Fingerpicking -
was ist das ?
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Teil 1: |
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Teil 2: | Verwendung von Patterns zur Liedbegleitung | |||||||||||
Teil 3: | Weg von den Patterns - die kleine Band in der Gitarre | |||||||||||
Teil 4: |
Patterns - Beispiele im Überblick | |||||||||||
Es gibt verschiedene Versuche, den Begriff „Fingerpicking“ zu definieren. Laienhaft würde
man darunter wahrscheinlich einfach eine Methode verstehen, die Gitarre mit
den Fingern der rechten Hand zu spielen, anstatt die Saiten mit einem
Plektrum anzuschlagen. Das würde dann allerdings alle Stilarten umfassen,
einschließlich Klassik und Flamenco. Eine andere Definition, die ich einmal
gelesen habe, besagt, daß mit „Fingerpicking“ ein Spielstil gemeint
sei, bei dem mit den Fingern der rechten Hand
so gespielt wird, daß es eine Bassbegleitung (mit dem Daumen
angeschlagen) und einen Diskant (mit den Fingern gezupft) gibt, wobei Baß
und Diskant unabhängige Bewegungen vollziehen. Auch diese
Begriffsbestimmung würde die Klassik einschließen. Da muß man sich nur
an „Bourre“ von Bach erinnern. Es gibt aber Besonderheiten dessen, was
als „Fingerpicking“ bezeichnet wird. Ich würde das folgendermaßen
beschreiben:
Wie alle Versuche, etwas wie einen bestimmten
„Stil“ zu definieren, hat auch die obige Definition sicher ihre Schwächen
und kann nur eine Annäherung sein. Es gibt viele großartige Spieler, deren
Musik zwar die oben beschriebenen Elemente enthält, die aber dennoch die
Grenzen des oben gegebenen Begriffs sprengen. Fingerstyle kann gut als Technik zur Begleitung (Gesang/Soloinstrument) verwendet werden. In diesem Zusammenhang besteht er lediglich aus Akkordbrechungen. Ich glaube auch, daß diese ersten Fingerstylisten die Gitarre als Begleitinstrument eingesetzt haben. Man bekommt damit einfach eine empfindsamere und feinere Gesangsbegleitung, als mit dem Plektrum. Aber schon die „simplen Akkordbrechungen“ haben die typischen Bestandteile, die oben beschrieben sind: Konstanter Wechselbass und Synkopen der Diskantnoten oder – um es anders auszudrücken – eine Unabhängigkeit der Bass- und der Diskantbewegungen. Dennoch ist es auf gewisse Weise zunächst einmal nur eine „andere Art Akkorde zu spielen“, wobei man sich eines oder mehrerer „Zupf-Muster“ bedient. Gitarristen wie der frühe Sam McGee, Merle Travis, Chet Atkins, Scotty Moore (und so viele mehr) haben allerdings dazu beigetragen, daß es Fingerpicking-Stücke gibt, die von hoher Komplexität und nach allen Maßstäben auch zu den höchsten Schwierigkeitsgraden gehören, die es in der Gitarrenmusik gibt. |
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1.
