Tabulaturen oder Noten

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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Manati
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Beitrag von Manati »

jafko hat geschrieben: Ansonsten kann man Tabs mit den selben Informationen ausstatten wie eine Notation. Rhythmik (Verbalkung), Phrasierungsbögen, Bindungen, Fingersatz usw., ist alles kein Problem.
Richtig. Ich liebe solche sorgfältig geschriebenen Tabs.

Was mir dann jedoch immer noch fehlt, ist die Möglichkeit, auf Anhieb die Musik (mehr oder weniger korrekt) erkennen und gleich summen oder singen zu können. Das gelingt mir - bislang - nur mit Noten.
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berndwe
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Beitrag von berndwe »

Herigo hat geschrieben:
berndwe hat geschrieben:
Pida hat geschrieben: Ohne Notenkenntnisse wäre ich regelmäßig aufgeschmissen.
Genau - sobald man sich nicht nur mit Gitarrenmusik beschäftigt, versagt die Tabulatur. Man ist dann ohne Notenkenntnisse gewissermaßen Analphabet.
ja bernd das stimmt, genau genommen ist man das aber auch in china wenn man zeitung lesen will, selbst wenn man studierter germanist ist und sogar einen doktortitel hat.
Das stimmt - führt mich aber gleich wieder auf einen wesentlichen Vorteil der Notenschrift: Wenn ich Noten lesen kann, kann ich ein notiertes Stück in Deutschland lesen und spielen oder aber auch in China, Indien, Brasilien, Kanada, Kongo oder gar in Österreich. Ich kann die Musik lesen, unabhängig davon, ob sie ein Pianist aufgeschrieben hat, ein Trompeter, ein Posaunist oder Sänger.

Tabulatur funktioniert zugegebenermaßen auch in den genannten Ländern ;-), insofern hinkt mein Vergleich, aber sobald ich Musik von Nicht-Gitarristen lesen (und spielen will), haben die Noten doch Vorteile.

Davon abgesehen - ich bin nicht für oder gegen Tabs (bzw.) Noten. Ich nutze beides, weil beides Vor- und Nachteile hat.
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Manati
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Beitrag von Manati »

berndwe hat geschrieben: ich bin nicht für oder gegen Tabs (bzw.) Noten. Ich nutze beides, weil beides Vor- und Nachteile hat.
Das bringt es auf den Punkt.

Es ist fast egal, ob ein Gitarrist nun das eine oder das andere System beherrscht. Am allerbesten fährt er, wenn er beide kann.
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Tripple xXx
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Beitrag von Tripple xXx »

Genau,und deswegen ist es auch mein Ziel das die naeshsten Jahre zu lernen.
Thirty Strings

Beitrag von Thirty Strings »

Also ich habe noch fast nie aus Tabs zusätzliche Informationen zu den (darüber stehenden) Noten gewinnen können. Ganz, ganz selten Hinweise zum Fingersatz, aber den mache ich mir meist ohnenhin selber. Tatsächlich stören mich auch fast immer die unzähligen, überflüssigen und manchmal unmöglichen Fingersatzangaben in den Noten. Das gibt's komischerweise auch nur bei Gitarrenoten. Ich spiele auch Klavier und Blockflöte; in den entsprechenden Noten gibt es fast nie Fingersatzangaben. Auch bei der Blockflöte kann man ein und denselben Ton oftmals mit unterschiedlichen Griffen erzielen (Pianogriffe, Trillergriffe). Das lernt man aber alles mit der Zeit. Viele Gitarristen brauchen aber offensichtlich unzählige Zusatzinformationen, weil ihnen eine solide Ausbildung fehlt. Ich hatte den Genuss eines zehnjährigen Unterrichtes. Super ist natürlich, dass die Gitarre ein sehr populäres Instrument ist und auch oftmals autodidakt erlernt wird. Ich kann aber jedem nur empfehlen zumindest ein wenig Unterricht zu nehmen (und auch die Noten zu erlernen).

