Kneipen-Gig und Frustration

Alles, was mit akustischer Gitarrenmusik zu tun hat und sonst nirgends hineinpaßt

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OldBlues
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Beitrag von OldBlues »

OldPicker hat geschrieben:
Es ist schon ein besonderes Erlebnis und hat schon eine gewisse Qualität, wenn Musik - egal, welche - an primitiver "Sauf- und Kneipenkultur" abprallt.
passender kann man's nicht ausdrücken.

Dann lieber...
OldPicker hat geschrieben:
...auf weitere Anfragen zum Spielen verzichteten...
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Ja hier war das Problem das von außen die Kneipe so ein bisschen ein Luxus-Lounge-Konzert-Bar Image hatte ... aber die Stammkunden desto-trotz von der "Sauf- und Kneipenkultur" stammten :) ... Afterwork-Kneipe für 45+ Singles (oder Fremdläufer).

Das Problem ist das Leute beschimpfen oder weiterspielen verweigern eigentlich sehr schlecht rüberkommt (Hab's schon erlebt ... als Publikum). Die meisten denken der Künstler sei ein hochnäsiges A****l*ch ... und sowas spricht sich rum.

Dazu kommt das der positive Eindruck und das Beileid der 20 Interessierten mir Wert ist ... und das man immer sagen kann: Komm mal wieder es wird besser.
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string
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Beitrag von string »

Einfach RESPEKTLOS und nicht nachvollziehbar.
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"Das Wesentliche im Umgang miteinander ist nicht der Gleichklang,
sondern der Zusammenklang".
Ernst Ferstl
rwe
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Beitrag von rwe »

string hat geschrieben:<...> nicht nachvollziehbar.
Wirklich nicht? Da möchten ein paar Leute abends um die Häuser ziehen, in netter Athmosphäre etwas quatschen etc. Die wollen gar nicht zum Konzert. Im Gegenteil, die Musik stört in der Stammkneipe, da muss man halt lauter quatschen. Und der Kneipier möchte auch kein Konzert veranstalten, sondern etwas Untermalung für seinen Bierverkauf. Es geht nicht um Kultur, sondern um gastronomische Events. - Nein, ich finde es auch nicht gut, aber nachvollhziehbar ist's. Leider.
kelly

Kultur des Zuhörens...

Beitrag von kelly »

...gibt es in der Popmusic überhaupt nicht, spätestens seitdem die Beatles in den 60ern die kreischenden Teenies ertragen mussten. In den Konzerten werden die bekannten Stücke mitgebrüllt und die unbekannten ausgepfiffen. In der Kneipe werden sich immer ein paar meistens voll besoffene Idioten finden, die der Welt die Überlegenheit ihrer bevorzügter Musikrichtung (natürlich keine Akustikgitarrensachen) erklären müssen. Selbst wenn sie von den Instrumenten im besten Fall nur ein i-pod, i-pad oder ähnlichen Zeittotschläger beherrschen.

Was suchen sie dann eben in solchen akustischen Events? Eine Möglichkeit zum Kravallenmachen und dadurch eine Ablenkung von ihrer besch... eidener Versagerexistenz. Ich selber spiele nur in einem kleinen und interessierten Kreis. Beim z.B. Grillen nur in einer ruhigen, abgetrennten Ecke. Kommt ein Penner vorbei, der etwa die deutschen Schlager und keine "englische Sch...e" selbst aus einiger Entfernung hören will, packe ich einfach meine Sachen. Wenn die gelegentlich anwesenden, ehemaligen "Peter Kraus-Kompagnonen" es mir unbedingt zeigen wollen, wie man wirklich Musik macht, bin ich heutzutage sogar einverstanden, meine Gitarre zu überlassen. Das aber nur für eine angebrachte Kaution auf die Hand. 2500€ beenden die Diskussion meistens sofort.