Gitarren, Sitzhaltung, Handhaltung
und Nagelverschleiß: a)
Gitarren Da ich immer auf Gitarren mit Stahlsaiten gespielt habe, beschreibe ich das, was sich für das Spiel auf diesen Gitarren für mich als geeignet und richtig herausgestellt hat. Meine erste eigene Gitarre war eine zwölfsaitige von Höfner. Ich habe sie allerdings fast ausschließlich mit sechs Saiten bespannt und gespielt. Zur klassischen Gitarre und der von ihr abgeleiteten, billgeren Sperrholz-Wanderklampfe bestehen einige Unterschiede, die bei der Haltung sowie Handstellung der rechten Hand zu Abweichungen gegenüber der „alten Schule“ geführt haben. Die meisten Stahlsaiten-Gitarren haben die sogenannte Dreadnought-Form, die sich dadurch auszeichnet, daß sie gegenüber der klassischen Gitarre (der sogenannten „Torres“-Form) einen bedeutend größeren Korpus und tiefere Zargen hat. Selbst andere Korpusformen von Stahlsaitengitarren sind fast immer deutlich größer als eine klassische Gitarre. Hinzu kommt, daß der Übergang des Halses zum Korpus heutzutage bei den Stahlsaiten-Gitarren meist am vierzehnten Bund ausgeführt ist. Hals-Korpus-Übergänge am zwölften Bund sind eher die Ausnahme. Bei der klassischen Gitarre ist der Hals-Korpus-Übergang hingegen immer am zwölften Bund. Die Hälse der Stahlsaitengitarren sind – zumindest bei den üblichen Formen und Ausführungen – schmaler als die Hälse klassischer Gitarren. Die Halsbreite am Sattel beträgt meist um die 45 mm, das Griffbrett verbreiter sich dann bis zur Oktave (12. Bund) auf 52 bis 55 mm. Zudem sind die Griffbretter oft mehr oder weniger konvex (gewölbt). Die Griffbretter klassischer Gitarren sind völlig eben und am Sattel deutlich breiter, als die vorbeschriebenen Steelstring-Hälse. Und zuletzt: Die Stahlsaiten-Gitarren sind, wie der Name schon sagt, mit Saiten aus Stahl bezogen, wobei die E, A, D und G-Saiten mit Bronzefäden umwickelt sind. b)
Das hat Folgen hinsichtlich der Sitzhaltung
Untertehma: Hand aufstützen oder nicht d)
Die Daumenarbeit oder wie ich zum Daumenpick gekommen bin
Bei langsamen Stücken streife ich den Daumenpick aber auch schon einmal ab. Der mit dem Daumen erzeugte Ton klingt nämlich weicher, nicht so straff und weniger dominierend und das kann manchmal wünschenswert sein. Zudem fällt das vom Thumbpick erzeugte "klickedi-klack"-Nebengeräusch weg. Das paßt bei manchen langsamen Nummern besser. Es ist fast so, als würde man vom E-Baß zum gezupften Kontrabaß wechseln. Tonbeispiel: "The Water is Wide" ist ohne Thumbpick gespielt, was man ganz gut hören kann, finde ich. e)
Fingernägel aa Methode 1: Fingerpicks - Ich streife mir Sitarpicks aus Indien über. Die sind aus Draht gemacht. Ich empfinde sie als die einzigen Picks, mit denen ich ohne große Umgewöhnung sofort spielen kann. Natürlich gibt es am Markt auch Fingerpicks aus Kunststoff und Blech, ebenso wie die oben erwähnten Daumenpicks. Es gab auch einmal eine Zeit, als ich an diese Art Picks – sogar aus Blech – gewöhnt war und damit spielen konnte. Das ist aber lange her. Hier muß jeder sehen, mit welchem Fabrikat welcher Machart er am besten zurecht kommt. Einen Nachteil weisen die meisten Fingerpicks auf, die ich kenne und getestet habe: Sie produzieren auf den umwundenen Saiten Nebengeräusche. Insbesondere die Sitar-Nägel erzeugen ein gewisses "schrapp schrapp schrapp", wenn sie leicht seitlich über die Windungen der Saite abgezogen werden. bb Methode 2: Künstliche Nägel, die mit Sekundenkleber auf den zu kurzen Original-Nagel aufgeklebt werden. Derlei gibt es in Drogerien und Drogeriemärkten zu kaufen. Nagelstudios machen das für ein mäßiges Entgelt sogar so, daß es ganz natürlich aussieht und die Leute nicht fragen: „Was haben Sie denn mit Ihrer Hand gemacht“. Ich habe das auch schon gemacht und es hat ausgezeichnet funktioniert. Da ich aber inzwischen wieder eine Quelle für Sitar-Picks