Compressor Effekt auf Aufnahmen ?

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FabianJ
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Compressor Effekt auf Aufnahmen ?

Beitrag von FabianJ »

Hallo zusammen,

ich habe mich in letzter Zeit einge mal meine fingersytle Stücke aufgenommen um meine Forschritte zu überwachen. Mir ist aufgefallen das wenn ich direkt aus dem Pickup aufnehmen (Ap5 Pro), eine enorme Dynamik range in der Aufanahme ist, mein Problem sind meist einzelne Pegelspitzen nach oben.

Nun kann man sagen Dynamik muss erlernt werden, und gehört eindeutig zu den Spieltechniken - dem stimme ich zu. Bei rein akustischen Spiel komme ich sehr gut klar da sind die Spitzen auch nicht so krass wie aus dem Pickup (Kopfhörer verstärken den Effekt nocheinmal massiv)

Macht es auf Aufanahmen trotzdem Sinn einen moderaten Kompressor einzusetzen um die grössten Spitzen abzufangen ?

Wie seht ihr grundsätzlich den einsatz von Kompressor im Fingerstyle ?
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

zu diesem thema wollte ich in einigen tagen selbst einen beitrag aufmachen. hintergund ist die bearbeitung meiner aufnahmen die ich während meines urlaubs im september gemacht habe.

ein paar technische punkte vorweg:
- piezos verstärken die dynamik, expandieren sie, der unterschied zwischen laut und leise wird gedehnt, bitte entsprechende beiträge im i-net suchen.
- kopfhörer sind entsprechend ihrer qualität manchmal ebenfalls expandierer.
- verstärkungsstufen sind ebenfalls ursachen je nach qualität aber vor allem wegen schlecht eingestelltem gain. hier muss man ebenfalls genauer im i-net nachschauen. ein zu schwaches gain verstärkt ein leises signal gerade noch aber nicht im optimalen arbeitsbereich. dynamische spitzen werden jedoch optimal verstärkt. zu starkes gain hört man an verzerrung (übersteuern), manchmal nur an einer leichten kompression. digitale stufen clippen jedoch gnadenlos.

ich würde den "sweet spot" der aufnahmegeräte suchen. und erst danach, beim bearbeiten der aufnahme die kompression einsetzen.

die mangelnde suche nach dem sweetspot war eines der größten fehler beim aufnehmen im urlaub. ich stellte den pegel am zoom H4n nach lautestem anschlag ein und versuchte auf max -6 db zu kommen. das führte zu aufnahmen die bei einen max peak von teilweise nur -20dB bis -18dB liegen. das rauschen beim hochziehen des gain ist dann nicht das hauptproblem sondern die dynamik die zu einer zusätzlichen überbetonung der bässe führt da die höhen noch weiter unter diesem wert liegen. das macht das abmischen, bzw. mastern sehr schwierig weil man von vornherein keinen vernünftigen abhörpegel hat. insbesonder dann, wenn man die bässe absenken muss, dann werden aus -18 dB ganz schnell nur noch -30dB. beim hochziehen des pegel und einsatz eines kompressors, werden die unsauberkeiten im spiel noch deutlicher. an dieser stelle gleich die bemerkung, dass der einsatz eines kompressors keinesfalls unsauberkeiten übertünscht sondern deutlicher macht ausser eben dynamikprobleme etwas reduziert, der klang, bzw. der ton verhalten sich aber dennoch nach anschlagsstärke.

grundsätzlich muss ich sagen, dass der einsatz eines kompressors sehr sinnvoll ist. die frage ist nur, beim aufnehmen oder beim bearbeiten der aufnahme?

ich tendiere beim gitarre aufnehmen eher erst zum einsatz beim bearbeiten, höchstens zu einer kompression des monitors. war bei meinen aufnahmen nicht notwendig, da ich nur eine gitarre aufnahm ohne zu einem playback zu spielen. ich habe überhaupt nicht während der aufnahme abgehört. zwischendurch kontrollieren hätte ich aber schon sollen.

falls man einen kompressor während der aufnahme einsetzt muss einem bewusst sein, dass er nicht mehr zu ändern ist. deshalb lasse ich ihn lieber weg.

nach fast zwei monaten bearbeitung der aufnahmen und konsequenten einsatz des kompressors stellte ich fest, dass mir das ergebnis nicht gefällt, es klingt mir, trotz moderatem einsatz, zu elektrisch. bei ein paar stücken ist das ok, bei den meisten jedoch nicht.

um eine genauere beurteilung der originalaufnahmen bei der bearbeitung in cubase vornehmen zu können habe ich nun alle original spuren mit einem professionellen wave editor auf einen max pegel von exakt peak -6dB erhöht. nun kann ich endlich bei der bearbeitung die regler in cubase für die klangformung einsetzen ohne fehlenden pegel ausgleichen zu müssen.