Dass meine Ehe irgendwann getrennt wurde aufgrund meiner Weigerung 7 Monate vorher, die künftige Schwiegermutter beim Polterabend zu begleiten, trifft nicht 100%ig zu. Es ist auch falsch, dass ich dem Onkel meiner Ex eine Ohrfeige verpassen wollte, nachdem er meine Gitarre aus dem Koffer in meiner Abwesenheit rausgeholt hatte.

Ich wollte ihm einen Tritt in den Hinter geben.
rwe
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Re: Kultur des Zuhörens...

Beitrag von rwe »

kelly hat geschrieben: Was suchen sie dann eben in solchen akustischen Events? Eine Möglichkeit zum Kravallenmachen und dadurch eine Ablenkung von ihrer besch... eidener Versagerexistenz. Ich selber spiele nur in einem kleinen und interessierten Kreis.
Na ja, gestern mal wieder waren es gerade die "Musikerkollegen", die nicht bis zur Pause mit der Sabbelei warten wollten bzw. konnten. Und es waren keine musikspezifischen Gespräche...
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thust
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Beitrag von thust »

Ich habe in den letzten 3 Jahren fast 150 Solo Gigs gespielt. Da waren vom Konzert, über den Kneipengig, die Geburtstagsfeier, die Vernissage bis hin zur Untermalung beim Dinner fast alles dabei, wo man live musizieren kann.
Man kann als Musiker, außer bei Konzerten, nicht erwarten das immer alle zuhören und total still sind. Oft ist man halt nur die "Hintergrund Musik"!

Vom tollen Konzert über Besucher die 2 Meter von mir entfernt Billard gespielt haben, bis zu einer Frau die sich nach dem 2. Titel darüber empörte, dass ich nicht DEUTSCH singe, oder die Rockerkneipe in die ich geraten bin und bei der mir während der drei Stunden Spielzeit nur 8 Herren mit dem Rücken zu mir gegenüber an der Bar gesessen haben, war da so einiges dabei. Oft spiele ich mehrere Stunden ohne eine Rückmeldung, in Form von Applaus o.ä.. Trotzdem gibt es hinterher oft Anerkennung in Unterschiedlichere Form und wenn es nur der Dank ist das die Musik nicht zu laut war und man sich in gemütlicher Runde unterhalten konnte und trotzdem die Musik genossen hat.

Ich empfinde es als Privileg mit dem was ich am liebsten mache, nämlich Musik, mein Geld zu verdienen, da kann ich gut mit Kompromissen leben, das muss ich in anderen Jobs auch.

Wenn es mal ganz hart kommt schalte ich ab und spiele nur für mich allein, das ist immer noch besser als allein zu Hause zu dudeln und eine gute Konzentrationsübung! ;-)

LG Andreas
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Davanlo
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Beitrag von Davanlo »

Arno, bekannter belgischer Sänger ... 500 Mann Publikum ... eine betrunkene Zuschauerin hat gepfiffen und gebooht ... und ein Glas Sekt nach dem Sänger geschmissen ... er musste raus ... und kam nach einigen Minuten und hat sein Set zu Ende gespielt, ohne ein Wort oder Zugabe ...

1 vs 500 :shock:

http://www.rtbf.be/classic21/article_un ... 165&page=2
kelly

Job vs. Hobby

Beitrag von kelly »

Im Job bekommt jede/r irgendwann Probleme mit Asis. Ich spiele aber nur hobbymäßig und bin nicht bereit, auch hier angemacht zu werden. Bei ersten, kleinsten Unstimmigkeiten packe ich meine Sachen und verschwinde. Meine Erfahrung sagt: lebensenttäuschte und auf Akkordekenntnisse eifersüchtige Säufer treten meistens im Rudel auf. Habe keine Lust, dass mal einer (oder möglicherweise mehrere) in meinem Gitarrenkoffer ihre Ausscheidungen hinterlassen, wie es einem Party-DJ vor einigen Jahren bei einer Hochzeit mit seinen Truhen passiert ist.
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Rainman
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Beitrag von Rainman »

Ich mache in der letzten Zeit die Erfahrung das es meistens die "Kollegen" sind die die ganze Zeit quatschen.

