Allen Bedenken und Trägern zum Trotz habe ich die Operation durchgeführt. Mir ist völlig klar, daß ich auf eigenes Risiko handele und das sollte auch jedem anderen klar sein, der derartige Schritte unternimmt. Es gibt weder eine Garantie dafür, daß die Gitarre besser klingt, noch eine dagegen, daß die strukturelle Integrität des Instruments Schaden nimmt. Also: Nicht zur Nachahmung empfohlen, es sei denn, man ist entsprechend risikobereit.
Nachgerade albern wäre es aber, hier irgendjemand anderes für ein Scheitern verantwortlich zu machen, nur weil er sagt: "Mach mal". Ganz egal, ob er nun vom Fach ist, oder nicht. Das einzige, was ich daraus an Information nehme, ist die Tatsache, daß man es überhaupr machen kann und daß das in bestimmten Fällen sinnvoll sein kann.
Um eines vorwegzunehmen: Die Gitarre hat seit 30 Minuten wieder Saiten auf sich. Ein erster Spieleindruck: Neue Saiten, vielleicht etwas mehr von allem, aber das von dem Effekt neuer Saiten zu unterscheiden, ist nicht ganz leicht. Ich warte einmal ab und spiele heute abend ein wenig, dann wird sich weisen, was geschieht. Ich habe lediglich von der Bass-Seite des X etwas abgenommen und zwar im Bereich der Bridge-Plate. Die einzige, bei dieser Beleistung vorhandene "Tone Bar" habe ich zunächst unberührt belassen.
Hier der bebilderte Bericht:

Kabinett des Grauens - Das Operationsbesteck. Ich habe nur einen Schweifhobel, also ungeignet. Da ich aber ein begnadeter Stöckchenschnitzer bin, der weiß, wie man mit einem scharfen Messer ein Holz beschnitzt, ohne daß ein unbeherrschbarer Einriß vonstatten geht (die Angst einiger oben), dachte ich mir, ich nehme ein scharfes Messer.

Gutes Licht sollte her. Also habe ich mir eine Lampe aus Zutaten gebaut, die kaum Wärme entwicklen, eine der modernen, sündhaft teuren LED-Leuchten mit E-dingens-Gewinde, die tatsächlich auch Licht geben.

Auch die Sichtkontrolle erschien mir günstig. Zwar würde es nicht möglich sein, den Vorgang selbst zu beobachten und visuell zu kontrollieren, aber kurze Zwischenblicke sind möglich. Wie praktisch, daß bessere Hälften soetwas in einer Größe kleinergleich Erasco Dosendurchmesser zur Hand haben.

So sieht das Operationsgebiet durch den Spiegel und mit LED beleuchtet, also aus.

Wohlan, frisch ans Werk. Hier sieht man erste leichte Bearbeitungsspuren.

Hier schon deutlich mehr, ich glaube, das sollte reichen. Hoffentlich war das nicht schon zu viel.

Späne. Wäre ich schlau gewesen, hätte ich ein Küchenhandtuch in der Gitarre ausgebreitet. So mußte der Staubsauger herhalten.

Etwas glatt gemacht, damit ich es bei der Akustik Gitarre zum Testen hinschicken kann, ohne daß unsaubere Verarbeitung moniert wird....

Und die Patientin liegt im Aufwachraum, Saiten gleichen Typs aufgezogen und gestimmt. Spielt sich wie immer, klingt auch ähnlich. Wie oben schon gesagt, es könnte sein, daß sie etwas lebhafter geworden ist und von allem mehr hat. Mal sehen, ob sich noch etwas setzt. Zum Glück noch keine Beule zu sehen....
Das wars einstweilen. Danke an Deerbridge Martin und C.F. Martin, für den Zuspruch einerseits und das Bauen eines so klaglosen Geräts, wie der vielfach Schönheitsoperierten DX-1, die mir immer noch treue Dienste leistet und nicht etwa längst zusammengebrochen ist.
Ich werde die Gemeinde über klangliche Veränderungen natürlich unterrichtet halten. Das Wochenende ist noch lang.