Gitarre spielen im Alter

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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scifi
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Beitrag von scifi »

Herausfordernd ist sicherlich einen realistischen Erwartungshorizont mit 60 zu entwickeln, über das, was man noch erreichen kann im Gitarrenspiel. Ich bin zwar eine Ecke jünger, aber zumindest für mich finde ich es nicht mehr sinnvoll TE-Arrangements bühnenreif einstudieren zu wollen. TE hatte 40 Jahre Zeit um seine Tricks zu erwerben - ich nicht. Gerade die ganze Fingerstyle-Akrobatik lädt dazu ein sich zu übernehmen und dann im Frust das Musikmachen wieder bleiben zu lassen. Musik muss ja nicht kompliziert sein sondern "funktionieren" (alles andere interessiert IMHO den Zuhörer selten).
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ralphus
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Beitrag von ralphus »

Hier mal ein Video einer Klavierstunde mit einer 66-jährigen Schülerin - http://www.youtube.com/watch?v=i-0d54QGHDM&feature=g-u
This is a sample lesson with Christine, age 66, along with Charlie the Cat who is obsessed with pencils. Christine studied for a few months with another teacher before transferring to me. I place a big emphasis on playing the 5-finger exercises in all 12 major keys for students at this level. Full scales come after the 5-finger exercises are mastered. (5-finger tutorials can be found on the BachScholar channel.) I usually spend about half the lesson on technical exercises and half on songs or pieces. I also focus on theory and composition in lessons for students interested in these areas.
Sie hat Spaß - besonders am Ende, wo sie mit dem Lehrer gemeinsam spielt - gut sie wird nie so gut spielen wie ihr Lehrer hier: http://www.youtube.com/watch?feature=pl ... knjYg#t=3s - aber sie hat Spaß.
BTW - ich finde es etwas (oder auch doll) befremdlich mit der Katzenspielerei - ich würde mehr Konzentration / Zuwendung vom Lehrer erwarten - aber gut, es geht ja um "alte" Schüler bzw. Anfänger...
Viele Grüße

ralphus
martinst
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Beitrag von martinst »

Wie das 'im Alter' ist, weiß ich nicht, aber mit 61 -so alt bin ich- kann man jederzeit etwas neues lernen.
Diese Antwort 'bin zu alt' ist mir schon oft begegnet, auch von wesentlich Jüngeren und ist verwandt mit dem Spruch "Hätten nur meine Eltern dafür gesorgt, dass ich mehr übe!"
Sind Synonyme für "keinen Bock"
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johnson
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Beitrag von johnson »

Bernd C. Hoffmann hat geschrieben: Wenn ich als Maurer eine Position als Polier inne habe, dann wird die eigentliche Arbeit von den anderen gemacht.
Ich protestiere !
Feinmotorik hat vor allem etwas mit Geduld zu tun.
Ich mache seit 22 Jahren GaLaBau,vorher war ich Fischer.
Trotz meiner z.T. groben bis sehr groben Arbeit (Buddeln,Pflastern,Holzfällen,Mauern usw) bin ich derjenige in der Familie,der die Feinstreparaturen erledigt (die anderen - meistens - auch :D).
Meine Frau - deren Finger nicht ansatzweise der mechanischen Belastung ausgesetzt sind wie meine - kriegt schon bald einen zuviel,wenn sie eine Nadel einfädelt.
Natürlich werde ich nie so spielen wie ein Berufsmusiker. (Ist ja auch nicht mein Beruf)
Nein (hicks). Wieso?(hicks)
Wolfi
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Beitrag von Wolfi »

Alt........hm...; das ist man, wenn man morgens aufwacht, und keine Träume mehr hat, welche man verwirklichen will.
Ich will z.B. spielen lernen, davon träume ich; ergo kann ich noch nicht alt sein. 8)
kelly

Musik tut gut

Beitrag von kelly »

Hallo,
das war eine (überwiegend) sehr interessante Diskussion, die mir durch den Jahresabschlußstress bisher entgangen ist. Ich wollte jetzt das aktive Musizieren nach organischen Schädigungen v.a. des Gehirns, allgemein im höheren Alter sowie in der Jugend/Kindheit ansprechen.

Erstens wollte ich meine Bewunderung für Andreas ausdrücken. Man kann die Erfolge in der Therapie nach einem SA nicht hoch genug einschätzen. Ich sage nur: bitte weitermachen, vor allem mit der Berücksichtigung der Fakten über die Neurogenese und Neuroplastizität. Alles Gute und viel Spaß dabei! Übrigens: bitte nicht vergessen, dass von den mehr als 300000 neuen SA-Patienten jährlich, nicht mal jeder fünfte medizinisch komplex und systematisch rehabilitiert (ganze 17%) wird.