Beim einstellen der kompressors sollte man beachten, dass eine reduzierung um -3dB eine deutliche hörbare reduzierung ist, eine um -6dB bereits den eindruck einer halbierung der lautstärke bei mir hinterlässt. Trotz allem habe ich auf meinen aufnahmen unterschiede von über 6dB und mehr, gerade an stellen wo zwischen zupfen und strumming oder auch mal einem rasgueado gewechselt wird. Dies brachte absenkungen von über -10dB während der rest der aufnahme kaum bis gar nicht komprimiert wurde. Dabei fiel mir auf, dass mir die wenig verdichteten teile recht gut gefielen. Deshalb bin ich, wo es möglich war, dazu übergegangen große dynamiksprünge manuell zu reduzieren. Also die schere in cubase benutzen oder die stelle makieren und den spur gain an dieser stelle zwischen -1,5 bis -4,5dB absenken. Den einsatzpegel (threshold) kann man dann auf einen vernünftigen wert einstellen und es hört sich wesentlich natürlicher an. Weiterhin, bin ich nun dazu übergegangen den release wert dem tempo des stückes anzupassen, das fördert den groove. Ist also das tempo 100 bpm hat die viertelnote einen wert von 600 milisek(60000/bpm), eine achtel 300, eine sechzehntel 150, etc., in der regel stelle ich den wert auf die kürzeste note ein, nicht immer aber meistens. Bei der attack-zeit ist es für mich eine geschmacksfrage, die gezupfte gitarre hat einen recht langsamen attack, deshalb klingen zeiten über 3 millisek ziemlich natürlich, jedoch ergeben sich bei dieser einstellung immer wieder transienten (das sind peaks die man nicht hört) die den peak pegel versauen. Man sieht einen max pegel von -3db in wirklichkeit spielt sich aber alles bei peak -6dB oder darunter ab. Die aufnahme wirkt leise obwohl max ausgesteuert ist. Ich nehme den kürzesten wert von 0,1 milisek, denn da die gitarre eben langsam ist wird der max attack pegel erst nach der einschwingphase erreicht. bei richtigem threshold wird also das ansprechen der gitarre nicht unterdrückt.

mein momentanes fazit. Kompression ist sehr wichtig, jedoch auf der ur-aufnahme zu nächst zu vermeiden.
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scifi
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Beitrag von scifi »

Ich begrenze auf meinen Aufnahmespuren als ersten Schritt im Mix mit einem "Hard-" oder "Brickwall-Limiter" die ungewünschten Pegelausreißer.
Echte und vor allem sanfte Kompression nehme ich erst anschließend.

Grüße
scifi
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

scifi hat geschrieben:Ich begrenze auf meinen Aufnahmespuren als ersten Schritt im Mix mit einem "Hard-" oder "Brickwall-Limiter" die ungewünschten Pegelausreißer.
Echte und vor allem sanfte Kompression nehme ich erst anschließend.

Grüße
scifi
interessant, ich mach das erst ganz am schluss... ich verstehe aber glaube ich den sinn. mit dem "bereinigen" steht der anschließenden kompression ein "saubereres" signal zur verfügung ansonsten wird ein signal, das unterhalb der eingreiflinie (threshold) liegt komprimiert, ohne musikalischen sinn sozusagen. :idea:

die gröbsten ausreisser mache ich zwar immer von hand weg, mit soundforge vor der bearbeitung mit cubase, das mit dem hardlimiter möchte ich aber nun doch einmal probieren...
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Sperris
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Beitrag von Sperris »

Ich nehme Gitarren grundsätzlich nicht direkt aus dem Pickup auf. Vielleicht mal einen Hauch des Pickups auf einer anderen Spur. Pickups sind aus meiner Sicht Kompromisse im Vergleich zum Mikro. Und je besser das Signal ist, um so weniger Klimmzüge muss ich im nachhineien machen.