Was mich persönlich an den Tabulaturen fürchterlich stört, ist dass sie unheimlich viel Platz in den Notenheften einnehmen und Stücke dann (unnötigerweise) zahlreiche Seiten einnehmen. Dann heißt es entweder auswendig lernen, was natürlich immer gut wäre, aber auch Zeit erfordert oder aber ständig umblättern und das ist alleine ohne Spielunterbrechung kaum jemals möglich. Bei "normalen" Gitarrenoten ohne Tabs ist das wesentlich angenehmer als bei Stücken aus Folk etc., die eben fast nur in der - von vielen offensichtlich sehr geschätzten - Kombination von Noten und Tabs gedruckt werden. Ich hingegencanne oftmals die Noten ein, lösche die Tabs raus und bringe sodann die Noten allein auf zwei, drei Seiten unter. Kein Umblättern, kein Hindernis, ein übersichtliches Notenbild, aber eine Sch...arbeit. Jeder mensch hat halt seinen eigenen Vogel. :D
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Orange
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Beitrag von Orange »

stringbound hat geschrieben:
Kaindee hat geschrieben:Frage: "Tabulaturen oder Noten ?"

Meine Antwort: "Akkorde !" :mrgreen:
Und, wie schreibst du den Anschlag auf?
Als Tabulatur, oder als Notensatz? :roll:
Ich schreibe gar nix auf, wenn ich mir den Anschlag (meinst du die Schlaghand beim schruppern?) aufschreibe, dann mit "Pfeilen" ... hmmm .... klingt komisch, ist aber so ! :?
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jafko
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Beitrag von jafko »

Manati hat geschrieben:
jafko hat geschrieben:
Was mir dann jedoch immer noch fehlt, ist die Möglichkeit, auf Anhieb die Musik (mehr oder weniger korrekt) erkennen und gleich summen oder singen zu können. Das gelingt mir - bislang - nur mit Noten.
Das stimmt auch wieder. Noten sind... sagen wir mal "musikalischer".
Man kann zB. auf den ersten Blick Terzschichtungen und andere Intervalle erkennen.
Ich persönlich analysiere lieber nach Noten, spiele aber lieber nach Tabs.
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Manati
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Beitrag von Manati »

Hier ein Beispiel für brauchbare, aber verbesserungswürdige Tabs:

http://tommyemmanuel.files.wordpress.co ... he-sun.pdf

Wer Noten liest, tut sich hier garantiert leichter bei den Notenlängen und den Taktwechseln - 4/4, 2/4, 5/4, 3/4, alles dabei.

Wer - ausschließlich - Tabs liest, wird's schwerer haben. Es sind in den Tabs keine Notenlängen notiert. Angaben zu den Taktwechseln fehlen dort ebenfalls.

Das geht alles nur aus den Noten hervor, obwohl es auch in den Tabs möglich wäre.
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Tripple xXx
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Beitrag von Tripple xXx »

Ja,ich bin immer froh das ich nich all mein Notenwissen von damals verlernt hab,ich kann zwa nicht mehr aus den Noten herauslesen was ich zu spielen hab,also ich weiss nicht wo das h ist oder sowas,aber den Takt kann ich ungefair rauslesen,und den Rest mach ich den ueber die YT Videos.
Fayol
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Beitrag von Fayol »

Manati hat geschrieben:Hier ein Beispiel für brauchbare, aber verbesserungswürdige Tabs:

http://tommyemmanuel.files.wordpress.co ... he-sun.pdf

Wer Noten liest, tut sich hier garantiert leichter bei den Notenlängen und den Taktwechseln - 4/4, 2/4, 5/4, 3/4, alles dabei.

Wer - ausschließlich - Tabs liest, wird's schwerer haben. Es sind in den Tabs keine Notenlängen notiert. Angaben zu den Taktwechseln fehlen dort ebenfalls.

Das geht alles nur aus den Noten hervor, obwohl es auch in den Tabs möglich wäre.
recht hat du, bis auf...
leider fehlen in deinem beispiel in der notation die pulling offs.

i.d.R. mag ich diese art von tabs zu beginn eines stückes ganz gerne, um mir einen überblick zuverschaffen, ohne (zunächsteinmal!) rücksicht auf rhythmus, notenlänge etc. mir geht es dabei lediglich um die motorik der linken bzw. der rechten hand.
wenn das "sitzt" dann brauch ich natürlich den rest auch noch, und dann wird diese art der schreibweise schon sehr nervig. (ich kann wohl noten lesen, spiele aber fast ausschließlich nach tabs.) dieses ewige mal tabs, dann wieder noten (u.a. wegen der notenlänge oder wegen der taktvorgaben etc.) geht mir ganz schön auf die nerven.

ergo:

tippe ich es mir dann ggf. in mein notationsprgramm, das mir auch bei den tabs die infos, die ich brauche, liefert.

