Ja, die "nichtklassische" Gitarre ist ein Instrument der Konzepte. Es gibt verschiedene Ideen, sich den einzelnen Themen zu nähern.
Hier mal eine einfache, grundsätzliche "Basis-Guerilla-Taktik" für Akkord-Voicings, die man dann immer weiter entwickeln kann. Fangen wir mal mit Voicings mit dem Grundton im Bass an und suchen uns die Haupt- und Nebenakkorde einer Tonart. Das ist für den Anfang am übersichtlichsten. Es handelt sich um die bereits erwähnten "Dezimengriffe"
Das mag vielleicht manchem zu simpel erscheinen, und es greift für die angefragten Voicings einerseits zu kurz, aber für die nicht so Geübten hier im Bunde ist vielleicht gerade das ein sinnvoller "Rückschritt", um die Voicingstrukturen erst einmal besser zu verstehen und diese zu lernen, um damit frei arbeiten zu können, anstatt zig Griffbilder auswendig zu lernen, ohne die Zusammenhänge zu verstehen.
Wer das alles also schon kennt, kann also hier natürlich gerne aussteigen, wer neugierig geworden ist, kann gerne dabei bleiben
Sehen wir uns die zwei der fünf Akkordtypen (C, G, D, A, E) auf der Gitarre an, mit denen in der freien Wildbahn am häufigsten Barrées gebildet werden: E und A (ich hoffe, die Behauptung "am häufigsten" ist nicht zu steil?)
Betrachtung E-Griff-Typ:
Grundton immer auf der E-Saite, die Terz, welche über Dur oder Moll entscheidet liegt bei diesem Grifftyp auf der g-Saite , leer ist es die kleine Terz, einen Bund weiter rechts (1. Bund) die große Terz
---Moll-----Dur
e' -----------
h -----------
g 0--------1
d -----------
A -----------
E 0---------0
Nun können wir schon Haupt- und Nebendreiklänge z.B. in G-Dur zweistimmig spielen indem wir den ersten 6 Tönen der G-Dur-Tonleiter die entsprechende Terz zufügen 1., 4. und 5. eine große Terz für Dur, 2. 3. und 6. Ton eine kleine Terz für Moll - Entschuldigung für's Brüllen, aber das ist ultrawichtig: WIR VERWENDEN FÜR ALLE VOICINGS IN EINER TONART IMMER DIE TÖNE DER JEWEILIGEN TONLEITER- die müsst ihr euch vorher immer klar machen. In unserem Fall g a h c d e (f#) g
G-Dur---A-Moll---H-Moll---C-Dur---D-Dur---E-Moll
e' ----------------------------------------------------
h ----------------------------------------------------
g 4--------5--------7---------9--------11-------12-
d ----------------------------------------------------
A ----------------------------------------------------
E 3--------5--------7---------8--------10-------12-
Jetzt machen wir das Ganze noch für den A-Typ und suchen uns für ihn die gleichen Akkorde raus. Beim Grifftyp A liegt der Grundton dann logischerweise auf der A-Saite und die Terz auf der H-Saite, also jeweils eine Saite höher als beim E-Typ. Die Terzen liegen auf der H-Saite einen Bund weiter rechts als beim E-Typ, weil zwischen g und h-Saite eine Terz liegt und keine Quarte wie bei allen anderen Saiten. Im Grunde genommen sind diese zweistimmigen Voicings Extrakte aus den vollständig gegriffenen Akkorden A-Moll und A-Dur
---A-Moll-----A-Dur
e' ------------
h 1----------2
g ------------
d ------------
A 0----------0
E ------------
G-Dur---A-Moll---H-Moll---C-Dur---D-Dur ---E-Moll
e' ----------------------------------------------------
h 12------1---------3--------5--------7---------8--
g ----------------------------------------------------
d ----------------------------------------------------
A 10------0---------2--------3--------5---------7--
E ----------------------------------------------------
Jetzt könnt ihr schon ein Lied in G-Dur nehmen und mal probieren, es nur mit diesen Voicings zu spielen. Wechselt ruhig zwischen A- und E-Typen hin und her, geht kurze Wege. Die vier Intervallstrukturen für E und A jeweils in Dur und Moll lassen sich leicht lernen. Dann muss man nur noch wissen, wo der gesuchte Basston auf der E oder A-Saite liegt und dann entscheiden, ob man ihn in Dur oder Moll braucht.
Im nächsten Schritt könnt ihr dann z.B. versuchen, Septimen zu ergänzen - die gibt's in groß und klein. die große liegt einen Bund links vom Grundton, die kleine Septime zwei Bünde links vom Grundton.
Beim E-Typ, wenn wir E-Dur greifen, haben wir auf der d-Saite im zweiten Bund ebenfalls den Grundton e. Die große Septe also im ersten Bund, die kleine die leere d-Saite. Das könnt ihr wiederum auf jeden Akkord anwenden. Ich mach's grad nochmal für den E-Grifftyp, wieder in G-Dur mit den Haupt- und Nebendreiklängen und es ergeben sich verschiedene Septakkorde maj7, m7 und 7 (Dominant7):
Gmaj7---Am7----Hm7---Cmaj7---D7---Em7
e' ----------------------------------------------
h ----------------------------------------------
g 4---------5--------7--------9-------11---12
d 4---------5--------7--------9-------10---12
A ----------------------------------------------
E 3---------5--------7--------8-------10---12
Probiert das Ganze auch mit dem A-Typ - sucht hier eure Septen auf der g-Saite.
Die zweistimmigen Voicings lassen sich auch super strummen, indem man alle anderen außer den beiden gegriffenen Saiten abdämpft.
Mir fällt gerade dazu ein, dass ich noch ein Video bei youtube eingestellt habe mit "Grey Street". Dort habe ich auf den unteren drei Saiten noch einen Octaver drauf - d.h. ihr hört unsere E-Voicings Grundton - Terz in Dur oder Moll + einen nach unten oktavierten Grundton im Intro.
Die Akkordfolge lautet Hm - G - A - D/F#-G - A - D/F# - G
(nur am Rande, um das D/F# kurz zu erklären, wer's wissen will: D/F# ist 2-0-0-2-0-0, den tiefsten Ton F# deutet man hier als große Terz von D-Dur und den hohen Ton a als Quinte von D-Dur)
Mir geht's hier eher mal um die Wirkung von dem Voicingkonzept, als um die vollständige Theorie
http://www.youtube.com/watch?v=VBeLDV9q ... ture=share
Um noch weiter einzusteigen, lohnt es sich dann schon, sich auch mit der Musiktheorie zu beschäftigen, um die Vogelperspektive zu bekommen und das Gesamtbild nach und nach zu verstehen: Tonleitern, Intervalle, Dreiklänge, Vierklänge, Optionstöne. Dazu gibt es die verschiedensten Bücher von zart bis hart. Bei Bedarf nenne ich euch gerne ein paar gute.
Ich hoffe aber, für die Einsteiger ein paar Impulse gegeben zu haben
Sollte das Alles bereits an andere Stelle vollständiger und besser erklärt worden sein, bitte ich die von mir verbreitete Langeweile zu entschuldigen
Gut's Nächtle,
eurer mrguitarpete