Gruß Ralf
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jpick
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Beitrag von jpick »

Sperris hat geschrieben:Pickups sind aus meiner Sicht Kompromisse im Vergleich zum Mikro. Und je besser das Signal ist, um so weniger Klimmzüge muss ich im nachhineien machen.
jep - "garbage in garbage out". Unser Studiomann hat vor der Aufnahme viel mit der Mikrofonposition experimentiert (Abstand zur Gitarre, Position), um die "sehr resonanten Gitarren" dynamisch in den Griff zu bekommen sowie ein gegenphasiges Signal mit auf eine Extraspur genommen.
btw: Kompressoren kann man neben der Verdichtung allerdings auch als Effekt einsetzen, um z. B. den Klang perkussiver zu bekommen oder zeitliche Elemente (Anschläge) zu betonen, sind ja etliche Parameter einstellbar ...
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Gitarrenspieler
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Beitrag von Gitarrenspieler »

Ich spiele immer eine Probe der lautesten Stellen ein. Abgenommen wird die Gitarre immer mit zwei Mikrofonen und per PU. Das Mischpult/USB-Inperface stelle ich dabei so ein, dass im Idealfall -6 dB das Lauteste ist was auf die Festplatte geschrieben wird.
Alle Regler am Mischpult/USB-Inperface sind dabei in Mittelstellung, keine Effekte an. So bekomme ich drei Spuren der Gitarre und meistens noch eine extra für den Gesang auf die Festplatte. Wird alles in einem Durchgang aufgenommen.
Im Programm, bei mir ist das jetzt nach Cubase LE „Adition“ von Adobe in der Version 6, wird dann zuerst jede Spur für sich auf -6 dB gebracht und klanglich für sich beurteilt. Wenn nötig mit EQ bearbeitet. Eines der Gitarrenmikrofone wird oft invertiert, hat sich bei mir bewehrt um Wummern auszulöschen.
Dann gehe ich ans Mischen, Gesang und PU werden erst mal stumm geschaltet, beide Gitarrenmikrofone verteile ich dann per Pan angenehm im Stereofeld. Danach ziehe ich in der Mitte des Stereofelds die Spur des PU ein wenig hoch, nur so das die dünn drunter liegt, eigentlich nicht richtig hörbar. Dann den Gesang aufziehen. Jetzt die eigentliche Kleinarbeit, alles noch verfeinern, untereinander besser anpassen. Wenn Kompressor, dann nach dem anpassen der Gitarrenspuren untereinander und Kompressor nur für die Gitarrenspuren. Danach Hall auf den Gesang, Gesang und Gitarre (Gitarre, so wie die drei Spuren untereinander angepasst wurden) in der gewünschten Lautstärke zueinander anpassen und dann ist das meisten so das ich damit recht zufrieden bin. Alles zusammen auf -1 dB bringen und als wav exportieren.
Aufnahme also immer nur trocken bei mir, alles andere mit der Software. Alles was man eventuell vorher mit aufnimmt (Limiter, Hall usw.) ist drauf und nicht mehr vom Nutzsignal zu trennen dessen sollte man sich bewußt sein.
Gruß Wolfgang Hemd aus der Hose macht noch keinen Varoufakis
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antaisce
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Beitrag von antaisce »

Erstmal: jeder so, wie es ihm/ihr gefällt. Klang ist halt Geschmacksache.
Aber ich erlaube mir die Frage auch mal: warum nehmt Ihr ein PU Signal auf, wenn Ihr einen akustischen Sound haben wollt? Da macht man doch den Bock zum Gärtner, wa ?
Ansonsten: bei höherer Dynamik kann eine Pegelspitzensbegrenzung mit einem schnellen, unauffäligen Kompressor bei Aufnahme durchaus Sinn machen, da man so einen besseren und besser klingenden Durchschnittspegel bekommt. Aber nur ganz leicht, wenn Ihr den Ton möglichst neutral halten wollt. Dies ist zwar bei Aufnahmen auf einen digitalen Tonträger nicht so wichtig, wie auf Band - jedoch werdet Ihr den Unterschied hören können. Ein anderes Thema wäre ja dabei auch die klangliche Färbung des Signals, die bei guten Hardwarekompressoren durchaus auch schon bei der Aufnahme gewünscht sein kann (aber nicht muss). Zu leise Aufnahmen klingen dünner und müssen stärker nachbearbeitet werden, was wiederum Artefakte digitaler Natur meist ungewollter Art erzeugt. Vergleicht es vielleicht mit zu wenig Licht bei einer Fotoaufnahme. Aber wie gesagt: probiert einfach so viel herum, bis es für Euch passt, das ist das Wichtigste...
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Beitrag von jpick »

Ich hatte diesen link hier schon mal wo gepostet, aber hier nochmal. Vielleicht für die, die es noch nicht kennen, auch in diesem Zusammenhang interessant:

"Evolution of an Acoustic Guitar Recording: This is a walkthrough the process of mixing and mastering one of the tunes from "Closing Time"."

http://www.dougyoungguitar.com/WSSDemo.php

Grüße
Stefan
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antaisce
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Beitrag von antaisce »

Danke, ein schöner Beitrag. Er zeigt aber auch, dass ein Master nicht besser klingen muss als ein Final Mix. Hier wären wir dann wieder beim Thema Dynamik :wink:
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