Fayol

(nach tabs singen kann ich übrigens überhaupt nicht! :oops: )
Ulrich Peperle
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Beitrag von Ulrich Peperle »

[Beitrag vom Verfasser entfernt]
Zuletzt geändert von Ulrich Peperle am Sa Apr 09, 2016 1:39 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Gast

Beitrag von Gast »

Pida hat geschrieben:(...) konkret zu dem von dir geposteten Video: Was denkst du, welche Informationen ihm gefehlt haben?

http://www.youtube.com/watch?v=y5t-vi_E2Ok

hallo,
also ganz besonders fällt doch das abgehackte spiel auf.
demnach haben die notenlängen gefehlt. wäre diese information da gewesen, dann hätte der gitarrist gleich gemerkt dass er nicht so greifen kann.
das geht fast das gesamte lied so durch, vor allem in der tonika.

ich hab mal gaghalber versucht, die ersten paar takte flüssig einzuüben, allerdings ohne noten (muss wohl dazusagen, dass ich sehr gut bluesen kann).
ergebnis: bei mir sehen die greiffinger geradezu statisch aus, und der klang ist dadurch um längen besser, da ich so lange greife wie es das lied erfordert. da tun sich weiten auf für bendings und slides.
yeah! ich hab diesen blues gerade in mein repertoire aufgenommen.

TR
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Herigo
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Beitrag von Herigo »

eigentlich ist es ja quatsch zu behaupten man kann keine noten lesen, natürlich kann jeder noten lesen, man braucht doch nur kurz google zu bemühen und landet in sekunden auf z.b. wikipedia wo einem sofort weitergeholfen wird. auf einer notierten c-dur tonleiter erkennt man sofort das h.

nur - ich bin nicht geübt noten zu lesen, ich erfasse nicht sofort um welchen ton es sich handelt, ich muss abzählen. g liegt auf der 2. unteren linie, da wo sich der violinschlüssel kreuzt und praktisch das g umkreist. a liegt zwischen 2. und 3. linie, h wieder auf der dritten, so geht es die oktave aufwärts und abwärts.

als gitarrist muss ich wissen wo dieser ton auf dem griffbrett liegt, daher muss ich mindestens wissen welcher ton eine leersaite sein kann und ich muss ebenfalls wissen, dass die gitarre eine oktave höher notiert wird als sie klingt. einen halton höher wird mit einem # gekennzeichnet einen tiefer mit einem stilisierten b. kenne ich den quintenzirkel und stehen die noten in einer tonart, z.b. g-dur wird ein kreuz am anfang der noten auf dem platz des F erscheinen was bedeutet, dass das notierte F einem Fis entspricht. kommt ein ♮ handelt es sich um ein auflösungszeichen das die erhöhung oder verminderung wieder rückgängig macht.

jetzt gibt es noch einige weitere details die ich selbst auch nicht alle auswendig kenne und nicht DAS problem sind, wenn eine frage auftaucht ist hier das internet ein segen. genau so einfach sind doch auch die notenwerte (zeit) zu lesen, sogar einfacher, denn hier gelingt es mir relativ schnell einen schlagzeugrhythmus sogar aus dem gedächnis heraus aufzuschreiben, solange er nicht so komplex ist, dass ich ihn erst noch begreifen muss. es handelt es sich dabei jedoch nur um patterns die immer wiederkehren, zweitaktige figuren sind da schon was längeres. genau das habe ich (nebenbei) üben müssen als ich eine zeitlang viele drummachine grooves step by step programmiert habe. 250 bis 300 waren das bestimmt. da bin ich jetzt wieder etwas raus, weil ich das zu zeit nicht brauche.

hin und wieder nehme ich mir mal eine gesangslinie oder eine andere melodie vor und schreibe mir die buchstaben der noten neben oder unter die zeichen damit es schneller geht. meist reichen sogar ein paar takte um so drin zu sein, dass man den rest der melodie dann auch so erkennt.