Ich muss aber auch den Hinweis geben dass ich meistens "nur" bei offenen Bühnen oder Wohnzimmerkonzerten spiele.

Ab und zu mache ich mal was in der Kirche. Meistens so etwa 1 bis 1,5 Stunden. Die Leute dort hören dann wirklich konzentriert zu. Was dann für mich wiederum etwas irritierend ist.
Locker bleiben
Andreas

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wuchris
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Beitrag von wuchris »

thust: 100 % Zustimmung, auch wenn ich das ganze immer seltener und nur als Hobby betreibe.

Von deiner Musik, Davanlo, abgesehen, finde ich ein ganz anderes Phänomen inzwischen befremdlich: die "Verkulturabendisierung" von ganz normaler Musik.
Ich empfinde ein 2-3 stündiges Piano-Boogie-Woogie Konzert, welches im Sitzen und in Konzertbestuhlung eingenommen wird, als Kulturbruch. Die schönsten Konzerte diese Art durfte ich in (verhältnismäßig) kleinen Kneipen und Bars erleben. Locations, wo solche Musik eigentlich herkommt.
Gleiches gilt für viele andere, plötzlich zur "Kultur" gewordenen Musikrichtungen.
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Paradise
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Beitrag von Paradise »

Rainman hat geschrieben:
Die Leute dort hören dann wirklich konzentriert zu. Was dann für mich wiederum etwas irritierend ist.
Ja, so geht es mir auch manchmal.
Wenn nach einem Applaus plötzlich Totenstille ist und man könnte eine
Stecknadel fallen hören, dann liegt so ein Spannung/Erwartungshaltung
von Seiten des Publikums in der Luft.
Am Anfang hatte mich das nervös gemacht, aber inzwischen
treibt mich das an, jetzt wirklich alles zu geben.

L.G. Simone
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

Ich denke, es geht hier nicht darum, dass in der Kneipe Totenstille herrschen soll. Wenn Musik gemacht wird, darf das Publikum gerne mitmachen und mitsingen und mitklatschen oder was auch immer. Ein paar Quergespräche sind auch völlig normal und in Ordnung.

Das, was die Sache so untragbar und nervig macht, ist, wenn eine relativ kleine Gruppe angetrunkener Opportunisten den ganzen Raum mit überlautem Gelaber, dem Rücken zur Bühne und dem zugehörigen Publikum aufmischt. Ich meine die Gruppe von "Stammgästen" - denn das sind die in der Regel - die die Krachmacher auf der Bühne als Eindringlinge in ihr Revier sehen und sie dies auch spüren lassen.

Eine andere Qualität haben aber auch die Musikerkollegen, z.B. bei Open Stage, die ihre Mitmusiker auf der Bühne durch Quergespräche und Nichtbeachtung abstrafen. Ich habe so etwas auch schon erlebt. Mehr noch. Ich hatte an einem Abend einen Part am Ende der Veranstaltung. Da gab es eine Gruppe von jungen Musikern, die etwa 30 Minuten vor ihrem Auftritt zur Mitte des Abends recht lauthals aus einem Nebenraum kamen, im Vortrag eines Kollegen ihre Instrumente auf der besetzten Bühne abstellten ("Oh, tschuldigung, darf ich mal eben durch..."). Dann fingen sie laut an zu Diskutieren und stellten sich als Gruppe mit 4 Leuten direkt in das Sichtfeld einiger Zuhörer. Sie blieben unter sich, der Rest interessierte sie nicht. Dann kam ihr Auftritt, der beachtet und beklattscht wurde. 10 Minuten nach ihrem 20 Minuten dauernden Vortrag hatten sie ihre Klamotten gepackt und verschwanden wieder. An dem Abend verzögerte sich unser kurzer Vortrag, und am Ende spielten wir vor 6 Zuhörern (4 Musiker und deren Begleitung), der Bedienung und dem Wirt. Alle anderen waren schon gegangen. Das brauche ich dann auch nicht noch einmal.

