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Veröffentlichungen 4.

Artikel von Rechtsanwalt Reinhard Becker in der Zeitschrift "Visier" (Jahrgang 2006, Heft 6, Seite 112) über den Stand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung. In ihm berichtet Rechtsanwalt Reinhard Becker über den Stand der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung in Thüringen, in der es um die Handhabung der Waffenbesitzkarte für Sportschützen ("gelbe WBK") durch die Thüringer Verwaltungsbehörden geht. Anlaß war eine wegweisende erfolgreiche Entscheidung, die die Kanzlei Becker & Becker vor dem Verwaltungsgericht Meiningen erzielen konnte (Urteil des VG Meiningen vom 21.03.2006 zu Aktenzeichen 2 K 1003/04 Me), die rechtskräftig wurde.

 

WBK: Vermischtes aus Thüringen
(c) Becker & Becker 2006
"Visier", Ausgabe 06, Jahrgang 2006

 

Seit dem Inkrafttreten des neuen Waffengesetzes gibt es Streit um die gelbe WBK. Unter dem alten Waffengesetz konnte man mit der gelben WBK Einzellader-Langwaffen erwerben, ohne dass dafür ein Voreintrag oder eine Bedürfnisbescheinigung bei jedem Kauf nötig gewesen war.

Die gelbe WBK erstreckt sich nach dem neuen Waffengesetz sogar noch auf Repetier-Langwaffen, Perkussions-Mehrlader und Einzellader-Pistolen. Dies ist eine deutliche Ausweitung gegenüber dem früheren Gesetz, also alles prima?

 Leider weit gefehlt. Dem Bundesrat, also der Vertretung der Bundesländer, ging das viel zu weit. Man drängte im Gesetzgebungsverfahren auf Rücknahme der Ausweitung. Die blieb aber glücklicherweise im Gesetz stehen. Leider ist die gesetzliche Regelung (§ 14 Absatz 4 WaffG) nicht so eindeutig formuliert, wie es bei sauberer gesetzgeberischer Arbeit möglich gewesen wäre. Daher warten alle gespannt auf die Durchführungsverordnung zum Waffengesetz, die den Waffenbehörden die notwendigen Auslegungshinweise geben soll. Hier wäre der Bund in der Pflicht. Allerdings wird die Verabschiedung der Verwaltungsanweisung seit Jahren verzögert. Das neue Waffengesetz ist seit über drei Jahren in Kraft, ohne dass die längst überfällige Verwaltungsanweisung in den Amtsstuben liegt.

Den verbliebenen "Freiraum" nutzen einige Bundesländer aus, um den Besitzern der gelben WBK das Leben schwer zu machen. Besonders rabiat geht dabei der Freistaat Thüringen vor. Nach einer Anweisung des Thüringer Innenministeriums an alle Waffenbehörden sollen Inhaber einer gelben WBK eine Bedürfnisbescheinigung ihres Verbandes vorlegen, wenn sie eine Waffe mit der gelben WBK gekauft haben. Das soll bei jedem Erwerb gelten, sogar bei Einzellader-Langwaffen. Die Reformder gelben WBK, die eigentlich eine Erleichterung für die Sportschützen bringen sollte, wird dadurch ins Gegenteil verkehrt. Der Waffenerwerb "auf die Gelbe" ist nach Thüringer Lesart komplizierter als mit der grünen WBK.

Da es aber eine Gerichtsbarkeit gibt, mit der Betroffene sich gegen behördliche Willkür wehren können, hat es nicht lange gedauert, bis bei den Verwaltungsgerichten in Thüringen erste Klagen von Sportschützen auf dem Tisch lagen. In einer kürzlich ergangenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Meiningen (Aktenzeichen 2 K 1003/04) hat ein betroffener Thüringer Sportschütze jetzt Recht bekommen.

Die Vorgeschichte: Der Schütze hatte eine gelbe Waffenbesitzkarte nach dem alten Gesetz und freute sich, als ihm das Ordnungsamt anbot, die WBK durch einen Eintrag auf der Rückseite zu erweitern. Die Erweiterung erlaubte es dem Schützen, künftig auch lange Repetierer, Einzelladerpistolen und Perkussions-Mehrlader zu erwerben und zu besitzen.

