Was passiert eigentlich beim Gitarren-Unterricht?

Für alle, die Hemmungen haben "Anfängerfragen" woanders zu stellen. Traut Euch! Vielleicht kann jemand helfen.

Moderator: RB

Benutzeravatar
Rolli
Beiträge: 5734
Registriert: Do Sep 21, 2006 1:48 pm
Wohnort: Zwischen Alzey und Mainz
Kontaktdaten:

Beitrag von Rolli »

....die Essenz der Musik ist der Klang
Naaaaa, dann wären ja Pausen keine Musik.... dös göht net :-)
Schöne Grüße, Rolli
www.daskulturgut.de - KulturGUT
www.rolandkalus.de - Gitarrencoaching
stringbound
Beiträge: 2069
Registriert: Mi Aug 29, 2007 2:16 pm
Wohnort: Potsdam

Beitrag von stringbound »

Wer sagt, dass Stille nicht klingt? ;-)
Benutzeravatar
SlowPicker
Beiträge: 137
Registriert: Do Feb 10, 2005 10:28 am
Wohnort: Friedberg / Hessen

Beitrag von SlowPicker »

Eben - schon in der Schule gabs die PAUSEN-KLINGEL... :mrgreen:
Benutzeravatar
Holger Hendel
Beiträge: 12022
Registriert: Do Feb 17, 2005 7:18 am
Wohnort: Soltau, Niedersachsen
Kontaktdaten:

Beitrag von Holger Hendel »

Du mußt auf die Töne hören, die er nicht spielt.

Das wußte schon Lisa Simspon in Staffel drei, wenn ich mich nicht irre. ;)
www.holgerhendel.com | facebook | youtube | twitch | Heavy Silence - finest acoustic cover
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

Das Alphabet ist sicher nicht mit dem Vokabular gleichzusetzen. Zur sprachlichen Verständigung und zum abstrakten Denken benötige ich zwar die Sprache, aber nicht die Schrift. Die Möglichkeit, Sprache schriftlich zu fixieren ist aber in vielen Dingen hilfreich. Man könnte sich darüber streiten, ob die schon lange vor der lateinischen Schrift übliche assyrische Keilschrift oder das auf uns überkommene römische Alphabetzebetet besser sei.

Die Notenschrift ist sicher nicht mit dem musikalischen Vokabular gleichzusetzen. Zur musikalischen Verständigung und zur musikalischen Vorstellungskraft benötige ich die Töne, nicht aber Noten. Die Möglichkeit, Musik schriftlich zu fixieren, ist aber in vielen Dingen hilfreich. Man könnte sich darüber streiten, ob die schon lange vor den Noten verbreitete Tabulaturschrift oder die auf uns überkommene Notenschrift besser seien.

Das ist doch ein interessanter Vergleich, oder ?

Ich finde, die Noten haben mit der Essenz oder dem Vokabular der Musik nichts zu tun. Sie sind ein Mittel der Abbildung, gewissermaßen eine Spielanweisung. Noten und Tabulatur haben ihre Vor- und Nachteile. Der größte und daher immer wieder zu Recht hervorgehobene Vorteil der klassischen Notierung ist ihre Universalität. Der größte und daher ebenfalls zu recht betonte Vorteil der Tabulatur ist ihre Einfachheit. Wenn - wie heutzutage üblich - beides in das Blatt untereinander geschrieben wird, so finde ich das eine wunderbare Lösung. Zur Rettung der Umwelt schlage ich eine radikale Reduzierung der bunten Werbeblättchen vor, die ich jedes Mal zum Altpapier werfe. Ich übertreibe wohl nicht, wenn ich sage, daß dies in meinen verschiedenen Haushalten und Büros jährlich je 1 Kubikmeter Papier ist.
Bernd C. Hoffmann
Beiträge: 3608
Registriert: Di Mär 01, 2005 1:11 pm
Wohnort: Fulda

Beitrag von Bernd C. Hoffmann »

Es geht nicht darum, welche Quintessenz ein fortgeschrittener Gitarrist in seinem Denken für notwendig erachtet. Es geht konkret um Unterricht für einen Lernenden. Für mich ist auch wichtig, dass der musikalische Kontext im Hinblick auf die persönliche Freiheit im Spiel größtmögliche Flexibilität erlaubt. Hierfür müssen bereits im Unterricht die Weichen gestellt werden, denn sonst lernt man nicht, damit umzugehen (Stichwort: eigene Fingersätze u. Lagen). Diese Flexibilität bietet die Tabulatur nicht.

