Die Frage ist, ob es klanglich wirklich was bringt. Ich hatte das Glück schon eine ganze Reihe von großartig klingender Gitarren in den Händen zu halten, angefangen von A&M, BSG, Furch, Framus (!) made in China, Lakewood und wie sie alle heißen. Eine Martin prewar war nicht dabei, aber Martin post war die auch nicht schlecht waren. Es waren vor allem Instrumente dabei, die derartig phänomenal klangen, als spiele ein Orchester. Alle waren mit konventionellen Streben ausgestattet, teils mit und teils ohne scallop und unterschiedlich angeordnet. Es ist jetzt die Frage, ob die Löcher demgegenüber noch einen weiteren Vorteil bringen. Das wird sich wahrscheinlich noch herausstellen. "Marketing Gag" halte ich auch für nicht ganz unwahrscheinlich, aber wer weiß.
Das große Problem der Bewertung ist die Vielzahl von Parametern. Sicherlich tragen alle "irgendwie" zum Klang bei - bloß, welches die gerade relevanten sind, kann eigentlich nur im A-B-Vergleich von sonst identischen Instrumenten bewerten. Aber: Was ist identisch bei Instrumenten, deren Holz in der Regel noch von verschiedenen Stämmen kommt?
Unabhängig von der gut / schlecht-Bewertung, die so nicht trifft, da der Geschmack subjektiv ist (welche neue Erkenntnis), finde ich es schon spannend, wenn ein Gitarrenbauer oder eine Company versucht, sich von Traditionen zu lösen, um neue Ideen, deren Vorteile theoretisch einleuchtend sind, auszuprobieren. Immerhin hat auch Martin früher mal mit Traditionen gebrochen - um dann eine neue zu begründen. Gleiches gilt für Ovation - Roundbacks gibt es mittlerweile von verschiedenen Marken. Oder Lowden & Fylde - mit Zederndecken für Steelstrings (vermutlich gab es auch hier noch Vorgänger, die entziehen sich aber meiner Kenntnis).
Die Verleistung mit den Löchern bringt unter Umständen schon etwas. Das hängt aber wiederum von den Leisten ab. Bei Seriengitarren wäre das o.k. Bei den Handgebauten kann man das locker umgehen. Ich suche jede Leiste immer passend zur Decke und passend zum Einsatzzweck aus. Nicht jede Leiste kann an jeder beliebigen Stelle verwendet werden. Das kommt auf's Gewicht, Stabilität, Eigenton, usw. an.
Angenommen ich verwende eine sehr stabile aber schwere Fichtenleiste für's Bracing, dann ist das löchern" o.k. Wenn ich aber nun eine leichte Leiste die genauso stabil wie die andere ist, verwende, dann ist das Löchern überflüssig. Ausserdem ist Holz kein Metall . Da muss man etwas anders denken. Holzfasern gehen in der Regel in eine Richtung. Ein Loch mittendrin finde ich da nicht so optimal.
Ansonsten ist das Bracing im Querschnitt rechteckig. Die Stabilität kommt aber mehr durch die Höhe der Leisten und nicht durch die Breite. Daher kann man die Leisten auch ohne weiteres "V-förmig" ausarbeiten.
Das Scalloping ist an völlig unsinnigen Stellen ausgearbeitet. Die Kreuzbalken sind kurz vor der Kreuzung stark gekehlt. Das ist die Stelle an der der Saitenzug am Stärksten ist. Das ist ungefähr so, wie wenn ich den Mittelpfeiler einer Brücke dünner gestalte. Richtung Deckenrand sind die Leisten hingegen am höchsten. Die Stelle die am wenigsten Stabilität braucht und an der die Decke besonders elastisch sein muss. Das sieht zwar spektakulär aus, ist aber meines Erachtens Unsinn.
Eine Decke in der Mitte mit filigranen Leisten zu bauen vermittelt dem Gitarristen beim Spiel einen lauten und vollen Klang. Mit einem Abstand von ein paar Metern ist der Zauber aber vorbei und das Instrument hört sich eher dürftig an. Wie ein Lautsprecher der eine extrem stabile Aufhängung hat.