also noten lesen kann so gut wie jeder der weiß wie es geht, nach noten spielen ist ein problem, das kann man nur durch übung erreichen, durch viel übung damit es so flüssig wie gutes vorlesen funktioniert. egal ob da jetzt tabs dabei sind oder nicht. das ist das eigentliche problem. hier muss man sich die frage stellen ob man das braucht oder nicht. ich brauchte das bisher nicht.

beim einstudieren bin ich halt einfach mit tabs um ein vielfaches schneller. da sehe ich gleich das griffbild und habe damit auch gleich den richtigen fingersatz. mit noten muss ich jetzt erst mal den ton und dann noch die lage finden, das ist halt bei der gitarre so eindeutig nicht. aber sicher auch eine frage der übung.
Salud a Familia
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Pida
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Beitrag von Pida »

threiter hat geschrieben:http://www.youtube.com/watch?v=y5t-vi_E2Ok

hallo,
also ganz besonders fällt doch das abgehackte spiel auf.
demnach haben die notenlängen gefehlt. wäre diese information da gewesen, dann hätte der gitarrist gleich gemerkt dass er nicht so greifen kann.
Da komm' ich nicht ganz mit: Wenn der Gitarrist eine Tabulatur benutzt hätte, sollte er doch noch leichter die richtigen Griffe gefunden haben, als mit Noten + Angabe der Lage.

Außerdem fehlen die zuverlässige Angaben zu den Notenlängen nicht bei allen Tabs und nicht bei allen Noten sind sie vorhanden. In beiden Fällen wird oft nur auf den Anfang, nicht aber das Ende der Töne geachtet. Wie gesagt: Der Vergleich zwischen professionell gesetzten Noten und einer schlichten ASCII-Tabulatur ist unfair. In gut gemachten Tabulaturen gibt's die gleichen Hälse, Bögen und Pausen wie in einem Notensatz.
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tired-joe
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Beitrag von tired-joe »

threiter hat geschrieben:
Pida hat geschrieben:(...) konkret zu dem von dir geposteten Video: Was denkst du, welche Informationen ihm gefehlt haben?

http://www.youtube.com/watch?v=y5t-vi_E2Ok

hallo,
also ganz besonders fällt doch das abgehackte spiel auf.
Das Problem bei solchen Sachen, wie den Missisippi Blues: Wer entscheidet, was richtig oder falsch ist? Dieses Stueck geht auf William Brown zurueck, hier eine Aufnhame aus dem Jahr 1942
http://www.youtube.com/watch?v=xz8dJ5TjZbI

William Brown hat das Stueck bestimmt niemals aufgeschrieben, weder in Tabulatur noch in Notation. Letzendlich setzen sich dann Leute wie Stefan Grossman hin und versuchen das irgendwie niederzuschreiben, und zwar anhand der aufgenommenen Version. Ich vermute stark, das William Brown selbst bei jedem Auftritt das Stueck ein wenig anders gespielt hatte.

Mit anderen Worten, es gibt bei dieser Musik einen grossen Spielraum an Interpretationsmoeglichkeiten. Insofern ist das Beispiel von dir ungluecklich gewaehlt, da es ueberhaupt keine objektiv richtige Niederschrift gibt. Es ist eben keine "klassische" Musik.

Es ist zwar etwas ab vom Thema, aber unvollstaendig notierte Tabs haben einen grossen paedagogischen Vorteil fuer bestimmte, ich nenne sie mal "nichtakademische" Musikstile. Man sollte die Tabulatur nur als Hilfsmittel benutzen, quasi als grobe Orientierung, und ein Stueck in seinen Interptretatorsichen Feinheiten durch abhoehren der Originalaufnahme. (oder einer anderen Aufnahme) lernen. Das predigt Stefan Grossman immer (kein Wunder, denn seine Tabs und Notationen sind ziemlich lueckenhaft :wink: )

Das gilt fuer eine Vielezahl von "nichtakademischer" Musik, sei es von Tommy Emmanuel, Merle Travis, Chet Atkins, Blind Blake...

Anders ist es natuerlich bei auskomponierter Musik.

Joe

P.s.: Ich mag auch Tabs in ASCII.
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I'm a simple man. In the morning I listen to the news. At night I listen to the blues
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