Töne sind Noten. Wenn Du nur den Ton brauchst, dann brauchst Du auch die Noten. Aber ich denke, Du meinst das Musikstück ohne Notation. Sicher kann man Sachen heraushören und nach dem Gehör nachspielen. Ein Anfänger ist dazu aber in aller Regel nicht in der Lage. Deswegen geht es ohne Notation nicht. Wie gesagt, man kann über die Notwendigkeit bestimmter Schreibweisen unterschiedlicher Meinung sein.

Es ist heute keineswegs üblich, Noten mit einer Tabulaturzeile zu versehen. Es wird lediglich im Rock- und Acoustikbereich gemacht. Was klassische (auch folkloristische) Musik für unser Instrument betrifft, da geht zum sehr deutlich übewiegenden Teil nur um Noten. Und was Tabulaturen im Unterricht betrifft: Wenn ich mir anschaue, was mir entsprechende Schüler von ihren vorherigen Lehrern an aufgezeichneten Tabulaturen vorgelegt haben, dann komme ich zu der Überzeugung, dass kaum jemand in der Lage ist, brauchbare Tabulaturen zu schreiben. Eine für den Unterricht undankbare Begleiterscheinung ist die Tatsache, dass kaum ein Tabulaturspieler rhythmische Notation erfassen kann, wenn er das betreffende Stück nicht kennt. Mit Tabulaturen kann man zwar schnell irgendwas spielen, aber an wichtigen Schwächen zu arbeiten, daran haben sie meist kein Interesse. Das zeigt mir, dass Tabulatur im Anfangsunterricht unangebrachte Nachlässigkeit zugunsten eines schnellen Repertoires begünstigt. Ich perönlich sehe in meinem Unterricht keinen Sinn für diesen Weg.
Liebe Grüße
Bernd
:
Klassik & Flamenco
Tabulaturservice auf Anfrage
=> Klassikliste anfordern
saitenkiller
Beiträge: 233
Registriert: Di Apr 25, 2006 3:33 pm

Beitrag von saitenkiller »

Ich für meinen Teil finde, daß derjenige, der ernsthaft Musik machen will, um eine Ausbildung nach Noten nicht umhinkommt. Dazu stecken in der "Notenschrift" zuviele Informationen, die die Tabulatur nicht liefern kann.
Ich selbst kann Noten lesen, bin aber viel zu langsam in der Umsetzung der Töne auf das Griffbrett. Daher benötige ich die Tabulatur als Hilfe, habe also immer Noten und Tabulatur gleichzeitig auf dem Notenblatt.
Vermutlich würde ich irgendwann mal nur nach Noten spielen können, wenn ich mich konsequent an sie halten würde, aber dafür fehlt mit die (Lebens)Zeit, als Späteinsteiger kann ich mir diesen Luxus nicht leisten. Mein Unterricht findet dementsprechend angepasst auch so statt, bei einem studierten Gitarrenlehrer, der zwar erst etwas widerwillig, dann aber doch einsehend diese Kombinationslösung akzeptiert.
Grüße
Gast

Beitrag von Gast »

Sorry Bernd, aber Du solltest vielleicht nicht so oft von Dir nicht auf andere schließen. Noten als Evangelium zu preisen und Tabulaturen quasi ins Reich des Bösen zu verdammen, offenbart sofort, dass Du z.B. kaum mit modernen Gitarrentechniken arbeiten dürftest, beispielsweise mit alternativen Gitarrenstimmungen, die mehr Wahlmöglichkeiten erlauben als die übliche Stimmung. Noten sind umso besser zu verwenden, je weniger Wahlmöglichkeiten es für verschiedene Noten gibt, also vor allem auf dem Klavier. Für die Gitarre können sie aber extrem mühsam sein, wenn es mehr Griffalternativen gibt, was inbesondere in DADGAD als extrem flexibler Gitarrenstimmung der Fall ist. Wenn ich ein neues Bach-Stück in DADGAD nach Noten spiele, so brauche ich manchmal extrem lange, bis ich den optimalen Fingersatz ermittelt habe, denn es gibt oft viele Wahlmöglichkeiten, die alle unterschiedlich klingen und, je nach Kontext, auch unterschiedlich brauchbar sind.

Es ist auf der Gitarre nicht nur wichtig, den richtigen Ton zu treffen (Noten),
sondern ebenso wichtig, den Ton richtig zu treffen (Tabulatur).


