überbetonung der höhen kommen wenn blech, z.b. becken oder hihatt eingesetzt werden. hier kommt es auf die rhythmische qualität der beiden spuren an welche ich etwas zurücknehmen oder herausstellen würde.
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scifi
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Beitrag von scifi »

Herigo hat geschrieben: als faustregel drehe ich bei der BD den bereich um 200-250 Hz herunter und lasse sie den tiefbass bereich ausfüllen, den bass lege ich in den mittenbereich und nehme die tiefen zurück. percussive instrumente ändern ihre tonhöhe in der regel nicht (es gibt natürlich ausnahmen) ihr klang beibt daher im song stabil. würde man dem bass die tiefen frequenzen zuordnen hätte man ein sehr unruhiges klangbild im tiefen bereich. die einzelnen noten wären schwerer erkennbar da im mittenbereich die BD mehr zuschlagen würde. trotzdem kann man es natürlich auch genau umgekehrt machen. reine geschmacksache.
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Danke für den Tipp, dass werde ich mal bei den Tabla und Rahmentrommel versuchen. Bisher gehe ich da mit einem Low-Cut ran, was aber zu einem Mangel an unteren Bässen führt.

Außerdem wird mir klar, dass ich bei der Anzahl der Spuren aufpassen muss, wenn ich mir nicht eine absurde Arbeit machen möchte... ;-)
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Paeida
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Beitrag von Paeida »

Noch ein Tipp der ein bisschen an Herigos gute Ausführungen anknüpft:

Nicht Einzelspuren "schön EQ-en", sondern nur wirklich "unschöne" bzw. "störende" Frequenzen absenken.
Der Rest wird im Gesamtmix eqt, indem einzelnen Instrumenten Frequenzbereiche "freigeräumt" werden (siehe Herigos Beispiel mit Bassdrum und E-Bass). Das kann dann in der Einzelspur weniger schön klingen, im Gesamtmix passts aber super.
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scifi
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Beitrag von scifi »

Ich habe gerade mal alle eure Tipps beherzigt und ausprobiert.
Ergebnis: toll!!! Die Phasenumkehr einer Spur hat mich vom Problem des Wummerns fast vollständig erlöst. Dann habe ich nur noch ganz wenig an den Frequenzbändern der Spuren rumgespielt um störende Frequenzen etwas abzumildern und den Rest über den Summen-EQ geregelt. Viel weniger Aufwand als vorher, die Spuren sind nur sehr wenig verändert worden, es klingt deutlich "echter" :-)

(Einstellen kann ich es hier nicht, da die Aufnahme nicht von mir ist)
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Mir ist das alles viel zu hoch und das ist auch der Grund weshalb ich - für wirklich wichtige Aufnahmen - auch ein wenig Geld in die Hand zu nehmen bereit bin. Da kassiert dann der Herr Audiotechniker/Studiomensch/Mixdowner/oderallesineinem halt ein wenig Kohle, aber das was ich von den einzeln hochgeladenen Spuren als Audiomixdown zurückkriege => das brächte ich im Leben nicht zusammen.
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antaisce
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Beitrag von antaisce »

@ Pappenheimer: gute Einstellung! Wir bauen ja auch nicht alle Klampfen zu Hause und denken dann, wir können es so gut wie Gibson oder Martin. Das DIY Zeitalter hat zum Glück halt auch seine Grenzen. Aber das soll jetzt kein Statement gegen das Ausprobieren sein :wink:
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