Klang ist das eine, aber bei der Entscheidung für die Saitenstärke gibt es doch mehrere verschiedenen Aspekte:
(1) Bespielbarkeit anschlagende Hand
Während der Unterschied zwischen .011 und .012 und sogar .013 bei einer ordentlich eingestellten Gitarre für die greifende Hand fast vernachlässigbar klein ist, ist er für die anschlagende Hand deutlich spürbar. Es mag von einigen als "persönliche Vorliebe" relativierend beschrieben werden, aber ich meine doch, daß .013er für die rechte Hand deutlich angenehmer sind, weil ihre Lage sehr definiert und stabil ist. Man hat in den Sekundenbruchteilen, um die es geht, schlicht eine genauere Referenz und weniger von dem, was ich einmal hier als Bewegung bezeichnen möchte.
(2) Stabilität für DADgad, DropD, open G, open D
.011er Saiten halte ich für unbauchbar, wenn es um die Verwendung verschiedener Stimmungen geht. Sie weisen ohnehin recht geringe Spannung auf, die aber bei der Verwendung schon von Drop-D bei der tiefer gestimmten Saite und den tiefer gestimmten Saiten derart in den Keller geht, daß der Klang intolerabel wird und die Saiten nicht mehr sauber zum Schwingen kommen, weil sie zu schnell aufschlagen. Bei einem Anforderungsprofil, das (wie beispielsweise bei mir) aus 40 % Standard, 30 % Drop-D und 30 % DADgad besteht, sind .011er keine Option.
(3) Stabilität der Intonation
Je dünner die Saite, je geringer die Spannung, desto eher kommt es durch unbeabsichtigte Verstimmung durch seitliches Verschieben oder zu starken Druck des greifenden Fingers.
(4) Zuletzt der Klang
Zwischen .011 und .012 höre ich einen deutlichen Unterschied, ich nehme an, daß der auch meßtechnisch nachweisbar wäre. Wem das Geklingel gefällt, der mag es erklingeln lassen. Mein Klangideal ist eher, die Gitarre rund, den Diskant weich und alles wenn gewünscht auch laut tönen zu lassen. Das bekomme ich mit .011ern nicht hin, mit .012ern mit etwas Anstrengung und ab .0125 geht es gut. Ich kenne auch sonst niemand, der den Klang einer ordentlichen Begleitung - wie beispielsweise im Bluegrass üblich - mit .011er-Saiten hinbekäme. Vermutlich ist es nicht möglich, weil die tiefen Mitten zu dünn sind und ein weich gespielter Diskant kaum noch zu hören.
Zwischen .012 und .013 ist erneut ein Unterschied auszumachen, der signifikant ist. Zwischen .011 und .013 liegen klanglich für mich ganze Welten, so ungefähr von hier bis
Proxima Centauri.
Klangunterschiede nivellieren sich dann, wenn man sehr leise spielt. Nur: Wozu eine Dreadnought erwerben, .011er Saiten aufziehen und dann sehr leise spielen. Das ist ungefähr so, als würde ich einen Porsche 928 kaufen, die Räder eines Renault R4 dranschrauben und nicht schneller als 35 km/h fahren.
Wenn ich mir die Argumente derjenigen anschaue, die .011er Sätze spielen, taucht immer wieder die Bespielbarkeit auf. Sicher mag es für denjenigen, der nicht die erforderlichen Verhornungen der Fingerspitzen besitzt, angenehmer sein, .011er auf den Bund (oder bis auf das Griffbrett ?!?

) zu drücken. Mich wundert immer nur, daß die quälende Intonation und das Schlabbergefühl auf der rechten Seite niemand zu stören scheint. Diejenigen, denen es um das angenehmere Spielgefühl geht, rufe ich hiermit zu: Nehmt einmal .012er und versucht, euch daran zu gewöhnen. Es geht und es bietet einige Vorteile.
Klang