Deshalb sind Tabulaturen auf der Gitarre für viele Gitarristen ein unverzichtbares Mittel, um *zeiteffektiv* zu verdeutlichen, welche Griffalternative sich für ein flüssiges Spiel oder zum Erzielen ein bestimmten Klanges am besten anbietet. Gerade bei alternativen Stimmungen erlaubt es oft erst die Tabulatur, ein Stück in vertretbarer Zeit zu erlernen. Die traditionelle Notenschrift hat ihre Stärken, wenn es um die Vermittlung musikalischer Zusammenhänge geht. Aber als Jahrhunderte altes Hilfsmittel sind Noten nur begrenzt nützlich, wenn es um moderne Spielweisen auf der Gitarre geht, egal, ob es sich um alternative Stimmungen auf der aktustischen Gitarre oder moderne Spielweisen auf der E-Gitarre handelt. Deshalb erscheint viele gute Gitarrenlilteratur heute auch mit beiden Systemen übereinander, so dass alle Informationen bequem abrufbar sind. Und auch dem Einsteiger kann mit beiden Systemen der Einstieg deutlich leichter gemacht werden.
Benutzeravatar
RB
Beiträge: 20129
Registriert: Di Feb 08, 2005 11:18 pm
Wohnort: Wetzlar
Kontaktdaten:

Beitrag von RB »

@Bernd: Wir liegen eigentlich nicht weit auseinander, ich widerspreche Dir nur in einem Punkt, nämlich der Behauptung, Töne seien Noten. Das ist ungefähr so, als würde man sagen: "Worte sind Buchstaben". Töne sind erst einmal Töne und Noten sind Kleckse auf Papier. Die Gleichung, die Du aufstellst ließe sich - nähme ich sie aussagelogisch ernst - umdrehen und lautete dann: "Noten sind Töne". Aber das stimmt nicht, denn Noten sind keine Töne und Töne sind keine Noten. Die Notierung ist ein Mittel der abstrakten Darstellung von Tönen.

@Saitenkiller: Ich finde, daß man für das ernsthafte Musizieren weder Noten, noch Tabulatur benötigt. Es gibt genügend Beispiele, die das belegen. Allerdings scheint in der Denkeweise eropäischer Prägung das Modell der "Lehrmeinung" Urstände zu feiern, denn das, was Du sagst ist ein fester Lehrsatz, den ich mir mein ganzes Leben lang anhören durfte. Ich halte ihn für ganz und gar durch das Leben widerlegt.

Dies alles vorausgeschickt, stelle ich eindeutig klar, daß das Erlernen der Notenschrift den meisten ein Hilfsmittel und manchen vielleicht unentbehrlich sein mag. Für die Musik in der Gruppe, dem Orchester und für lange, komplexe Stücke ist sie unverzichtbar. So sehe ich det.
Benutzeravatar
Iris
Beiträge: 859
Registriert: Mi Mai 11, 2005 5:09 pm
Wohnort: Oberrhein

Beitrag von Iris »

Hallo,
als ebenfalls Späteinsteiher kann ich jedes Wort von Saitenkiller unterstreichen. Ich habe schon einige Jahre Unterricht, und mein Lehrer machte mich zuerst mit den Notenwerten und der Harmonielehre vertraut. Nun kann ich einstimmige Melodien nach Noten spielen, eine Tonart bestimmen und ein in Noten vorliegendes Lied mit Akkorden versehen. Genau das wollte ich lernen.
Mehrstimmige Stücke spiele ich lieber nach Tabulatur, weil das Lernen für mich leichter und schneller geht. Die Noten nehme ich dabei gerne als Unterstützung zu Hilfe.

@ Slowpicker:
Ich lerne in meinem Unterricht das, was ich lernen möchte. Mein Lehrer orientiert sich an meinen Wünschen.
Und das Wichtigste: Er hat eine unendliche Geduld mit mir...:wink:

Falls du mit der Musikschule in Friedberg nicht zufrieden bist - eine Freundin von mir unterrichtet in Altenstadt.
Ist das nicht ganz in deiner Nähe?