aufgetan habe, bin ich derzeit wieder zur Methode aa zurückgekehrt. Die Haltbarkeit beträgt bei mir etwa drei bis vier Wochen, danach löst sich der künstliche Nagel und fällt, ohne sich zu verabschieden, zu Boden. Vorsicht beim Umgang mit Sekundenkleber. Hinweise auf dem Gebinde lesen und beachten! cc Methode 3: Verstärken der Fingernägel mit Sekundenkleber und Backpulver. Diese Methode habe ich von verschiedenen Seiten gehört und im Selbstversuch getestet. Es funktioniert recht gut und scheint mir einfacher zu sein, als die Methode bb. Auf den oberen, vorderen Rand des Fingernagels wird etwas Sekundenkleber (Cyanacrylat) vom rechten bis zum linken Rand aufgetragen und der Nagel anschließend in Backpulver getaucht. Das Backpulver dient als Füllmittel. Es bildet sich ein Horn-ähnlicher Placken, der den Nagel in der Stärke etwa verdoppelt. Das verlangsamt den Verschleiß "am Stahl". Vorsicht beim Umgang mit Sekundenkleber. Hinweise auf dem Gebinde lesen und beachten! dd Methode 4: Ohne Nägel spielen. Wie schon erwähnt, tun dies eine Reihe von Leuten. Unter anderem der berühmte Leo Kottke hat sich nach eigenen Äußerungen völlig umgestellt. Früher habe er mit Picks gespielt, jetzt spiele er nur noch mit den Fingern. Zuvor habe er diejenigen beneidet, die mit den Fingern ohne Picks spielten. Diese Spieler hätten viel mehr Ausdrucksmöglichkeiten. Manche Spieler spielen auch, indem sie die Saiten mit den Fingerkuppen UND dem kurz gehaltenen Fingernagel anschlagen. Ich meine, daß auch an dieser Stelle wahrscheilich jeder sehen muß, wie er sich am wohlsten fühlt und mit welcher Methode er am besten spielen kann. Das einzige Dogma ist, daß es keins gibt.
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ee Methode 5: Nagelstudio. Auf dem Bild sieht man Zeige-, Mittel- und Ringfinger meiner rechten Hand. Bei Zeige- und Ringfinger sind die Nägel nur mit einem Gemisch aus Gel und Fasern bestrichen, das UV-gehärtet wird. Obenauf kommt noch eine Schicht "Finish", das ebenfalls in einem UV-Lichtkasten gehärtet ist, in den man die Hand hält. Der Nagel des Ringfingers ist mit einem "Tip" künstlich verlängert und dann ebenfalls wie oben behandelt worden. Nach meiner Erfahrung ist die Behandlung im Nagelstudio die beste, aber auch die teuerste Methode, das Nagelproblem zu beheben, denn sie muß regelmäßig wiederholt werden, weil Nägel nun mal wachsen und der Rand der behandelten Fläche damit herauswächst. Das UV-gehärtete Gel ist so fest und zäh, dass es den Anforderungen brutalsten Pickings gegen Stahlsaiten locker wegsteckt. Also: Gelbe Saiten aufschlagen, Nagelstudio heraussuchen und nach den Preisen fragen. |
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2.
Zur
Spielweise a)
Patterns |
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Meine Sichtweise so um 1973 herum war: „Diese
Zupferei ist eine andere Art und Weise, Akkorde zu spielen“. Daher hörte
ich mir Fingerstyle-Spieler an und versuchte, hinter die Zupfweise zu
kommen, die sie spielten. Dabei habe ich mich auf die rechte Hand
konzentriert und dachte, für die Linke ändere sich nichts. Mir wurde
klar, daß es galt, einen Wechselbaß mit dem Daumen zu spielen und die
Diskantnoten irgendwie „ungerade dazwischen“ zu spielen, um diesen
spannenden Drive und die Klangfülle zu bekommen. Die ersten beiden
Erkenntnisse waren daher:
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1973-74: Meine Fernost-Gitarre aus Sperrholz |
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Nachdem das klar war, gingen diverse Nachmittage bei dem Versuch hin, einen Wechselbass mit dem Daumen zu spielen. Dafür habe ich immer C, G und D gegriffen. Die Finger zuckten immer dann, wenn der Daumen sich bewegte. Der erste Schritt, darüber hinwegzukommen, bestand darin, mit den Fingern nur jeden zweiten Schlag in einem Takt zu spielen. Dadurch kam ich zu folgendem Anschlagsmuster: Muster 1 |
