Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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bookwood
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Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen

Beitrag von bookwood »

Gregor Hilden ist nicht nur ein guter Gitten-Spieler, er verkauft auch teils interessante
Instrumente, Amps und Effekte, die er oft mit schönen Videos in der Tube vorstellt.
Auf seiner Webseite habe ich jetzt ein Statement zu den Auswüchsen des Bestell- und
Rücksendeverfahrens gefunden, das ich auch aus der Käufersicht im Kern durchaus
nachvollziehen kann:

"Für nix und wiedernix

Eine persönliche Anmerkung: "Verbraucherschutz" ist ja gut und schön - aber hat auch
Schon mal jemand über "Verkäuferschutz" nachgedacht?

Leute, die sich Sachen bestellen weil ihnen gerade langweilig ist oder "einfach so" mal neue
Teile ausprobieren wollen, diese dann zurückschicken und zudem auch noch Porto erstattet
haben wollen; hierzu sei gesagt, dass dieses komplett groteske und wiedersinnige Fernabsatz-
Rücknahmegesetz ursprünglich mal dazu gedacht war, alte Omas zu schützen denen am
Telefon eine Lebensversicherung oder eine neue Wärmedecke aufgequatscht wurde – aber
nicht für Gitarristen, die juppheidi ein bisschen rumprobieren möchten! Ich persönlich halte das
ab einem bestimmten Umfang für eine absolute Frechheit. Ich muss die Sachen persönlich
einpacken, fahre zur Post, bezahle dann zweimal Porto, stelle wieder ein, muss Sachen
anschließend günstiger verkaufen. Oder man verschickt ein nagelneues Instrument, bekommt
es nach 14 Tagen zurück - und natürlich lässt es sich dann nicht mehr als neu verkaufen,
(genau diese Kunden, die ausprobieren und zurückschicken, möchten schließlich keinesfalls
etwa einen neuen Amp kaufen, der schon öfter mal als Rückläufer quer durch die gesamte
Bundesrepublik geschickt wurde und/oder schon ein/zwei Gigs lang gespielt-, oder auch für
eine CD-Produktion "ausgeliehen" wurde... (kein Scherz, auch das gibt es - und wird rechtlich
durch dieses Gesetz gedeckt)). In der Zwischenzeit ist anderen Interessenten für ein bestimmtes
Teil bereits abgesagt worden und die haben sich mitunter bereits anderweitig versorgt wenn
man sie nach der Rückabwicklung erneut kontaktiert...

Große Klasse auch: Ich hatte eine Gitarre schon auf "sold" gestellt, sie kommt nach 10 Tagen
zurück - und es hagelt dann Fragen, wie "Die war doch schon verkauft... - ist jetzt wieder zurück...
war die denn vielleicht gar nicht gut....?", ... "Ist da was nicht in Ordnung?", ... "Warum ist die
wieder da" Und dies, obwohl vielleicht gerade nur mal wieder die Ehefrau den Kauf verhindert
hat (kein Scherz!).

Es ist im Übrigen auch erheiternd, wenn man in Forendiskussionen Beiträge von Gitarristen
verfolgt, in denen man sich gegenseitig aufmuntert, doch einfach wild drauf los zu bestellen –
"...kannst ja einfach wieder zurückschicken, kostet ja nix.."

P.S.: Letztens schrieb mir jetzt jemand, dass er diesen Text für eine Unverschämtheit halten
würde, und er bei mir nichts mehr bestellen würde. Nun: Sehr gut - das war mit Sicherheit einer,
der genau diesem Problembereich zuzuordnen ist. Dann hat der Text hier ja schon seine
Funktion erfüllt... :-)

Im Übrigen, geht es nicht darum, dass natürlich in Einzelfällen mal etwas zurückgeschickt wird –
das ist schon ok. Außerdem gebe ich mir große Mühe, etwa in telefonischen Beratungen
herauszufinden, ob eine Sache wohl zu dem Kunden passt, wenn der sich noch unsicher ist –
damit eine Verpackungs- und Versandarie nicht zur ABM wird.
"
Gruß
von
Ralf
mbern
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Beitrag von mbern »

Einerseits verstehe ich den Mann, andererseits darf er aber auch nicht vergessen, dass dieses Recht des Käufers, viele Menschen erst dazu bringt, online zu bestellen. Ich habe noch nie etwas zurück geschickt, aber das Recht ist mir wichtig, sonst würde ich eher 50 km fahren und in einem Musikgeschäft kaufen.