Gruß Iris
saitenkiller
Beiträge: 233
Registriert: Di Apr 25, 2006 3:33 pm

Beitrag von saitenkiller »

Es ist schön, daß wir unterschiedliche Meinungen haben, sonst wäre das Leben ja auch langweilig :)
RB hat geschrieben:..Ich finde, daß man für das ernsthafte Musizieren weder Noten, noch Tabulatur benötigt. ..
Dies alles vorausgeschickt, stelle ich eindeutig klar, daß das Erlernen der Notenschrift den meisten ein Hilfsmittel und manchen vielleicht unentbehrlich sein mag. Für die Musik in der Gruppe, dem Orchester und für lange, komplexe Stücke ist sie unverzichtbar
Reinhard, das erklär mir mal. Einerseits brauch ich keine Noten, andererseits sind sie unverzichtbar? Was versteh ich da falsch?
Grüße
tbrenner
Beiträge: 3723
Registriert: Mi Mai 02, 2007 12:26 pm
Wohnort: Mötzingen
Kontaktdaten:

Noten oder sein oder Nichtsein...

Beitrag von tbrenner »

@saitenkiller:

vielleicht will unser geschätzter admin sagen, daß es durchaus Leute gibt,
die aussagekräftige Mucke (..auch der komplexeren Art machen und machten) ohne eine einzige Note lesen zu können (z.B. Wes Montgomery
fällt mir da ein, bestimmt kein Schlamper ....) ?

- andererseits ist mir kaum ein Sinfonieorchester vorstellbar daß jetzt ohne
Noten oder nur mit ein paar TAB´s vor sich hinjammt .... :roll:

- für mich als Gitarristen ist die kombination Noten + TAB unschlagbar
(Fingersätze/ positionen...) und die von Bernd gebrandmarkte Verschwendung von natürlichen Ressourcen dafür nehme ich mit nur sehr geringem schlechten Gewissen in Kauf ...

tbrenner :wink:
Gast

Beitrag von Gast »

RB hat geschrieben:Ich widerspreche nur in einem Punkt, nämlich der Behauptung, Töne seien Noten. Das ist ungefähr so, als würde man sagen: "Worte sind Buchstaben". Töne sind erst einmal Töne und Noten sind Kleckse auf Papier. ...Ich finde, daß man für das ernsthafte Musizieren weder Noten, noch Tabulatur benötigt. Es gibt genügend Beispiele, die das belegen.
Da spricht der Praktiker. Und Recht hat er, denn für gute Musik die Beherrschung von Noten vorauszusetzen, wäre in etwa so, als wenn man vor dem Sprechen erst Lesen lernen müsste. Wenn z.B. Paul McCartney als der wohl bekannteste und einflussreichste Komponist des 20. Jahrhunderts keine Noten braucht, um einzigartige Lieder zu schreiben, so sollte es dem Nachspieler ebenfalls überlassen sein, ob er sich diese Lieder abhört, abguckt oder von Noten spielt. Dazu kommt, dass die Essenz eines Stückes wohl nur im Ansatz über Noten oder Tabulatur fassbar ist. Noten sind nichts weiter als ein Hilfsmittel, um Musik zu notieren und reproduzieren. Andere Hilfsmittel müssen da nicht schlechter sein, und manche begnadete Leute können auf derartige Hilfsmittel gar verzichten. Ich schlage vor, einfach für jedes Hilfsmittel dankbar zu sein und alles zu verwenden, was einen weiter bringt, ohne andere Lösungen zu verteufeln. Es gibt übrigens fantastische *blinde* Musiker. 8)
stringbound
Beiträge: 2069
Registriert: Mi Aug 29, 2007 2:16 pm
Wohnort: Potsdam

Beitrag von stringbound »

Lehrmaterial für Travispicking, Fingerstyle Blues, Bluegrass und andere "Gitarrenmusik", liegt oft ausschliesslich in Form von Tabulaturen vor. Wer diese Musik lernen möchte, kommt mit Noten alleine nicht weit.

Die Tabulatur wurde für bundierte Saiteninstrumente und deren Möglichkeiten entwickelt. In einer reinen Notenschrift kann man diese nicht festhalten, daher hat schon die Notenschrift Sonderzeichen für die Gitarre und verwandte Instrumente.

Wer will kann versuchen Stücke von Marcel Dadi, Don Ross, Tommy Emmanuel oder Kentaro Oshio in einer reinen Notation zu finden. Wer fündig wird darf probieren den Noten die Musik zu entnehmen.
stringbound
Beiträge: 2069
Registriert: Mi Aug 29, 2007 2:16 pm
Wohnort: Potsdam

Beitrag von stringbound »

Äh, wie wäre es mit einem eigenen Thread zu dem Thema? Man könnte die letzten Beiträge doch sicher verschieben...
Gesperrt