Zu der Leistung im "hohen Alter" möchte ich leicht populistisch behaupten, dass ein Großteil der sogenannten "jungen Generation" intelektuell sich auf dem Niveau einer neugeborenen Katze befindet und bis zu ihrem Tod nur noch weiter abbauen wird. Was meistens bleibt ist die Bedienung des Feuerzeuges, im optimalen Fall auch in der Zweitfunktion als Flaschenöffner. Darum meine Bitte an die "Älteren Semester": lasst Euch von der Jugendmanie nicht anstecken, kauft Euch keine Chucks (dafür mehr Musikinstrumente) und macht etwas für Euren Körper und v.a. für die Birne. Also z.B. spielt Gitarre!

Noch weiter ausgeholt. Bei den ehrlichen Untersuchungen der Kinder im Vorschulalter stellt man heute leider fest, dass deutlich mehr als die Hälfte der Population eine dringende sprachliche oder auch andere Form der medizinischen Hilfe (Ergo, Physio) benötigt. Mit steigender Tendenz. Wenn man von durch die Krankenkassen eingesackten 25 Milliarden € weiß, ist das sowieso keine Überraschung. Aber anderseits, man soll mal die eben eingeschulten Erstklässler fragen, wie viele Lieder sie in den ca. 3 Jahren im KiGa gelernt haben? Die absolute Mehrheit kennt nicht mal eins.

Fazit: aktives Musizieren kann nahezu alle Probleme auf dieser Welt lösen. Auch im "höheren Alter" (welches Alter ist das übrigens heutzutage?).

Zum Neujahr "wünsche ich mir Frieden auf Erden und den Menschen ein Wohlgefallen" (Zitat "Sneakers"). Allen hier im Forum wüsche ich außerdem, dass sie sich so viele Gitarren leisten können, bis sie mit ihnen wunschlos glücklich sind. Viel Spaß und Erfolg beim Musizieren!

kelly
mipooh

Beitrag von mipooh »

Interessante Diskussion bei allen Abschweifungen...

Ich (59) lerne mal wieder weiter, wie schon öfter in meinem Leben und es gibt immer noch mehr zu lernen. Voraussichtlich werde ich nicht mehr Geschwindigkeitsrekorde aufstellen aber auch jetzt werde ich schneller. Bis ich irgendwann mal meine es sei jetzt schnell genug und ich dann wieder weniger auf den Aspekt achte. Und vielleicht muss ich um eine gewisse Schnelligkeit zu behalten auch mal daraufhin üben. Ist ok, ich nehm´s gelassen.

Manche Perspektiven sind ganz nett und doch (für mich) überflüssig. So werde ich zB nie wissen wollen welchen Perfektionsgrad ich nach irgendeiner vorherrschenden Lehrmeinung denn nun habe. Andererseits werde ich nie wissen, ob und welche Gehirnzellen sich nun erholt oder gar neugebildet haben. Oder ob Maurer nun prinzipiell oder nur meistens eher grobmotorisch sind. Das alles existiert ausserhalb meiner Wahrnehmung und ist höchst interessant und dann auch wieder nicht mehr.

Aber ich werde immer wissen, dass mich meine Musik interessiert, dass sie Spaß macht und dass ich damit etwas ausdrücken kann, was mir sprachlich einfach nicht möglich wäre. Für manches reicht nichtmal singen... da muss meine Gitarre helfen... oder sonstige Klangerzeuger, die ohne mich meist still wären.

Harmonien zu erzeugen, die (um nicht pathetisch von glücklich zu sprechen) zufrieden machen ist eine Möglichkeit, bei der Musizieren hervorragendes Mittel sein kann. Schön daran fand ich schon immer, dass die verbleibenden Schwingungen mich noch eine Weile weitertragen. Und ebenso schön fand ich die Erkenntnis, dass Musik nach dem letzten Ton verklingt. Immer wieder neu geschaffen und immer "flüchtig".

Womit könnte man sich im Alter also besser beschäftigen? Beiden Dimensionen wird Genüge getan, dem Werden von Harmonien und dem Bewusstsein des Verklingens. Ich möchte mal mit einem sus-Akkord verklingen und bis dahin spiele ich möglichst viele davon...
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