Beerdigung: Aufgeigung vergeigt...?

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

Also bei HOTRS geht es ja um nicht mehr als fünf Harmonien die ich in mir absolut gängigen Spielweisen (strumming, hybridpicking, flatpicking) unter Andeutung der Melodie raushauen wollte. Einer Melodie, die mir seit über zehn Jahren bekannt ist, die hat also schon ihre Spuren in den Windungen der Großhirnrinde & co. hinterlassen.

Ney, ney - also an mangelnder Vorbereitung liegt es sicher nicht. Zumal ich HOTRS auch mit zwei meiner mehr oder weniger regelmäßigen "Projekte" ;) spiele.

Da muss es eine noch unbekannte Kraft geben - vll. wurde die Kapelle ja auf einem uralten Indianerfriedhof errichtet?! ;)
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

leute, wir machen doch musik, spielen gitarre und nicht schreibmaschine.
Salud a Familia
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Holger Hendel
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Beitrag von Holger Hendel »

@herigo: Haja, schon - nur, dass ich dafür mittlerweile idR Kohle haben will (bzw. haben muss... :? ) und deshalb natürlich mögl. "gut abliefern" will (...muss...) 8) daher ist dies eine neue Baustelle für mich und ich hoffe, daran noch ein bissl was lernen zu können.
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Pappenheim
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Beitrag von Pappenheim »

Herigo hat geschrieben:leute, wir machen doch musik, spielen gitarre und nicht schreibmaschine.
Ein wahres Wort! :r:

@Holger: Mach Dir nicht so einen Druck! ...Ähm, ich brauch garnicht so blöd daherzureden, den mach ich mir selber nämlich auch vor jeder öffentlichen Geschichte...grummel... :? :roll: 8)
Gast

Beitrag von Gast »

Hallo zusammen,
wir (Fiddle, Bass, Gitarre) haben einmal auf einer Beerdigung eines Freundes "Lament for the death of Rev. Archie Beaton" gespielt. Das war anders als Lampenfieber, eher wie in Trance ...
Hi
Hei
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V.H.
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Beitrag von V.H. »

Hallo, könnt ihr euch an die Trauerfeier für Diana erinnern.
Ich ziehe seither tief den Hut vor Elton John !

Ich kenne das Problem aus meiner Jugendzeit, als ich
mal Posaune spielte und die Beerdigung dazu gehörte.
Wir spielten zu viert, also jede Stimme einmal,
und es hat zum Teil schon etwas gewackelt mit der Stimmung.

Und Silvester haben wir halbbesoffen vom Kirchturm geblasen
und das hat einfach gestimmt, jedenfalls für uns...

V.H.
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jafko
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Beitrag von jafko »

Aus psycho- Sicht ist das doch ganz klar.
Ungewöhnliche Situationen verursachen Stress weil sie verunsichern. Das muss man Entwicklungsgeschichtlich betrachten. Unser Uropa wurde vor 100000 Jahren zum zitternden Nervenbündel wenn er sich auf unbekanntes Gebiet vorwagen musste. Hier musste er besonders vorsichtig sein, weil er nicht wusste welche Gefahren auf ihn lauern.
Auf vertrautem Gebiet bewegte er sich ruhig und souverän.

Unser Unterbewusstsein setzt bis heute Unvertrautes mit Gefahr gleich. Und das kann man nur dadurch in den Griff bekommen, dass man aus dem Unvertrauten Vertrautes macht. Da hilft auch keine Vorstellungskraft beim Üben.
Was helfen kann ist eine möglichst reale Ubungssituation zu schaffen. Das heißt vorher an genau der selben Stelle mit ein paar Kumpels die die Trauergemeinde mimen, -üben.

Wenn wir üben, tun wir das ja nicht im luftleeren Raum, sondern nehmen immer auch Sinneseindrücke unserer Umgebung auf. Unser Nervensystem kann nicht unterscheiden was gehört jetzt dazu und was nicht. So, wir wir ungewollte Muskelanspannungen "mitüben" wenn wir nicht darauf achten, so üben wir auch quasi die Umgebung mit.

Dass ist wie mit dem Pianisten der immer mit einer Gummiente auf dem Klavier spielte. Als die dann mal nicht da war wurde sein Spiel plötzlich unsicher. Ihm fehlte schlichtweg die Ente um gewohnt souverän spielen zu können.
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Juan
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Beitrag von Juan »

Hallo Holger,

eigenartig mir ist im Frühsommer zu fast 98 % das Gleiche passiert wie Dir. Ich habe - Gottseidank - mit ein paar Freunden auf der Trauerfeier für eine Freundin gespielt. Es war eine Lesung mit anschließenden Song-Beiträgen von uns, Café der Muffathalle in München, alles super vorbereitet, Organisation bestens, Technik voll im Griff, genügend Zeit für den Soundcheck, angenehme Atmosphäre ( soweit man davon bei dem Anlass überhaupt sprechen kann). Ich war nicht mal der erste der spielen musste - und trotzdem: Als ich dann drann war ging bei mir sowas von der Zitterer ab, dass ich kaum die Gitarre halten konnte. Ich habe mich dann - wahrscheinlich wie Du - mehr schlecht als recht durch meine 2 Songs gemogelt ( der 2. lief zugegebenermaßen viel besser) und dachte, dass ich da wirklich eine schlimme Sache abgeliefert hätte.

