Kai hat geschrieben:Hoffentlich sind die Wyres-Saiten auch so gut wie meine geliebten Elixir 80/20.
Ich werde also mal Saiten zum Ausprobieren bestellen.
Nachdem ich den Pierre Bensusan DADGAD-Satz von Wyres eine Woche lang in Betrieb habe, sehe ich mich in der Lage, einen ersten vernünftigen Eindruck zu schreiben. In einem Wort:
beindruckend. Aber der Reihe nach:
Auspacken
Erst einmal war ich verwundert ob des dünnen Päckchens, welches ich erhielt. Wie passt da ein Satz Saiten rein? Es zeigte sich, dass nicht jede Saite einzeln verpackt ist, sondern alle Saiten locker innerhalb eines Päckchens ineinander aufgerollt sind. Das spart Verpackungskosten und ist von der Handhabung unproblematisch, da die Pins der Saiten farblich markiert sind. Der Nachteil ist, dass man an Hand eines Satzes kaum bequem eine einzelne Saite wechseln kann, sollte dieses einmal notwendig sein (was ich allerdings kaum glaube, denn die Saiten sind sehr hochwertig und halten wahrscheinlich sehr lange).
Aussehen und Konsistenz
Vom Aussehen her ähneln die bronzefarbenen Wyres-Saiten den Elixir "Phosphor/Bronze" - was mir anfangs Skepsis bereitete - denn diesen Typ der Elixir-Saiten mag ich überhaupt nicht, da sie in meinen Ohren im Vergleich zu Elixirs brillanten, goldfarbenen Saiten von Typ "80/20" ziemlich tot klingen. Von der Konsistenz her fühlen sich die Wyres-Saiten aber bereits gänzlich anders an, d.h. die Beschichtung ist hier wesentlich weniger deutlich spürbar. Ich hätte ohne Vorwissen wohl darauf getippt, dass die Saiten gar nicht beschichtet sind - sie sind es aber, offenbar aber mit einer anderen Technik. Jedenfalls fühlen sich die Saiten nicht glatt und "seifig" wie die Elixir an.
Klangeindruck
Tja, wie sage ich es, denn mein Eindruck ist im positiven Sinne widersprüchlich: warm und brillant (obertonreich). Ich war versucht "ausgewogen" zu schreiben, aber dieser Begriff träfe auch auf die Elixir zu, wogegen es die Wyres fertig bringen, einen metallischen Glanz mit einer warmen Tiefe zu kombinieren, was genau meinen Geschmack trifft. Dazu kommt ein endloses Sustain. Ich habe mich dabei ertappt, wie ich meine Stücke immer langsamer und langsamer gespielt habe, um die Tiefe und den Sustain des Tones auszukosten. Vor allem für das Melodiespiel ist dieses Klangverhalten ideal.
Schwierigkeiten
Das Sustain der Wyres-Saiten ist möglicherweise auf eine mit sehr hoher Gleichmäßigkeit ausgeführte lockere Wicklung zurückzuführen, der natürliche Klang wahrscheinlich auf die weniger "plastikmäßige", kaum fühlbare Beschichtung. Und genau diese Naturbelassenheit, die dem Ton offenbar so gut hilft, macht die Bespielbarkeit schwieriger: die starke Beschichtung der Elixir-Saiten hilft dort nämlich auch deutlich bei der Beseitigung von Quietschgeräuschen und mindern gleichzeitig den Fingernagelabrieb. Bei den Wyres-Saiten bekommt man trotz Beschichtung wieder einen wunderbar natürlichen Ton, aber bei unsauberer Spielweise leider auch wieder die alten Quietschgeräusche. Auch raspelte die spürbare Wicklung der Saiten selbst meine gelverstärkten Fingernägel deutlich ab, was ich erst kompensieren konnte, nachdem ich die Gelschicht um 50% verstärkt habe. Ein weiterer Unterschied zu Elixir-Saiten: die Elixir-Saiten sind bewusst "vorgealtert" und müssen deswegen nach dem Aufziehen kaum nachgestimmt werden, die naturbelasseneren Wyres-Saiten hingegegen schon.
Fazit
Die Wyres-Saiten sind für mich auch mit Beschichtung hinsichtlich des Klanges optimal. Den vollen sustainreichen Ton zu hören ist ein Genuss und lohnt sich vor allem für Stücke mit nur wenigen gleichzeitig angeschlagenen Saiten. Dieser naturbelassene Klang resultiert nach meiner Einschätzung aus deutlich naturbelasseneren Saiten als bei Elxir - was aber nicht für jeden Spieler Vorteile hat: die deutlich spürbare Wicklung der Saiten führt nämlich zu höheren Nebengeräuschen, wenn nicht sauber genug gespielt wird, und führt zudem zu einer deutlich höheren Nagelabnutzung als bei den Elixir-Saiten. So könnte ich, auch wenn ich momentan in die Wyres-Saiten "verliebt" bin, diese nicht uneingeschränkt jedem Spieler empfehlen:
Wer seine akustische Gitarre nur
gelegentlich spielt und einfach
locker viel Spaß haben will, könnte mit den Elixir besser bedient sein, denn die Ergebnisse hören sich hier wegen der "Gleitbeschichtung" auch bei unsauberer Spielweise sauberer an. Auch sind Elixir-Saiten durch die technische "Voralterung" direkt nach dem Aufziehen deutlich stimmungstabliler. Ich nehme an, dass wegen der spürbar dickeren Beschichtung die Elixir-Saiten zudem länger halten als die Wyres-Saiten. Dieser Punkt ist aber reine Spekulation, denn ich habe nach nur einer Woche Spielzeit mit den Wyres natürlich keine Langzeiterfahrung - und auch keine Klangeinbußen festgestellt. Wer seine Gitarre dagegen
häufig und damit hoffentlich sauberer spielt, und besonders wer häufig Melodien spielt und dabei bewusst eine
Tiefe im Ton sucht, könnte bei den Wyres-Saiten genau richtig liegen. Ich habe in der einen Woche mit diesen Saiten tatsächlich häufiger, länger und vor allem ruhiger gespielt, weil ich einerseits den Ton auskosten wollte, anderseits wieder bewusst sauberer spielen musste, um Nebengeräusche zu vermeiden. Für mich sind die Wyres-Saiten somit musikalischer, aber auch anspruchsvoller.