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Sobald ich das reibungslos konnte, versuchte ich, die Diskantnoten zu verzögern, so wie ich es im Radio gehört hatte. Wenn man die erste Diskantnote im Takt etwas länger hält, so daß die zweite Diskantnote des Taktes zwischen dem dritten und vierten Schlag kommt, und man schafft gleichzeitig, den geraden Wechselbass durchzuhalten, hat man im Grunde den Schlüssel in der Hand. Ich kann mich noch ganz gut daran erinnern, wie es plötzlich und mit einem Schlag funktionerte. Einige Jahre später habe ich in dem Buch „Advanced Country Guitar – Albert Lee“ gelesen: „Es mag einige Zeit dauern, bis man beide Stimmen koordienieren kann, aber ab dem Moment, in dem man den Groove erfaßt hat, purzeln die Töne an die richtige Stelle.“ Besser kann man den Prozeß dieses plötzlichen „Aha-Erlebnisses“ nicht beschreiben. Also, hier ist der nächste Schritt: Ein Anschlagsmuster mit einer verlängerten ersten Diskantnote im Takt und einer zweiten, die zwischen den dritten und vierten Schlag gespielt wird. Muster 2 |
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Der nächste empfehlenswerte Schritt ist ein Anschlagsmuster mit dem gleichen Wechselbass, wie in den oben beschriebenen Beispielen, jedoch mit drei Noten im Diskant. Also – Pro Takt vier Noten Bass und drei Noten Diskant. Dies wird durch eine geringfügige Verlängerung der ersten Diskantnote erreicht, so daß die zweite Diskantnote des Taktes zwischen den zweiten und dritten Schlag fällt. Hier ist das dritte Anschlagsmuster: Muster 3 | ||||||||||||
Das Vierte Anschlagsmuster enthält nun sowohl im Bass, als auch im Diskant je vier Noten, jedoch sind die Diskantnoten durch eine Kürzung der ersten Diskantnote so vorgezogen, daß die zweite, dritte und vierte Diskantnote immer zwischen den Schlägen gespielt wird: Muster 4 |
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Die Anschlagsmuster 2, 3 und 4 sind schon recht nette Werkzeuge zur Liedbegleitung. Noch besser wird es aber, wenn man verschiedene Muster aneinanderhängt, oder sogar innerhalb eines Taktes mischt. Das will ich unter Verwendung der oben gegebenen vier Patterns und den gleichen Akkorden einmal demonstrieren nämlich mit Beispiel 5. Im Beispiel werden die oben beschriebenen Zupfmuster von 1 bis 4 durchgehend genutzt, beginnend von Muster 1 in Takt 1, Muster 2 in Takt 2, Muster 3 in Takt 3 und Muster 4 im letzten Takt. Welches Anschlagsmuster würde denn eine schöne Folk-Stimmung ergeben, wie beispielsweise bei "The Boxer" ? Das ist eigentlich viel einfacher, als es mir anfangs (damals in den 70ern) vorgekommen war. Zu den oben gezeigten Patterns besteht eigentlich nur ein Unterschied: Die Beispiele zeigen Zupf-Muster, die alle innerhalb eines Taktes eine abgeschlossene Einheit bilden. Es ist nur ein Schritt nötig, um bei der typischen "Folk-Rolle" zu sein, nämlich die Grenze eines Taktes hinter sich zu lassen. Wenn die Bassnoten durchgehend Viertel spielen und die Diskantnoten um 1/8 verzögert einsetzen, um dann ebenfalls durchgehend Viertel zu spielen: Voila das ist es: Beispiel 6. Dieser "Roll" war und ist ziemlich gebräuchlich als Begleit-Technik auf der akustischen Gitarre. Die ersten Takte erinnern fast zwingend an "The Boxer", was nicht weiter verwundern kann, denn Paul Simon verwendet bei diesem Lied so ziemlich die gleiche Technik. Das war's zum "Musterzupfen" oder auch "Pattern-Picking. Wie man davon wegkommt und das unabhängige Melodiespiel entwickeln kann, wird in dem Kapitel gezeigt, daß Du direkt unten anklicken kannst: |
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Teil 2: | Verwendung von Patterns zur Liedbegleitung | |||||||||||
Teil 3: | Weg von den Patterns - die kleine Band in der Gitarre | |||||||||||
Teil 4: |
Patterns - Beispiele im Überblick |