Gerade bei Open Stage, und ganz besonders, wenn nur wenig Publikum anwesend ist, ist es für mich als Mitwirkenden eine Selbstverständlichkeit, mich unter die Zuschauer zu mengen, um den Leuten auf der Bühne aufmerksam zuzuhören. Und ich komme zu Beginn und bleibe bis zum Schluss.
* * * * * * * * * * * * * * *

"I usually play songs in two chords, C and G, and every once in a while I throw in an F, just to impress the girls."
(Woody Guthrie)
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wuchris
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Beitrag von wuchris »

OldPicker hat geschrieben: Gerade bei Open Stage, und ganz besonders, wenn nur wenig Publikum anwesend ist, ist es für mich als Mitwirkenden eine Selbstverständlichkeit, mich unter die Zuschauer zu mengen, um den Leuten auf der Bühne aufmerksam zuzuhören. Und ich komme zu Beginn und bleibe bis zum Schluss.
Das find ich auch besonders "süß", wenn vermeintliche "Vollprofis" sich zum Pöbel herabbegeben, einer Open-Stage beiwohnen und mit ihrer schieren Anwensenheit schon glauben, die Veranstaltung um Welten nach vorne zu bringen. Meist sind das die, die noch an die große Karriere glauben, aber wohl nie groß über die Open-Stages rauskommen werden.
In Regensburg gab's eine Kneipe, da war das regelmäßig zu bewundern.
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OldPicker
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Beitrag von OldPicker »

wuchris hat geschrieben:
OldPicker hat geschrieben: Gerade bei Open Stage, und ganz besonders, wenn nur wenig Publikum anwesend ist, ist es für mich als Mitwirkenden eine Selbstverständlichkeit, mich unter die Zuschauer zu mengen, um den Leuten auf der Bühne aufmerksam zuzuhören. Und ich komme zu Beginn und bleibe bis zum Schluss.
Das find ich auch besonders "süß", wenn vermeintliche "Vollprofis" sich zum Pöbel herabbegeben, einer Open-Stage beiwohnen und mit ihrer schieren Anwensenheit schon glauben, die Veranstaltung um Welten nach vorne zu bringen. Meist sind das die, die noch an die große Karriere glauben, aber wohl nie groß über die Open-Stages rauskommen werden.
In Regensburg gab's eine Kneipe, da war das regelmäßig zu bewundern.
Wir haben hier ein Lokal, wo regelmäßig Sessions und Open Stage veranstaltet werden. Am Anfang war das richtig toll, da kamen gute Musiker aus ihren Kellern aus der Nachbarschaft, trugen wirklich tolle Musik vor und alle hatten Spaß. Nach und nach wurden dann immer mehr "bekannte Größen" dazug geladen, auch aus weiter entfernten Orten, die dann einen recht große Teil des Abends bestritten. Immerhin kannten die Veranstalter sie, und sie hatten ja auch eine lange Anfahrt. Dazu kamen dann die "Platzhirsche", die ebenfalls ihren Teil des Abends einforderten - weil sie ja so gut und Dauergast sind.

Mittlerweile sind die Veranstaltungen voll, und die "kleinen" Musiker aus der Nachbarschaft haben schon lange den Versuch aufgegeben, sich an so einem Abend zu platzieren - wo doch schon die Großen der Szene auch auf der Bühne sind und man glaubt, da nicht mithalten zu können. Ihr Part wäre dann irgendwann nach Mitternacht oder vorweg oder so, und sie glauben mit Recht, dass ihnen da wohl kaum noch jemand zuhören wird. Sie sind zurückgekehrt in die Anonymität und Stille ihrer Wohnzimmer und Keller. Schade. Wenn die Semiprofis der Platzhirschband am Start sind, dazu dann die geladene Gruppe aus West-Westphalen-Oderwo Auchimmer zu Besuch kommt und - on Top - sogar eine Prominente mit ein paar Freunden "mal vorbeischauen will" - was soll der kleine Balladenzupfer da noch?
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