Ohne das Umtauschrecht würden die Onlineshops nur halb soviel verkaufen, wenn überhaupt.
chevere

Beitrag von chevere »

Die Rechtslage gilt auch für Herrn Hilden. Dennoch kann ich ihn verstehen. Allerdings sollte die gewinnmarge bei seinen Verkäufen so hoch sein, daß diese Portokosten einkalkuliert sein sollten. Ansonsten funktioniert sein Geschäftsmodell wohl nicht.
Den Tonfall und den von ihm beschrieben Geltungsbereich finde ich auch als ernsthaft interessierter Kunde abschreckend und er ist rechtlich unzutreffend und irrelevant.
Ob nun immer Langeweile oder eher Entäuschunng bzgl. der jeweils bestlellten Instrumente die Ursache für eine Rücksendung ist, vermag eh niemand zu sagen.
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RB
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Beitrag von RB »

Das Porto alleine ist es nicht. Dazu kommt die Arbeitszeit des Aus- und wieder -einpackens. Man sollte schließlich nachschauen, was sich im zurückgeschickten Paket befindet. Dann kommt ein potentieller Wertverlust bis hin zu einem Punkt, an dem eine Ware nicht mehr guten Gewissens als neu verkauft werden kann. Schließlich kommt die Wirkung der Öffentlichkeit hinzu, die bei dieser Art von Absatz unvermeidlich ist, aber hinsichtlich der Verkäuflichkeit einer Ware zu schweren Iritationen führen kann, wenn sich ein Angebot kurzfristig wiederholt. Für einen Verkäufer, der im kleineren Umfang verkauft, kann das äußerst hinderlich sein.
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Brokenstring
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Beitrag von Brokenstring »

Ich verstehe ihn auch! Es ist genauso, wie er beschreibt, dass der Sinn eines Gesetzes, nämlich der Schutz von Verbrauchern, der Praxis zuwiderläuft. Das Gesetz war nie als "Recht zum Ausprobieren" gedacht, wozu es aber geworden ist. Dies zeigt wieder einmal wie schwer es ist, solchen Schutz vernünftig zu fassen. Der Schutzzweck wurde gegen die Selbstverantwortung der Käufer, zu Lasten der (kleinen) Verkäufer, in den Vordergrund gestellt. Genau solche Gesetze sind mitverantwortlich für den Niedergang des Fachhandels, und zwar in allen Bereichen. Ich höre immer das hohe LIed der Politiker, wenn es um den Schutz von Fachgeschäften und Innenstädten geht, in Realität nutzen die Gesetze nur Großversendern. Die paar berechtigten Fälle in denen das Gesetz seinen Ursprungszweck erfüllt, stehen in keinem Verhältnis zum Schaden (Achtung dies ist eine Vermutung!)
Deerbridge Hare's Bell
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Donk-blues
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Beitrag von Donk-blues »

Hallo zusammen,
ich kann den Gregor Hilden echt verstehen...das ist so nicht schön .
Eine konsequente Lösung wäre dann eventuell, von vorne herein
den ganzen Versandhandelskram sein zu lassen.
Kunden "vor Ort" antesten lassen und Gitarre selbst mitnehmen
macht denn wohl nicht "so viel Geschäft"
Ich könnte mir für mich nicht vorstellen z.B eine Gitarre per Versand
aus einem Katalog zu kaufen.
Zu Instrumenten brauche ich eine Beziehung, so ein Teil soll nach meinem
Geschmack klingen, soll gut in der Hand liegen - und soll mir letztlich ja
auch optisch gefallen und dann hat sie die besten Chancen "die meine" zu werden.
- aber per Versand - nö- nö das geht gar nicht.