Der WBK-Inhaber wollte sich schon lange einen Perkussionsrevolver kaufen. Mit der "neuen gelben WBK" ausgestattet, leistete er sich einen guten, wettkampftauglichen Perkussionsrevolver. Er zeigte den Kauf der Behörde an und legte seine gelbe WBK vor, um den Stempel in der letzten Spalte der gelben WBK zu erhalten. Doch da ging der Ärger los. Die Behörde weigerte sich, die WBK abzuzeichnen. Statt dessen verlangte sie die Vorlage eines Bedürfnisses, ausgestellt vom Landesverband des Schützen. Nachdem die Bedürfnisbescheinigung nicht vorgelegt wurde, verweigerte die Behörde durch Bescheid den Stempeleintrag. Es kam aber noch dicker: Die Behörde ordnete im Bescheid sogar an, dass der Betroffene den eben erst gekauften Perkussionsrevolver binnen einer Woche einem Berechtigten zu überlassen habe. Außerdem wurde der "Sofortvollzug" angeordnet. Ein Widerspruch hätte damit keine aufschiebende Wirkung mehr.

Wer sich nicht wehrt ... :   Dies ließ der Betroffene sich nicht gefallen. Er legte Widerspruch ein und beantragte die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wurde vom Verwaltungsgericht auch angeordnet und der Behörde damit ein erster Dämpfer verpasst. Auf das Urteil über seinen Widerspruch musste der betroffene Sportschütze aber länger warten.

Der Betroffene ließ durch seinen Rechtsanwalt — den Verfasser — die Klage damit begründen, es sei der Wille des Gesetzgebers, die "gelbe WBK" so beizubehalten, wie sie schon im alten Waffengesetz geregelt war. Nur sollte sie über die Einzellader-Langwaffen hinaus ausgeweitet werden. Künftig sollten auf die vereinfachte Weise auch Perkussions-Repetierer, lange Repetierer und Einzellader-Pistolen erworben werden dürfen. Von der Vereinfachung des Erwerbs auf gelbe WBK bliebe aber nichts mehr übrig, wenn der Inhaber einer "Gelben" nach jedem Erwerb ein Bedürfnis nachweisen müsste. Dies widerspricht dem Gesetz. Die Regelung der "gelben WBK" in § 14 Absatz 4 des Waffengesetzes ist zwar nicht sehr klar, aber die im Gesetzgebungsverfahren herausgegebenen Bundestagsdrucksachen lassen tiefer blicken. Insbesondere in der Bundestagsdrucksache 14/8886 heißt es, bei der Eintragung einer Waffe in die gelbe WBK seien weder der Bedürfnisnachweis noch der Nachweis der Konformität mit der Sportordnung erforderlich.

Jetzt hat das Gericht entschieden: Es hob den Bescheid der Behörde vollständig auf und verurteilte die Behörde darüber hinaus auch, die beantragte Eintragung in die gelbe WBK vorzunehmen.

Zur Begründung führt das Gericht aus, es sei eindeutiger Wille des Gesetzgebers, dass die gelbe WBK dem Inhaber den Erwerb von Schusswaffen in vereinfachter Form ermöglichen soll. Dies wäre nicht möglich, wenn bei jedem Erwerb eine Bedürfnisbescheinigung vorgelegt werden müsste. Wo wäre dann noch Erleichterung gegenüber der grünen WBK? Also muss die Behörde den Eintrag vornehmen, wenn der Sportschütze seine gelbe WBK vorlegt, um einen Kauf anzuzeigen. Sie hat nicht das Recht, den Eintrag zu verweigern und die Vorlage eines Bedürfnisses zu verlangen.

So merkwürdig es auch erscheinen mag:  In einem gleichgelagerten Fall hatte das Verwaltungsgericht Weimar genau andersherum entschieden. Das Verwaltungsgericht Meiningen setzt sich mit dem Weimarer Urteil auseinander und erklärt ausdrücklich, bei der Gesetzesauslegung anderer Auffassung zu sein.

Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Weimar ist Berufung eingelegt worden. Aber auch gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen kann noch Berufung eingelegt werden. Der Streit ist damit also noch nicht endgültig ausgestanden. Es bleibt zu hoffen, dass das Oberverwaltungsgericht sich der Sache mit den nötigen Sorgfalt und ohne Vorurteile annimmt.  

Anmerkung des Verfassers: Das für den Sportschützen günstige Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen wurde rechtskräftig, ohne dass die Berufung dagegen eingelegt worden wäre. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Meiningen ist in der Berufung vom Oberverwaltungsgericht Jena aufgehoben und der Rechtsstreit letztlich zugunsten des Klägers entschieden worden. Durch eine Novelle des § 14 Absatz 4 WaffG ist die in den beschriebenen Rechtsfällen zugrundeliegende Streitfrage letzten Endes inzwischen beseitigt - im Ergebnis so, wie die Thüringer Gerichtsverfahren geendet waren.

 

Reinhard Becker, Rechtsanwalt

 

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