Dann passierte folgendes: Viele Zuhörer sprachen mich später an und sagten mir wie toll sie meine Songs gefunden hätten und dass sie sich emotional sehr intensiv angesprochen gefühlt hätten. Haben die eigentlich nicht mitbekommen wie schlecht ich war?

Als Resumé habe ich für mich festgehalten:

1. Gut, dass man sowas immer noch spürt, auch wenn man schon so viel Bühnenerfahrung hat.
2. Man ist vielleicht mit sich selbst - gerade in solchen Situationen - überkritisch.
3. Das, was man selbst als Unsicherheit und Nervosität empfindet, strahlt offensichtlich auch eine starke Emotionalität aus und spricht die Zuhörer an.

Ich möchte trotzdem solche Situationen nicht allzu häufig erleben. Aber wenn es eben passiert, sollte man es zulassen und versuchen, das beste draus zu machen. Wenn man sich bewußt macht, dass solche Situationen immer wieder passieren können, stellt man sich vielleicht unbewußt am besten darauf ein und erlangt damit schon eine bestimmte Grundgelassengheit?

Ich bin fest davon überzeugt, dass in Deinem Fall der Song bei den Zuhörern, die ja damit auch wahrscheinlich alle ihre persönlichen Erinnerungen an den Verstorbenen verbunden haben, angekommen ist. Wahrscheinlich kommt es in dieser Situation für die Zuhörer gar nicht sosehr darauf an alle Feinheit und Raffinesse des Vortrages mitzubekommen.

Gruss


Jens
http://www.myspace.com/jensitos
http://www.youtube.com/user/jewe321?feature=mhee
Martin J-40 (2008)
Ovation Legend Electric (1981)
LeVoi Oval Hole Selmer-Type (2005)
und noch einiges mehr
caliban
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Re: Beerdigung: Aufgeigung vergeigt...?

Beitrag von caliban »

Holger Danske hat geschrieben:...
Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? ...
Hallo Holger,

viele der hier gebrachten Argumente sind ziemlich zutreffend. Ich weiss auch nicht genau, woran das liegt, habe aber auch mal eine ähnliche Erfahrung gemacht. Ich wurde vor Jahren mal für eine Veranstaltung gebucht, für die ich mir 2 Lieder aussuchen durfte. Ich habe mir zwei Antikriegslieder ausgesucht, 1. "Die Mine" von Hannes Wader und 2. "Es ist an der Zeit" Version von Hannes Wader, (Original Eric Bogle), welche beide ziemlich heftig und drastisch die Schrecken des Krieges beschreiben
(... Oder hat ein Geschoß dir die Glieder zerfetzt,
Hast du nach deiner Mutter geschrien bis zuletzt,
Bist auf deinen Beinstümpfen weitergerannt,
.... )

Habe die damals schon lange gekannt und einige Male gespielt, das wäre alles nicht so tragisch gewesen, wenn die Veranstaltung keine Bundeswehrveranstaltung in einer Kaserne mit ca. 200 geladenen, teils hochrangigen Soldaten, Offizieren, Generälen gewesen wäre... Damals habe ich mir gedacht, dass solche Lieder irgendwie genau da rein gehören und habe die entsprechend vorher geübt, konnte die im Schlaf (dachte ich).

Ich denke, der Unterschied zu "normalen" Auftritten auf Festivals, Kneipen, Veranstaltungen ist, dass es eben anders ist, ob dort hunderte Leute auf irgendwas warten, halb, oder ganz hinhören und an ihrem Bier nippen, oder ob sie still, leise und konzentriert auf Stühlen sitzen, und man selber ganz genau weiß, dass es nicht zwischen einem und denen existiert, dass sie jede Nuance, mitbekommen. Wobei ich noch denke, dass man selber einen Denkfehler begeht: Auf solchen Veranstaltungen kommt es, anders, als z.B. bei einem virtuosen Konzertauftritt, nicht auf die Technik an, die man, mehr oder weniger, beherrscht, sondern auf das Gefühl, welches in solchen Situationen bei den Menschen ankommt. Und das Gefühl lässt sich eben auch mit 3 Akkorden rüberbringen, wenn die Stimme da nicht vollkommen aus dem Rahmen fällt.

Ich vermute, dieses Missverständnis, dass die Technik manchmal überbewertet wird, kommt daher, dass man vergisst, dass die Stimme das eigentliche Instrument ist, durch welches ein Großteil der Emotionen transportiert wird. Und da man das aber unterbewusst weiß, hilft es auch nicht, das Lied technisch zu beherrschen. Vielleicht entsteht die Unsicherheit dadurch, dass man so einen, eigentlichen emotionalen Vortrag, mit seiner Technik "abfertigen" will und weiß, dass das so nicht funktioniert?

Egal, Hauptsache, sie haben Dich nicht raus geschmissen.

mfg
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

Ich habe genau die Gegenteilige Erfahrung vor einiger Zeit gemacht (machen muessen). Auf der Trauerfeier eines Familienmitglieds spielte ich poor boy long way from home, es war ein Wunsch des Verstorbenen. Ich spielte nicht die etwas rauhe Fassung von Booker White, sondern eine Instrumentalfassung, Fahey folgend. Ich war noch nie so ruhig, die Aussenwelt war nicht vorhanden. Ich spielte ohne Fehler, glaube ich, und selbst wenn ich Fehler gemacht haette, ware das vollkommen egal gewesen.

Joe
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