Stellt euch mal die Hausfrauen beim Metzger vor..
- ich hätte gerne drei "schöne" Schnitzel ! sowas wird akriebisch
(schreibt man das so ?)
ausgesucht...die bestellen die Sachen auch nicht beim Versand

Wie ist das bei Euch ?
.. ich muß noch stimmen...
Im Wesen der Musik liegt es, Freude zu machen.
Aristoteles
wuchris
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Beitrag von wuchris »

Absolut versteh ich ihn!

Was ich schon vom großen T erhalten habe.... unglaublich: Tretminen mit Fettfinger-Abrücken, Chip-Krümel, Schuhabdrücken, ausgeleiherten Buchsen....Kommt bestimmt nicht vom kleinen Vietnamesen, der das Teil zusammengebastelt hat.
Ich schätze mal, Thomann ist ein rentables Unternehmen. Die kalkulieren den "Deppenfaktor" der mittel- und anstandslosen Lust-und-Laune-Freizeitbesteller mit ein. Wahrscheinlich auch deshalb gibts bei Thomann noch nicht mal für Kunden, die schon mehrere 1000er gelassen haben, Kauf auf Rechnung. Das schreckt dann doch ab.

Andrerseits hat gerade diese Gesetzeslage Versandhandel wie Big-T erst möglich gemacht. Niemand würde auf diesem Wege ein halbwegs teures Gerät kaufen, wenn er es nicht ohne große Probleme zurückschicken könnte.
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RB
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Beitrag von RB »

Thomann verkauft seit 1997 online. Das Fernabsatzgesetz stammt von 2000.
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Kwalke
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Beitrag von Kwalke »

Ich glaube auch, dass es sich für den Verkäufer auszahlt, Rückgaberecht anzubieten bzw. annieten zu müssen. Sonst würden die großen Onlinekaufhäuser nicht so stark den Markt erobern. Mit schwarzen Schafen hat man doch immer zu kämpfen, ob nun im Versandhandel, Hartz 4 oder am Buffet im Hotel :-)

Was aber z.B. Reklamationen betrifft, habe ich bisher die Erfahrung gemacht, dass man bei den "großen" Unternehmen, wie z.B. Thomann oder Amazon, weniger Probleme hat als bei "kleinen" Händlern vor Ort.
http://www.ThomasKuemper.de" onclick="window.open(this.href);return false;"
Gitarren: Martin D-28, Martin OOO-16GT, Gibson J-45
Amps: Cromacord Podium MXVS , Subwoofer
wuchris
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Beitrag von wuchris »

RB hat geschrieben:Thomann verkauft seit 1997 online. Das Fernabsatzgesetz stammt von 2000.
Ok, wusste ich nicht.
Allerdings kann ich mir vorstellen, dass er entweder vorher das Rückgaberecht auf freiwilliger Basis anbot, oder aber erst seit dem Gesetz richtig Umsatz macht.
Wie gesagt: irgendwas zu bestellen, ohne das Anrecht auf Rückgabe zu haben, würde auch ich nicht machen. Die Art und Weise entscheidet mal wieder über Gut und Böse ;)
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Geli
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Beitrag von Geli »

Also ich halte das Gejammer von Herrn Hilden für nicht gerechtfertigt.

Ich verkaufe ja auch ausschließlich online und habe keine Probleme mit dem Fernabgabegesetz.
Wenn er sich darüber beklagt, dass er die Teile verpacken und zur Post bringen muss, dann muss er diese Arbeitszeit im Verkaufspreis mit einkalkulieren.
Wenn er sooo viele Versandrückläufer hat, macht er bei der Beschreibung seiner Artikel irgendwas falsch.
Wenn er Gitarren zurückgesendet bekommt, die Gebrauchsspuren aufweisen, muss er nicht den vollen Verkaufspreis zurückzahlen.

Wenn ihn das alles so sehr belastet, soll er doch einen Laden aufmachen, aber nicht vergessen, die Ladenmiete im Verkaufspreis mit zu kalkulieren :wink:

Meine Erfahrungen mit dem gewerbsmäßigem Onlinehandel zeigen, dass wirklich die allerwenigsten Leute nur "juppheidi ein bisschen rumprobieren möchten". Die meisten haben ernsthaftes Interesse an meinen Produkten und wenn sich deren Vorstellung von dem Produkt nicht mit der Wirklichkeit deckt (was selten vorkommt), dann ist doch die Möglichkeit der Rücksendung das einzige Mittel, überhaupt Leute dazu zu bekommen, Onlinegeschäfte zu machen.
Ich jedenfalls bin froh nicht auch noch zusätzlich zur Herstellung meiner Produkte, in einem Laden zu stehen und auf Käufer warten zu müssen.

Gruß
Geli


Geli´s Hohmpäjtsch:
http://www.tiny-world.de/Kunstdrucke.html" onclick="window.open(this.href);return false;
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RB
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Beitrag von RB »

@wuchris: Ich will Dir gar nicht widersprechen. Da sind zwar drei Jahre ohne Fernabsatzgesetz, aber dennoch kann das zeitlich zu dem passen, was Du oben gemeint hast.
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guitar-hero
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Beitrag von guitar-hero »

Moin,

ich kann den Gregor Hilden sehr wohl verstehen.

Ich betrachte ihn auch nicht als "professionellen" Verkäufer.
Er kauft /probiert / verkauft.

Das Fernabsatzgesetz ist schon ok.
Aber der ambitionierte "Privat"-Vielverkäufer wird ja schon oft sehr bedrängt.

jm2c.
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bookwood
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Beitrag von bookwood »

So hat also auch diese Medaille wieder mal zwei Seiten. Einerseits ist das
Rückgaberecht (wenn auch aus anderen Gründen erfunden) im zur Normalität
gewordenen Onlinehandel inzwischen unverzichtbare Absicherung für ernsthafte
Käufer vor unerwarteten Produktüberraschungen, andererseits legt es die Hemm-
schwelle für schwarze Bestellerschafe relativ niedrig. Soweit es die Großanbieter
betrifft, ist der „Umtausch wegen Nichtgefallen - Geld zurück“ allerdings sowieso
ein etablierter Kundendienst. Das ist ohne Gesetzeszwang im örtlichen Handel
anderer Branchen ja auch üblich. Und wir leben ständig damit, dass die daraus
resultierenden wirtschaftlichen Folgen/Verluste eingepreist werden. Ob nun bei
ge(miss-)brauchten Gitarren, klaubedingtem Warenschwund oder massenhaft
vernichteten Lebensmitteln.

Mich würde der rustikale Ton, den Gregor Hilden hier anschlägt, nicht von einer
Bestellung abhalten, weil ich mir grundsätzlich nur die Schuhe anziehe, die mir
passen. :wink:
Zuletzt geändert von bookwood am Mi Apr 25, 2012 11:31 pm, insgesamt 1-mal geändert.
Gruß
von
Ralf
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arokh
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Beitrag von arokh »

Ich muss Geli zustimmen, so ganz kann ich das Gejammer nicht verstehen. Wenn jemand nur zum "Spaß" bestellt und die Ware nicht "wie neu" zurücksendet, muss nicht der volle Preis erstattet werden, so gesehen fallen eigentlich nur die Versandkosten (Port und Arbeitszeit) als Verlust an, das Risiko muss halt mit einkalkuliert werden. Schätze, dass das aber immer noch günstiger ist als z.B. einen Mitarbeiter im Laden auf potentielle Kunden warten zu lassen.

Außerdem zum Thema Abnutzung: Im Laden darf ich die Gitarren doch auch anspielen, das geht auch nicht immer spurlos an den Instrumenten vorüber.

Viel wichtiger aber, und darum muss es dieses Gesetz geben: Es gibt sicher ein paar "Betrüger" auf Seiten der Käufer die dreist bestellen, nicht zum ehrlichen ausprobieren sondern um es für einen bestimmten Zweck kurz zu nutzen und dann wieder zurückschicken. ABER, gäbe es dieses Gesetzt nicht würde es den Betrügern auf Seiten der Verkäufer wiederum zu leicht gemacht, das ist glaube ich die schwerwiegendere Seite, darum ist es soherum besser als andersherum ...
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